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Altersvorsorge in Deutschland „Wieso steigende Zinsen zum Renditekiller werden könnten“

Eurotower-Hochhaus in Frankfurt
Eurotower-Hochhaus in Frankfurt: Branchenexperte Felix M. Früchtl erklärt, wieso steigende Zinsen für Sparer in Versicherungen zum „Renditekiller“ werden könnten. | Foto: Fabian Holtappels / Pixabay

Die zögerlich eingeführte Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) wird nicht die gewünschte Kehrtwende für die Lebensversicherungsgesellschaften einläuten. Ganz im Gegenteil. Vor allem kurz- und mittelfristig werden steigende Zinsen zur Belastung für die Versicherer. Und das bekommen vor allem die Kunden jetzt schon zu spüren.

Lange Zeit hieß es von Seiten der deutschen Lebensversicherungsbranche, dass steigende Zinsen die Rettung für die, zugegebenermaßen sehr prekäre Lage der Gesellschaften hinsichtlich der Erwirtschaftung von Erträgen für ihre Kunden, wären. Nun haben wir sie, die Zinswende. 

Von vielen Ökonomen als zu lasch belächelt und von der US-Notenbank Federal Reserve deutlich konsequenter umgesetzt als von ihrem europäischen Pendant, führt Sie doch letztendlich dazu, dass langsam aber sicher wieder positive Zinssätze Einzug ins Bank- und Versicherungswesen erhalten. Der Retter der deutschen Lebensversicherungsbranche ist nun also vor Ort und kann eingreifen. Doch der große Freudenschrei der Branche bleibt aus. Bei genauerem Hinsehen, kann auch nachvollzogen werden, wieso das so ist. 

Sichere Anlagen mit geringem Risiko

Lassen Sie uns Revue passieren, was geschehen ist. Versicherungsgesellschaften sind hinsichtlich des Aufbaus ihres Kapitalstocks für klassische Lebensversicherungsverträge einigen gesetzlichen Regulatorien unterworfen. Viele Investmentmöglichkeiten werden ausgeschlossen, schließlich soll das Geld der Kunden in einer klassischen Leben- oder Rentenversicherung „sicher“ veranlagt werden. Wer auch nur den Hauch einer positiven Renditemöglichkeit haben möchte soll bitte anderweitig investieren.

Was sind sichere Investments mit möglichst geringem Zahlungsausfallrisiko? Per Definition: Staatsanleihen! Bringen diese viel Rendite? Eher nicht! 

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Und wenn man doch noch positive Rendite in den vergangenen zehn Jahren haben wollte, musste man zwangsweise Anleihen von vornehmlich süd- oder osteuropäischen Mitgliedsstaaten einkaufen. Dabei ging man ein relativ hohes Risiko ein, für vergleichsweise geringe Renditeerwartungen. Doch dann kamen Anfang des Jahres die ersten Zinsschritte und die Zinssätze, beispielweise einer zehnjährigen italienischen Staatsanleihe, stiegen um mehr als 300 Prozent. Das brachte natürlich Italien selbst in Bredouille. Denn die Belastungen allein für den Mehraufwand aus den Zinsrückzahlungen wären nicht finanzierbar. 

Diese Tatsache führte, trotz des Auslaufens der Anleihekäufe durch die EZB dazu, dass neue Regelwerke geschaffen wurden, die es weiterhin möglich machen Anleihetitel von EU-Mitgliedstaaten zu erwerben, die sich am Rande der Zahlungsunfähigkeit bewegen. An anderer Stelle waren die großen Verlierer dieser steigenden Verzinsung von Staatsanleihen vor allem die Versicherer. Die Kurse „alter“ Anleihen rutschen ab. Wer interessiert sich schon für eine Italien-Anleihe mit 1,5 Prozent Verzinsung, wenn ich nun zu ähnlichem Risiko 4 Prozent Verzinsung haben kann?

Nachvollziehbar? Noch nicht!

Wer jetzt denkt, dass die Abwertung der Anleihen in den Bilanzen der Versicherer folgerichtig nachvollziehbar sein müsste, hat weit gefehlt. Denn (Inter-)nationale Bilanzierungsrichtlinien International Financial Reporting Standards (IFRS) und Handelsgesetzbuch (HGB) bieten die Möglichkeit von einer erfolgswirksamen Wertkorrektur abzusehen, wenn man von einer nur vorübergehenden Wertminderung ausgeht. 

Das ist aktuell noch der Fall, sodass die Bilanzen der Versicherer von dieser Entwicklung noch nicht belastet sind. Doch werden die Zahlen der nahen Zukunft das gesamte Ausmaß der Zinswende auf die klassischen Asset-Klassen der Versicherungsgesellschaften offenbaren.

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