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US-Zinspolitik Sinkende Immobilien- und Aktienpreise, steigende Arbeitslosigkeit

Pressekonferenz nach dem Fed-Zinsentscheid am 22. September
Pressekonferenz nach dem Fed-Zinsentscheid am 22. September: Die falkenhafte Botschaft sorgte für einen Ausverkauf an den Märkten. | Foto: Imago Images / Xinhua
Hendrik Tuch, Aegon AM

Im Jahr 2022 haben Anleger und Marktanalysten mehrfach versucht, den Wendepunkt im Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank auszurufen. Auf praktisch alle Fed-Sitzungen in diesem Jahr folgten zunächst steigende Aktienmärkte. Die bedeutendste Erholung gab es im Sommer, als der Markt die Rede des Fed-Chefs Jerome Powell nach der Julisitzung als leicht taubenhaft empfand.

Doch alle diese Erholungsansätze scheiterten, da die Mitglieder des Fed-Offenmarktausschusses an der Kernaussage festhielten, dass weitere Zinserhöhungen erforderlich seien, um die Inflation zu bekämpfen. In den vergangenen Wochen haben die Märkte diese Kernaussage endlich zur Kenntnis genommen, und der letzte Optimismus hinsichtlich eines schnellen Kurswechsels ist verflogen. Das ist eigentlich eine gute Nachricht für die Fed, da ihre Bemühungen um eine Abkühlung der Wirtschaft zu Beginn des Jahres auf Schwierigkeiten stießen. Mit der anhaltenden Marktflaute im September hat ein 60/40-Portfolio (60 Prozent Aktien / 40 Prozent Anleihen) im Jahr 2022 mittlerweile mehr als 20 Prozent verloren. In Verbindung mit dem starken Anstieg des US-Dollars und der Hypothekenzinsen können wir mit Sicherheit sagen, dass es der Fed gelungen ist, die finanziellen Bedingungen deutlich zu verschärfen.

Wie steht es um den Wendepunkt im Zinszyklus?

Es wird allgemein erwartet, dass die Fed auf ihren nächsten beiden Sitzungen im November und Dezember den Leitzins um insgesamt mindestens 100 Basispunkte anhebt, wodurch der Leitzins auf mehr als 4 Prozent steigen würde. Dies wäre der schnellste Zinserhöhungszyklus der vergangenen 25 Jahre – es ist daher kein Wunder, dass die Märkte anfangen, die Fed zu fürchten. Andere Zentralbanken sind gezwungen, diesen Erhöhungen zu folgen, da sie sonst mit einer schwächelnden Währung und noch höheren Inflationszahlen rechnen müssen.

Die jüngst gesehene Liability-Driven-Investment(LDI)-Krise im Vereinigten Königreich kann als erste große Auswirkung des globalen Zinserhöhungs-Zyklus betrachtet werden. Der plötzliche dramatische Anstieg der britischen Anleiherenditen zeigt, dass eine Kombination aus schnellen Zinserhöhungen, hohen Schuldenständen und unhaltbaren Staatsdefiziten den Finanzmärkten verheerenden Schaden zufügen kann. Man fühlt sich an das bekannte Zitat von Warren Buffett erinnert: „Erst wenn die Ebbe kommt, sieht man, wer nackt schwimmt.“ Die Bank of England hat dem britischen Anleihemarkt schnell Unterstützung zukommen lassen, aber gleichzeitig gewarnt, dass sie weiterhin eine straffere Geldpolitik verfolgen wird: Dadurch hat sich auch das Britische Pfund stabilisiert, zumindest vorläufig.

Neue Probleme ziehen herauf

In den nächsten Monaten ist mit weiteren Problemen auf den Finanzmärkten zu rechnen, weil die kumulative Wirkung der Zinserhöhungen in den Volkswirtschaften zu wirken beginnt. Die Immobilienpreise werden angesichts der höheren Hypothekenzinsen erheblich sinken. Im Vereinigten Königreich kann man sich glücklich schätzen, überhaupt noch eine Hypothek zu bekommen, da einige große Kreditgeber die Vergabe von Hypotheken aufgrund der anhaltenden Zinsvolatilität eingestellt haben.

 

Aktienrückkäufe, die die Aktienmärkte viele Jahre lang gestützt haben, werden zurückgehen, da die Finanzierungskosten gestiegen sind und die Unternehmensgewinne zu sinken beginnen. Irgendwann werden die Unternehmen dazu übergehen, weniger Neueinstellungen vorzunehmen. Der Arbeitsmarkt wird drehen und die Arbeitslosigkeit steigen. Bislang hat sich der US-Arbeitsmarkt erstaunlich widerstandsfähig gezeigt: Die wöchentlichen Anträge auf Arbeitslosenunterstützung liegen immer noch auf dem niedrigsten Stand im laufenden Konjunkturzyklus. Da den US-Verbrauchern die Ersparnisse ausgehen, um ihre Ausgaben zu finanzieren, und die Gewinnspannen weiterhin unter dem Druck steigender Kosten stehen, sollten wir sehr bald eine Veränderung der Arbeitsmarktbedingungen erleben. Es ist ebenfalls zu erwarten, dass die US-Inflationszahlen in den kommenden Monaten eine gewisse Abflachung zeigen könnten, sodass die Chancen auf einen Schwenk der Fed in den kommenden Zinssitzungen gestiegen sind.

Leider werden Risikopapiere nicht viel Trost aus weniger aggressiven Fed-Kommentaren und geringeren künftigen Zinserhöhungen schöpfen können. In den vergangenen 10 Jahren blieb den Anlegern bekanntlich nichts anderes übrig, als auf der Suche nach Rendite verstärkt in Risikoanlagen und Anleihen mit langen Laufzeiten zu investieren. Mit einer Rendite von 4,25 Prozent für zweijährige US-Treasuries steht ihnen nun aber ein risikofreier Vermögenswert in der ultrastarken US-Währung zur Verfügung, der mit einer anständigen Rendite aufwartet. Selbst wenn die Fed nach ihrer Dezembersitzung keine weiteren Zinserhöhungen mehr vornehmen sollte, wird die Verlockung dieser Rendite die Anleger davon abhalten, sich schnell in Risikoanlagen zu stürzen.

Der US-Anleihemarkt wird sich stabilisieren, sobald das Inflationsmonster besiegt ist, aber Risikopapiere wie Aktien müssen immer noch mit den kumulierten Auswirkungen des geldpolitischen Straffungszyklus auf die Wirtschaft fertig werden. Eine vollständige Kehrtwende der Fed mit Zinssenkungen und einer Aufhebung der quantitativen Straffung würde nur dann erfolgen, wenn es an den Finanzmärkten zu einem größeren Unfall kommt. Zunächst wird das Umfeld für Risikoanlagen im vierten Quartal daher weiterhin schlecht sein. Es könnte sich zum Jahresende ein Umschwenken der Fed andeuten, aber unserer Meinung nach ist es noch zu früh, um die Talsohle für Risikoanlagen auszurufen.

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