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  • Hält die Fed die Zinsen länger hoch, verschärft sich die US-Haushaltslage

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Von Lesedauer: 8 Minuten
US-Schuldenuhr am Times Square in New York (Mai 2023)
US-Schuldenuhr am Times Square in New York (Mai 2023): Die Staatsverschuldung der USA ist von 35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2007 auf heute rund 100 Prozent gestiegen. | Foto: Imago Images / Levine-Roberts
Sonal Desai, Franklin Templeton

Vom 24. bis 26. August trafen sich die geldpolitischen Entscheidungsträger in Jackson Hole, Wyoming, um über strukturelle Veränderungen in der Weltwirtschaft zu diskutieren. Ich vertrete seit langem die Auffassung, dass die Federal Reserve die Zinssätze über einen längeren Zeitraum hochhalten muss, und die Märkte scheinen sich mit dieser Idee anzufreunden. Ich bin gleichermaßen nach wie vor davon überzeugt, dass die Zinssätze bei einer Lockerung der Fed-Politik nicht so stark sinken werden, wie die meisten Marktteilnehmer erwarten. Aus zwei Gründen:

  • Erstens, weil der Realzins höher ist als von der Fed und der Mehrheit der Analysten angenommen und
  • zweitens, weil die lockere Fiskalpolitik das Angebot an Anleihen weiter erhöhen wird.

Realzinssatz erscheint unrealistisch niedrig

Die Fed-Prognosen gehen nach wie vor von einem langfristigen nominalen Leitzins von 2,5 Prozent aus. Da die Inflation auf lange Sicht wieder das Ziel von 2 Prozent erreichen soll, bedeutet dies einen Realzins von nur 0,5 Prozent. Das ist meines Erachtens unrealistisch niedrig. Der langfristige Durchschnitt des realen Leitzinses lag von den 1950er-Jahren bis zum Beginn der globalen Finanzkrise bei etwa 2 Prozent, wie die Fed angibt. Sobald sich die Inflation bei durchschnittlich 2 bis 2,5 Prozent einpendelt, würde dies einen Nominalzins von mindestens 4 bis 4,5 Prozent bedeuten.

In den Jahren nach der globalen Finanzkrise, die von der Nullzinspolitik und massiven Runden der quantitativen Lockerung geprägt waren, gelangten die Fed sowie die meisten Wirtschaftswissenschaftler und Marktteilnehmer zu der Überzeugung, dass die Zinssätze in absehbarer Zukunft extrem niedrig sein würden. Dies war die Hypothese der „säkularen Stagnation“, die Larry Summers, Wirtschaftswissenschafter an der Harvard University und einst Chefökonom der Weltbank, im Jahr 2013 populär machte. Sie besagt, dass ein struktureller Wandel aufgrund von Demografie, zunehmender Ungleichheit und der Anhäufung von Vermögenswerten durch Zentralbanken und Staatsfonds eine neue Ära überschüssiger Ersparnisse herbeigeführt hat, in der die Zinssätze dauerhaft niedrig bleiben.

Die Hypothese der säkularen Stagnation hielt sich lange Zeit hartnäckig: Summers bekräftigte sie im Jahr 2020 und der französische Ökonom Olivier Blanchard, ehedem Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, pflichtete ihm Anfang dieses Jahres bei.

Massiv steigende Schuldenlast

Eine wesentliche Schlussfolgerung war, dass die Regierungen irrational handeln würden, wenn sie nicht mehr Geld ausgeben würden, da sie sich so gut wie umsonst Geld leihen könnten. Und das taten sie auch: Die Staatsverschuldung der USA ist von 35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2007 auf heute rund 100 Prozent gestiegen. Niedrigere Zinssätze hielten die Kosten für den Schuldendienst niedrig. Die Nettozinsausgaben im Verhältnis zum BIP waren im Jahr 2020 im Wesentlichen die gleichen wie 2007 – obwohl sich der Schuldenstand verdreifacht hatte.

Die Zuversicht der staatlichen Akteure, dass die Zinsen für immer niedrig bleiben würden, ließ es weniger wichtig erscheinen, die Laufzeiten der Staatsschulden zu verlängern. Dabei haben fast 70 Prozent der US-Staatsschulden nach Fed-Angaben eine Laufzeit von weniger als fünf Jahren.

 

Inzwischen sieht es so aus, als sei der Rückgang der Anleiherenditen doch keine strukturelle Veränderung gewesen, sondern eher eine vorübergehende Auswirkung des Einbruchs nach der Finanzkrise und der massiven Interventionen der Zentralbanken, um die Zinsen niedrig zu halten. Und so haben wir nun ein riesiges Problem: Einen massiven, steigenden Schuldenbestand, von dem fast drei Viertel innerhalb der nächsten fünf Jahre umgeschuldet werden müssen, höchstwahrscheinlich zu höheren Zinsen.

Wie hoch könnten diese Zinsen liegen? Wie oben gezeigt, dürften sich die kurzfristigen Leitzinsen am ehesten bei 4 bis 4,5 Prozent einpendeln, bei anhaltender Stärke der Wirtschaft.

Wenn sich die kurzfristigen Zinssätze bei 4 bis 4,5 Prozent einpendeln, würde ein Aufschlag von mindestens einem Prozentpunkt einen fairen Wert für die längerfristigen Renditen von US-Schatzpapieren von 5,0 bis 5,5 Prozent ergeben. Langfristige Renditen von US-Schatzpapieren in der Nähe von 5 Prozent sind meines Erachtens keineswegs unrealistisch.

Die US-Zinsausgaben steigen kräftig

Die USA verfolgen weiterhin eine sehr lockere Fiskalpolitik, die durch eine verstärkte Emission von Anleihen finanziert werden muss. Nach den Prognosen des Congressional Budget Office (CBO) wird sich das Haushaltsdefizit von etwa 5 Prozent im letzten Jahr auf etwa 6 Prozent im Jahr 2023 erhöhen, und dabei sind die Auswirkungen der jüngsten Initiative der Biden-Administration zu Erleichterungen der Lasten bei Studienkrediten noch nicht berücksichtigt.

Auf längere Sicht werden steigende Ausgaben, vor allem für die Sozialversicherung und das Gesundheitswesen, sowie steigende Zinskosten den US-Haushalt aufblähen, bei gleichzeitig höheren Zinsen und einem größeren Schuldenberg. Das US Congressional Budget Office (CBO) geht davon aus, dass die Nettozinsausgaben von 2,5 Prozent des BIP in diesem Jahr auf 3,7 Prozent des BIP im Jahr 2033 steigen werden. Dies würde das Haushaltsdefizit auf etwa 6,5 Prozent des BIP ansteigen lassen. Die Folge: Die Zinsausgaben würden nach den CBO-Projektionen bis 2031 größer sein als alle anderen Blöcke der Staatsausgaben, abgesehen vom Verteidigungssektor.

Es ist zu beachten, dass die CBO-Projektionen für die Zinszahlungen auf die Schulden wahrscheinlich zu optimistisch ausfallen: Die CBO-Ökonomen gehen davon aus, dass der durchschnittliche Zinssatz für die Schulden in den kommenden zehn Jahren bei rund 3 Prozent liegen wird und die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen unter 4 Prozent bleiben. Diese Annahme scheint äußerst unrealistisch zu sein, daher schauen wir uns das in einem Stresstest näher an.

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