LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Lesedauer: 8 Minuten
ANZEIGE

Fakten zum Helikoptergeld „Fiatgeld hat auch zerstörerische Kräfte“

Seite 2 / 3



In den Niederlanden etwa führte der Finanzminister Gerrit Zalm im Januar 1998 den sogenannten „Zalmsnip“ ein. Snip wurde vor der Einführung des Euro der 100-Gulden-Schein genannt. Dieser Zalmsnip bestand aus einer Steuersenkung in Höhe von 100 Gulden (heutiger Gegenwert: 45,38 Euro) pro Haushalt zum Ausgleich für eine allgemeine Erhöhung der kommunalen Abgaben.

Aufgrund eines Haushaltsüberschusses hatte die niederländische Regierung Ausgabenspielräume. Diese nutzte sie, um ihre Zahlungen an die Kommunen zu erhöhen, denen die Umsetzung des Zalmsnip oblag. Die meisten Kommunen entschieden sich für die Variante, die 100 Gulden bei der Grundsteuer gutzuschreiben, während andere sie von den Abfall- oder Abwassergebühren abzogen. Da der Zalmsnip eher ein Ausgleich für höhere Gebühren als eine tatsächliche Geldspritze für die Bürger war, ist fraglich, ob er die gewünschte Wirkung erzielt hat. Anfang 2005 wurde er jedenfalls wieder abgeschafft.

In den USA konnten sich die Amerikaner unter der Präsidentschaft von Clinton (2001) und Bush (2008) über Steuerchecks in Höhe von bis zu 600 beziehungsweise 1.200 US-Dollar freuen. Während unter Clinton die privaten Haushalte 50-70 Prozent dieses Geldes in den Konsum steckten, war es bei Bush nur noch ein Drittel. Den Rest legten die US-Bürger lieber auf die hohe Kante oder zahlten damit einen Teil ihrer Schulden zurück. Offenbar kommt es also bei der Verwendung des Geldes darauf an, in welcher Phase der wirtschaftlichen Entwicklung die Helikopterabwürfe erfolgen.

Obwohl diese Beispiele streng genommen kein reines Helikoptergeld waren, liefern sie doch eine mögliche Blaupause dafür, wie solche Maßnahmen über eine direkte Finanzierung mithilfe der jeweiligen Zentralbanken umgesetzt werden können.

Bedingungen für den Erfolg

Damit das Helikoptergeld die gewünschte Wirkung erzielt, also die Gesamtnachfrage ankurbelt, müssen laut Ökonom Willem Buiter (2014) drei Bedingungen erfüllt sein:

1. Mit dem Halten von Fiatgeld, einer nicht von physischen Vermögenswerten wie zum Beispiel Gold gedeckten Währung, müssen andere Vorteile als seine Kapitalverzinsung verbunden sein. So halten Menschen beispielsweise zur Sicherheit einen Teil ihres Geldes in bar, um Rechnungen bezahlen zu können, auch wenn es so keine Zinsen abwirft.

2. Fiatgeld begründet keine Einlöseverpflichtung. Es stellt für den Inhaber einen Vermögenswert dar, verpflichtet den Emittenten aber nicht, einen Gegenwert hierfür auszuzahlen. Mit anderen Worten ist die Übertragung dieses Geldes für eine Volkswirtschaft als Ganzes nicht „bilanzneutral“, sondern erhöht dauerhaft die monetäre Basis.

3. Der Preis des Geldes ist positiv. Das bedeutet, dass für den Kauf von Waren oder Gütern eine positive Menge an Geldeinheiten überreicht werden muss. Oder anders ausgedrückt, wäre der Preis des Geldes gleich null, könnte man für noch so große Mengen dieses Geldes nichts kaufen. Wichtig ist auch, dass der Preis des Geldes nicht notwendigerweise dem Zinssatz entsprechen muss.

Strittig ist dabei die Frage, ob es der Volkswirtschaft auch ohne Helikoptergeld gelingen würde, sich von der Zinsuntergrenze nahe null zu lösen. Nach Ansicht seiner Befürworter kann Helikoptergeld, sofern Zentralbank und Finanzministerium an einem Strang ziehen, die Gesamtnachfrage anheizen und es der Wirtschaft ermöglichen, sich von den mit Nullzinsen verbundenen niedrigen Wachstumsraten zu erholen. Und nur das zählt.

Werden die Helikopter abheben?

Allein die derzeit geführte Debatte über das Helikoptergeld legt nahe, dass das Konzept kein Tabu mehr ist. Friedmans Ausgangspunkt für seine Überlegungen zum Helikoptergeld war eine Situation, in der eine Zentralbank die Zinsen bereits auf null gesenkt hat, die Inflation aber immer noch nicht hoch genug ist.

Ungeachtet gewisser regionaler Unterschiede sind heute nach wie vor deflationäre Kräfte in weiten Teilen der Weltwirtschaft spürbar, während zugleich in vielen Ländern die Zinsen bei nahe null oder sogar darunter liegen. Damit sind die Voraussetzungen gegeben, den Einsatz von Helikoptergeld in Erwägung zu ziehen. Denn gerade das Zusammenspiel aus Deflation und Nullzinsen erhöht das Risiko einer Liquiditätsfalle, in der geldpolitische Maßnahmen wirkungslos verpuffen und der Staat über seine Fiskalpolitik der Wirtschaft unter die Arme greifen muss.