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Aktualisiert am 02.11.2011 - 10:56 Uhrin FinanzboulevardLesedauer: 5 Minuten

Filmemacher Christoph Hochhäusler: „Banker sind wie Hamster in Rädern“

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DAS INVESTMENT.com: Gibt es Szenen, die Sie Eins zu Eins aus der Wirklichkeit übernommen haben?

Hochhäusler: Viele Details stammen aus der Recherche. Formulierungen, Gesten, Einrichtungsgegenstände und so weiter. Aber der Film ist eine Verdichtung, eine Erfindung.

DAS INVESTMENT.com: Keine direkten, realen Vorbilder für Ihre Figuren?

Hochhäusler: Nein.

DAS INVESTMENT.com: So richtig sympathisch ist keine von ihnen.

Hochhäusler: Warum sollte das im Kino einfacher sein als im Leben? Ich glaube, dass Sympathien Zuschauer daran hindern, Vorgänge zu begreifen.

DAS INVESTMENT.com: Es verstört ein wenig, wenn der ‚Banker des Jahres‘ in seiner Freizeit Junkies beim Fixen zusieht.

Hochhäusler: Für mich bricht sich in dieser Szene das Thema des Films auf vielfältige Weise. Cordes ist wie ein Vampir. Selbst untot, lebt er vom Lebendigen. Das ist gewissermaßen auch das Geschäftsmodell der Banken: Der Kunde muss süchtig und damit auch zum Vampir werden, süchtig nach Kredit. Der Banker trinkt sozusagen aus der Halsader der Realwirtschaft. Aber eben nicht nur der Banker. Wir, die Kinogänger, tun ja etwas ähnliches. Wir laben uns am Lebendigen, sehen Mördern bei der Arbeit zu, trinken die Sinnlichkeit und Gefahr, die wir aus unseren echten Leben verbannt haben. Da besteht ein Zusammenhang. Übrigens ist es auffällig, dass sich Bankenviertel und Drogenszene in Frankfurt überlappen.

DAS INVESTMENT.com: Eine gewisse emotionale Leere der Akteure ist nur schwer zu übersehen. Sollten wir solche Menschen bemitleiden oder um Geld und Status beneiden?

Hochhäusler: Weder noch. Uns war wichtig, die Perversion der Banker als unser aller Perversion zu zeigen. Banker wurden in den letzten Jahren gerne als Raubritter heroisiert. Ich habe sie eher als Hamster in größeren Rädern erlebt. Grundsätzlich handeln sie nach ähnlichen Mustern wie alle anderen. Natürlich wollen sie Geld verdienen. Aber die meisten, die ich gesprochen habe, haben kein sehr konkretes Verhältnis zu Geld. Es ist oft nur eine Art Bewertung ihres eigenen Tuns. Sie wissen nicht recht, was sie machen, was heute für viele Berufe gilt. Umso wichtiger wird die messbare Bewertung in Form der Bezahlung. Problematisch am System dieser Hamsterräder ist aber: Die Wirkung einzelner Aktionen übersteigt das, was die Akteure überschauen und damit auch verantworten können. Und je schneller sich die Räder drehen, desto schlimmer.
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