Feri-Chefvolkswirt
Schwache Konjunktur: Deutsche Industrie verliert Marktanteile

Axel D. Angermann, Chefvolkswirt der Bad Homburger Feri-Gruppe Foto: Feri
Deutschland büßt seine konjunkturelle Vorreiterrolle in Europa ein, während osteuropäische Länder erhebliche Anteile auf dem deutschen Markt gewinnen.
Die erhoffte Frühjahrsbelebung in der deutschen und europäischen Industrie ist bislang ausgeblieben. Die aktuellen Daten machen im Gegenteil wenig Hoffnung, dass sich die Lage noch in diesem Sommer spürbar verbessert. Besonders auffällig ist die außergewöhnliche Schwäche der deutschen Industrie: Die deutsche Industrieproduktion liegt aktuell rund 1 Prozentpunkt unter dem Niveau vom Ende des Jahres 2018. In allen anderen größeren Ländern des Euroraums ist die Produktion wenigstens leicht höher als Ende 2018.
Bei den Auftragseingängen ist die Diskrepanz noch größer: Während diese im Euroraum seit Jahresbeginn um sehr moderate 0,2 Prozent stiegen, fielen sie in Deutschland um 5 Prozent.
Osteuropa...
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Die erhoffte Frühjahrsbelebung in der deutschen und europäischen Industrie ist bislang ausgeblieben. Die aktuellen Daten machen im Gegenteil wenig Hoffnung, dass sich die Lage noch in diesem Sommer spürbar verbessert. Besonders auffällig ist die außergewöhnliche Schwäche der deutschen Industrie: Die deutsche Industrieproduktion liegt aktuell rund 1 Prozentpunkt unter dem Niveau vom Ende des Jahres 2018. In allen anderen größeren Ländern des Euroraums ist die Produktion wenigstens leicht höher als Ende 2018.
Bei den Auftragseingängen ist die Diskrepanz noch größer: Während diese im Euroraum seit Jahresbeginn um sehr moderate 0,2 Prozent stiegen, fielen sie in Deutschland um 5 Prozent.
Osteuropa holt auf
Deutschland hat spätestens seit 2017 seine konjunkturelle Vorreiterrolle im Euroraum eingebüßt – die gesamtwirtschaftliche Wachstumsdynamik war seitdem geringer als im Euroraum insgesamt, ebenso das Wachstum der Industrieproduktion. Grund dafür ist ein seit vielen Jahren laufender Strukturwandel zulasten der deutschen Industrie: Im Jahr 2010 steuerten Güter aus deutscher Produktion noch rund 47 Prozent zum Umsatz bei, der in Deutschland insgesamt mit Industrieprodukten erzielt wird. Im Jahr 2018 waren es nur noch knapp 40 Prozent und damit rund 7 Prozentpunkte weniger. Ihre Marktanteile in Deutschland erhöhen konnten hingegen die USA (plus ein Prozentpunkt), China (plus 1,5 Prozentpunkte), vor allem aber die osteuropäischen Länder (plus 2,5 Prozentpunkte). Die Importe aus diesen Ländern legten durchweg stärker zu als die deutschen Industrieimporte insgesamt.
Bemerkenswert ist der Umstand, dass das Ausland in Deutschland Marktanteile in Branchen gewinnen konnte, in denen Deutschland selbst besonders exportstark ist, also in der Autoindustrie, dem Maschinenbau, der Chemie, der Elektronik und Elektrotechnik (siehe unten stehende Tabelle). Besonders groß war die Verschiebung in der Datenverarbeitung, Elektronik und Optik sowie bei den elektrotechnischen Ausrüstungen. In diesen beiden Bereichen stieg der Marktanteil aus osteuropäischer Produktion jeweils um rund 5 Prozentpunkte.
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