LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in NewsLesedauer: 3 Minuten

Urteil des LG Berlin Fehler bei der Anlageberatung – Finanzdienstleister muss zahlen

Älterer Herr mit Laptop
Älterer Herr mit Laptop: Vor dem LG Berlin klagte eine Anleger, der bei der Altersvorsorge unabsichtlich aufs falsche Pferd gesetzt hatte. | Foto: Pexels/Marcus Aurelius

Pflichtverletzung bei der Anlageberatung: Das empfohlene Produkt passte nicht zum Anleger, die Beraterin muss für den Schaden aufkommen. So entschied das Landgericht Berlin in einem Fall, über den die Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann (AKK-H Rechtsanwälte) berichtet.

Gemäß dem Urteil vom 9. Dezember 2022 (Az. 3 O 171/22, noch nicht rechtskräftig) erhält der Kläger 12.150 Euro Schadenersatz samt Zinsen zugesprochen. Zudem soll das verunglückte Fonds-Investment abgewickelt werden. 

Der Fall

Der Kläger hatte sich bei der Finanzdienstleistungsgesellschaft Anza Berlin zu einer sicheren Geldanlage zwecks Altersvorsorge beraten lassen wollen. Sein Wunsch: über monatliche Raten Geld anzusparen, um dieses kurz vor Ruhestandsbeginn ausgezahlt zu bekommen. Das Geld sollte werthaltig und sicher angelegt werden.

Der Finanzdienstleister empfahl ihm als geeignete Anlage einen geschlossenen Fonds, konkret eine Beteiligung an der „Multi Asset Anspar Plan 2 GmbH & Co. KG“. Betrieben wurde der Fonds von dem Emissionshaus Steiner & Company.

 

Das 2004 gegründete Hamburger Unternehmen bot unter anderem Beteiligungen an geschlossenen Schiffs- und Energiefonds an. Unter dem Label „Multi-Asset-Fonds“ gab es dort auch sogenannte Blindpool-Anlagen: Dort stehen zum Zeitpunkt des Verkaufs an Anleger nur die ungefähren, nicht aber die konkreten Zielinvestments fest. Anleger wissen lediglich, dass sie in „Immobilien“, „Erneuerbare Energien“ oder „Zweitmarkt-Lebensversicherungen“ investieren werden.

Aus den „Multi-Asset-Fonds“ von Steiner + Company sei erheblich weniger Geld an die Anleger geflossen, als die Gesellschaft in Aussicht gestellt hatte, berichten die Anwälte von AKK-H Rechtsanwälte. Einige Zielfonds seien in die Insolvenz gerutscht. Die Firmenräume von Steiner & Company wurden von der Staatsanwaltschaft durchsucht. 2021 hat die Bafin Blindpool-Anlagen in Deutschland verboten.

1.200% Rendite in 20 Jahren?

Die besten ETFs und Fonds, aktuelle News und exklusive Personalien erhalten Sie in unserem Newsletter „DAS INVESTMENT Daily“. Kostenlos und direkt in Ihr Postfach.

Das Urteil

Das LG Berlin stellte zunächst fest: Anlageberate schulden ihren Kunden eine anlegergerechte Beratung. Diese muss neben den wirtschaftlichen Verhältnisse vor allem die Anlageziele und daneben Risikobereitschaft und Finanzkenntnisse des Kunden berücksichtigen. Eine Anlageempfehlung muss unter Berücksichtigung des Anlageziels auch zu den persönlichen Verhältnisse des Kunden passen. Zur konkreten Anlage muss der Kunde richtig, ausführlich und verständlich aufgeklärt werden – insbesondere über Eigenschaften und Risiken, die für die Investment-Entscheidung wesentlich sein können.

Vor diesem Hintergrund habe die Gesellschaft ihre Pflichten verletzt. Die zuständige Mitarbeiterin habe es versäumt, die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden abzufragen und diese im Weiteren zu berücksichtigen.

Zwar versicherte die Mitarbeiterin vor Gericht, man habe die Finanzverhältnisse und die Risikobereitschaft des Kunden bereits 2010 ermittelt. Damals war es um einen Riester-Vertrag gegangen.

Das Gericht befand das als nicht hinreichend: Der Finanzhintergrund des Kunden und seine Risikobereitschaft hätten vor der neuen Empfehlung erneut abgefragt werden müssen. Zumal der Kunde seither noch eine Scheidung durchlebt hatte. Seine persönlichen Verhältnisse hatten sich deutlich geändert.

Das LG Berlin beschied: Der Finanzdienstleister habe gegen ein Empfehlungsverbot verstoßen – indem er eine hochspekulative Anlage wie den genannten geschlossenen Fonds empfohlen habe.

Tipp vom Rechtsanwalt

Rechtsanwalt und AKK-H-Partner Georgios Aslanidis meint: „Wir raten allen, die aktuell noch Raten für eine Beteiligung von Steiner + Company bezahlen, sich rechtlichen Rat einzuholen.“ Wenn der Vertragsschluss bis zu zehn Jahren zurückliegt, könnten Anleger Schadenersatz geltend machen. Aber auch ältere Verträge, bei denen Schadenersatzansprüche schon verjährt seien, ließen sich noch lösen – per Widerruf. 

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen