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Faktencheck Spanien: Wie ernst ist die Lage wirklich?

Daniel Hartmann, Bantleon
Daniel Hartmann, Bantleon
Ist Spanien ein Pleitekandidat?

Spanien ist zur neuen Zielscheibe der Finanzmärkte geworden – und in der Tat bietet das Land dafür vielerlei Angriffsflächen: die höchste Arbeitslosigkeit unter den OECD-Ländern, sprunghaft steigende Kreditausfallraten, taumelnde Banken, bis zu einer Million an leerstehenden Häusern, Immobilienpreise im freien Fall und plötzlich auftauchende Löcher in den öffentlichen Haushalten.

Während Letzteres an Griechenland erinnert, weist die Banken- und Immobilienkrise Parallelen zu Irland auf. Beides zusammen ergibt ein explosives Gemisch. Ist Spanien somit der nächste Pleitekandidat in der Eurozone? Um diese Frage zu beantworten, helfen nicht einzelne Horrorgeschichten weiter, sondern nur konkrete Fakten zu den verschiedenen Baustellen der spanischen Wirtschaft (Immobilienmarkt, Banken, öffentliche Haushalte) sowie den möglichen Gegenkräften (Exporte, Reformpakete).  

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Immobilienmarkt: Zur Trendwende fehlen die Nachfrager  

Die Wurzel allen Übels in Spanien ist der Immobilienmarkt, der in den Jahren 2000 bis 2007 eine unglaubliche Hausse erlebte. Die Preise für Häuser und Wohnungen haben sich mehr als verdoppelt und stellten damit selbst die Entwicklung in den USA in den Schatten. Die Aussicht auf immer höhere Preise löste gleichzeitig einen Bauboom aus. An seinem Höhepunkt im Jahr 2007 wurden 650.000 neue Häuser erstellt, während es vor Beginn der Währungsunion nicht einmal 250.000 pro Jahr waren. Gleichzeitig wuchs der Anteil der Bauinvestitionen am BIP auf über 22 Prozent – fast doppelt so viel wie im Durchschnitt der Eurozone.

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Mit der Finanzkrise im Jahr 2008 schlug das Pendel in die Gegenrichtung um. Der Rückgang der Bauinvestitionen wurde zur maßgeblichen Bremskraft der spanischen Wirtschaft (-40 Prozent zwischen Ende 2007 und Ende 2011). Zuletzt wurden nur noch 10.000 Häuser und Wohnungen pro Monat fertiggestellt, die Zahl der Baugenehmigungen sank Anfang dieses Jahres sogar auf unter 5.000 pro Monat, was gegenüber der Hochphase einen Rückgang um 95 Prozent darstellt.

Geht man davon aus, dass die Zahl der Haushalte in Spanien jährlich um 250.000 wächst (= langjähriges Mittel), dürften 2012 das zweite Jahr in Folge 100.000 bis 150.000 Wohnimmobilien zu wenig gebaut werden. Ist angesichts dieser „Unterversorgung“ eine Stabilisierung der Bauwirtschaft in Sicht? Skepsis ist angebracht.  
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