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Fidelity Marktkommentar Briten treten aus der EU aus – was nun?

Paras Anand, Leiter des europäischen Aktienteams bei Fidelity, rechnet durch den Brexit mit kurzfristig erhöhter Volatilität, aber nur mit wenig Einfluss auf die langfristigen Aussichten der Unternehmen.
Paras Anand, Leiter des europäischen Aktienteams bei Fidelity, rechnet durch den Brexit mit kurzfristig erhöhter Volatilität, aber nur mit wenig Einfluss auf die langfristigen Aussichten der Unternehmen.
Was jetzt plausibel erscheint:

• Artikel 50 der EU-Verfassung, der den Austritt eines Landes aus der EU regelt, wird wirksam.

• Damit wird ein zweijähriges Verfahren angestoßen, das die Bedingungen für den Austritt Großbritanniens aus der EU festlegt und unter anderem den Rahmen für den künftigen Zutritt zum EU-Binnenmarkt definiert.

Folgen für die britische Wirtschaft

Wir gehen wie die Bank of England davon aus, dass das Brexit-Votum das Wirtschaftswachstum Großbritanniens vermutlich aus folgenden Gründen kurzzeitig belasten wird:

• Verstärkte Unsicherheiten und nachlassendes Vertrauen dämpfen den privaten Konsum und die Anlageinvestitionen.

• Steigende Risikoprämien an den britischen Anleihemärkten und möglicherweise höhere Kreditaufnahmekosten.

• Vermehrte Unsicherheiten, Risikoscheu und möglicherweise höhere Finanzierungskosten im britischen Finanzsektor.

• Ein schwächeres Pfund dürfte den Export stützen. Zugleich könnte die Bank of England die Zinsen senken und dadurch die negativen Folgen insgesamt etwas abfedern.

Folgen für den britischen Finanzmarkt – Kurzzeitig sollten Anleger mit Folgendem rechnen

• Erschüttertem Anlegervertrauen und erhöhten Kursschwankungen am britischen Markt.

• Weiterer Abschwächung des Pfund Sterling zusätzlich zu dem Wertverlust gegenüber dem Euro von bis dato 5 Prozent.

• Abwärtsdruck auf britische Aktien, zumal auf Titel aus dem Finanzsektor und aus Branchen, die besonders stark auf EU-Migranten angewiesen sind (z.B. Bau, Gastronomie), sowie nachlassendem Druck auf britische Unternehmen, die einen Großteil ihres Gewinns in Fremdwährung erwirtschaften.

• Eventuell moderatem Aufwärtsdruck auf Renditen britischer Staatsanleihen (Gilts) angesichts verstärkter Unsicherheiten, höherer Risikoprämien und der Aussicht auf einen Inflationsanstieg wegen des schwächeren Pfunds (anfänglich könnten die Renditen wegen der Flucht in sichere Häfen fallen).

• Aufwärtsdruck auf Renditen britischer Unternehmensanleihen aufgrund der Unsicherheit und der kurzzeitig getrübten Aussichten – wie bei Aktien sind die Risiken für den Finanzsektor am größten.

• Möglicherweise leichtem Rückgang der Immobilienpreise in Großbritannien angesichts des Vertrauensverlusts bei Käufern und eines möglichen Anstiegs der Arbeitslosigkeit.

Folgen für Europa

Moderate direkte Auswirkungen auf die Wirtschaft:

• Europäische Unternehmen mit umfangreichen Aktivitäten und Vermögenswerten in Großbritannien werden ihre Investitionen möglicherweise drosseln, bis Klarheit über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU herrscht.

• Daneben kann die Ungewissheit auch den Handel der EU mit Großbritannien belasten.

• Sollten die Auswirkungen für die Wirtschaft als erheblich eingestuft werden, dürfte die EZB ihre Anleihekäufe ausweiten, um so die Gefahr unerwartet negativer Folgen für die Wirtschaft zu verringern.

Mögliche Auswirkungen auf die europäischen Finanzmärkte:

• Kurzfristig könnte der Druck auf Aktien zunehmen, vor allem auf solche von Unternehmen mit großen Einnahmen, Handelsbeziehungen und Anlagen in Großbritannien, vor allem wenn der Euro steigt.

• An den Anleihemärkten könnten die Renditen der als sicher geltenden Anlagen sinken und die Renditen bzw. Spreads von Unternehmensanleihen steigen; wie bei Aktien wäre der Finanzsektor am stärksten betroffen.

• Auf längere Sicht könnte das Brexit-Votum den Euroskeptikern Auftrieb geben und Bedenken über die EU im Allgemeinen schüren. Das würde den Druck gerade auf Vermögenswerte in den Peripherieländern erhöhen.