Lebensversicherungen Finanzaufsicht bemängelt „Interessenkonflikte im Vertrieb“
„Wenn Lebensversicherungen zu viel kosten“, lautet der Titel des aktuellen Journals der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Um sich einen branchenweiten Überblick zu verschaffen, befragte die Behörde Deutschlands Anbieter im vorigen Jahr nach den Kosten ihrer Versicherungsanlageprodukte. Gemeint sind damit insbesondere fondsgebundene Policen und Hybridprodukte. Nicht hierzu zählen hingegen geförderte Rentenversicherungen wie die Riester-Rente oder Produkte der betrieblichen Altersversorgung (bAV).
Effektivkosten von mehr als 4 Prozent
Ihren Fokus legt die Bafin bei diesen Produkten jeweils auf die Effektivkosten. Denn sie geben an, wie stark die insgesamt anfallenden Kosten die jährliche Rendite des Kunden mindern. Bei allen untersuchten Laufzeiten gibt es laut der Bafin Lebensversicherer, deren Effektivkosten der meistverkauften fondsgebundenen Produkte mehr als 4 Prozent betragen. „Für die Versicherungsnehmer bedeutet das: Erst wenn die zugrundeliegenden Kapitalanlagen entsprechend hohe Renditen erreichen, würden sie einen Anlagegewinn erzielen.“
Im direkten Vergleich der Produktkategorien (siehe Grafik oben) zeigt sich zudem: „Je kürzer die Vertragslaufzeit ist, desto höher sind tendenziell die Effektivkosten. In der fondsgebundenen Lebensversicherung liegen sie signifikant über den Werten der klassischen Lebensversicherung.“ Damit fördere die aktuelle Abfrage „bei einigen Unternehmen Verbesserungsbedarf zutage: im Produktfreigabeverfahren und beim Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten im Vertrieb“, kommentieren Guido Werner und Roland Paetzold vom Bafin-Grundsatzreferat Lebensversicherungen.
Hallo, Herr Kaiser!
Die obige Grafik zeigt die jeweils nach der Beitragssumme gewichtete Mittelwerte der Effektivkosten, die den zwei Autoren bei längeren Laufzeiten zwar „vertretbar“ erscheinen, um auch als Versicherungsnehmer an den Ertragschancen der Aktienmärkte teilzuhaben. Doch die laut der Bafin-Experten in Einzelfällen teilweise viel höheren Kostenquoten ließen „ernsthaft daran zweifeln, dass die Produktfreigabeverfahren den Interessen, Bedürfnissen und Merkmalen des Zielmarktes ausreichend Rechnung getragen haben – so, wie es die Wohlverhaltensregeln vorgeben“.
Kosten und Kick-backs gerechtfertigt?
Neben den Effektivkosten hat die Bafin bei den deutschen Lebensversicherern auch Informationen zu Rückvergütungen von Fondsgesellschaften abgefragt. Denn bei vielen Fonds zahlten die Asset Manager Rückvergütungen an Anbieter oder Vermittler der fondsgebundenen Policen. Darin aber sehen Werner und Paetzold „Interessenkonflikte im Vertrieb“, die viele Anbieter „nicht im Griff“ hätten. Inwiefern jedoch reale Renditevorteile höhere Kosten der Versicherer oder Kick-backs der Fondsanbieter rechtfertigen könnten, ließ die Bafin in ihrer Analyse außen vor.