Feri-Vorstand Heinz-Werner Rapp
Solidarität in Europa
Heinz-Werner Rapp ist Vorstand von Feri sowie Gründer und Leiter des Feri Cognitive Finance Institute. Foto: Feri
Das Corona-Hilfsprogramm macht aus der Europäischen Union endgültig eine fragile Transferunion, ist Feri-Vorstand Heinz-Werner Rapp überzeugt. Außerdem verschleiere es, dass schwächere Mitgliedsländer auch ohne Corona dringend neue Finanzspritzen gebraucht hätten.
Es ist ein Hilfsprogramm, das eigentlich die Zukunft der EU stärken sollte: Das von der EU-Kommission beschlossene Corona-Paket umfasst 750 Milliarden Euro. Allerdings: Große Teile der Finanzhilfe – nämlich 390 Milliarden Euro – sollen nicht als Kredite, sondern in Form echter Zuschüsse vergeben werden. Damit etabliert die EU zum ersten Mal in ihrer Geschichte explizit ein System finanzieller Transfers zugunsten schwacher Mitgliedsländer. Der EU-Ratsbeschluss markiert eine historische Zäsur, die nicht nur die Architektur der EU verändert, sondern auch den strukturellen und institutionellen Rahmen der Währungsunion neu austariert.
Auch wenn in Europa bereits...
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Es ist ein Hilfsprogramm, das eigentlich die Zukunft der EU stärken sollte: Das von der EU-Kommission beschlossene Corona-Paket umfasst 750 Milliarden Euro. Allerdings: Große Teile der Finanzhilfe – nämlich 390 Milliarden Euro – sollen nicht als Kredite, sondern in Form echter Zuschüsse vergeben werden. Damit etabliert die EU zum ersten Mal in ihrer Geschichte explizit ein System finanzieller Transfers zugunsten schwacher Mitgliedsländer. Der EU-Ratsbeschluss markiert eine historische Zäsur, die nicht nur die Architektur der EU verändert, sondern auch den strukturellen und institutionellen Rahmen der Währungsunion neu austariert.
Auch wenn in Europa bereits länger Umverteilungs-Systeme wie der EU-Kohäsionsfonds existieren, wird im Zuge der Corona-Krise erstmals das Prinzip eines europäischen Länderfinanzausgleichs etabliert. Ein Paradigmenwechsel, der faktisch den Startschuss zur Umwandlung der EWU in eine fragile Transferunion markiert, obwohl das in der strikten Formulierung der EU-Verträge stets explizit ausgeschlossen wurde. Damit werden wie bereits in den vergangenen Jahren die alten Regeln und Prinzipien der EWU ein weiteres Mal aufgeweicht, verwässert und gebrochen.
Zwar betont die EU-Politik, es handle sich bei dem neuen Transferinstrument um einen singulären Ausnahmetatbestand, ausgelöst durch die Brisanz der Corona-Krise. Die Zukunft wird jedoch zeigen, dass die EWU auch diesen einmaligen Regelbruch zu einer dauerhaften Einrichtung machen wird. Zur Erinnerung: Auch die unkonventionelle Geldpolitik der EZB unter dem Druck der Euro-Krise sollte ein Ausnahmefall sein. Tatsächlich wird die exzessive Geldschöpfung der EZB aber seit Jahren ungebremst fortgesetzt, zuletzt sogar mit deutlich erhöhter Dynamik.
Was wirklich hinter den EU-Beschlüssen steckt
Auslöser der neuen EU-Beschlüsse war vordergründig die Corona-Pandemie, die mit Italien, Spanien und Frankreich speziell die europäischen Südländer hart getroffen hat. Ein Blick in die Vergabekriterien offenbart jedoch, worum es in Wirklichkeit geht: Denn nicht die 2020 tatsächlich eingetretenen Schäden durch Covid19, sondern pauschale Wirtschaftsdaten früherer Jahre (2015-2019) dienen vorerst als zentraler Verteilungsschlüssel für die Hilfsgelder.
Ein direkter Bezug dieser Gelder zu tatsächlichen Corona-Schäden war somit kaum erkennbar. Gleichzeitig ist der von der EU-Kommission neu veranschlagte Schuldenspielraum um ein Vielfaches größer, als für das Corona-Hilfspaket eigentlich erforderlich wäre.
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