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Nach Kritik: Finanzaufsicht will ESG-Regeln für Fondsanbieter verschärfen

Eine Studie des Analysehauses Morningstar, die in Zusammenarbeit unter anderem mit dem Handelsblatt erstellt wurde, kommt zu dem Ergebnis, das viele ESG-Fonds nicht so grün sind, wie die Manager und Unternehmen die dahinter stehen, angeben – Greenwashing sei demnach keine Seltenheit.
In Europa haben Anleger laut Morningstar über 525 Milliarden Euro in ESG-Fonds investiert. Bereits 60 Prozent aller Fonds sortieren sich in die Kategorie nachhaltige Geldanlage ein. Der Haken: Viele jener Fonds investieren auch in Kohle-, Öl- oder Gas-Unternehmen. Der Auswertung zufolge hätten etwa 40 Prozent der rund 1.300 in Europa als sauber deklarierten Fonds ihr Geld zum Jahreswechsel 2023/24 in Firmen investiert, die CO2 produzieren. In Deutschland beteiligen sich demnach 46,6 Prozent der 693 angebotenen Fonds an fossilen Investments.
Unter den Unternehmen, in die Gelder aus den Fonds fließen, befänden sich demnach neben Energie- und Ölfirmen aus Europa und den USA auch welche aus China und Russland.
Esma will weiter nachschärfen
Die Beteiligungen in Industriezweigen, die CO2 ausstoßen, sind für die Fondsanbieter aus Sicht von Verbraucherschutzorganisationen bereits länger irreführend. Von den Aufsichtsbehörden drohen keine Sanktionen. Das soll sich nun ändern.
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (Esma) will demnach das Regelwerk verschärfen, kündigte diesbezügliche Schritte bereits im vergangenen Jahr an und wird nun konkreter. Worte wie „nachhaltig“, „sauber“ oder „ESG“ (Environmental, Social, Governance) sollen zukünftig nicht mehr für Fonds verwendet werden dürften, die in CO2-intensive Industrien investiert sind.
Die neuen Regeln sollen ab der ersten Hälfte 2025 gelten. Ein Sprecher der Esma äußerte sich auf Anfrage nicht zum Zeitplan, sagte jedoch gegenüber dem Handelsblatt: „Fonds mit einem nachhaltigen Begriff im Namen, die in fossile Brennstoffe investieren, führen ihre Verbraucher in die Irre.“
Auch deutsche Fondsanbieter betroffen
Die Regulierungsbehörde erwartet, dass nationale Behörden „alle Anstrengungen“ unternehmen, um sicherzustellen, dass die Fondsmanager beginnen, die neuen Richtlinien einzuhalten. Die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) teilte dazu mit: „Die Bafin hat diese Entwicklungen im Blick und achtet darauf, dass Marktteilnehmer die geltenden Regeln befolgen.“
Auch in den Fonds von deutschen Anbietern dürften die Pläne der Esma spürbar sein. Bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) seien den Morningstar-Daten zufolge sechs Fonds betroffen, bei Union Investment elf und bei der Deka 13. Bei der DWS sind es 22 Fonds, die als „sauber“ deklariert sind, aber unter anderem in US-Öl-Unternehmen investiert sind. Die genannten Unternehmen begrüßten demnach dennoch jegliche regulatorische Maßnahme, die zu Klarstellungen und damit zu mehr Transparenz führen.
Transformation benötigt Geld
Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang, dass die Transformation von energieintensiven Unternehmen hin zu mehr Nachhaltigkeit ein langwieriger Prozess ist, der ohne Gelder aus den Fonds nicht stattfinden kann, aber zwingend notwendig ist. „Wer Unternehmen, die auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit noch nicht so weit sind, unterschiedslos ausschließt, ignoriert glaubwürdige Klimastrategien“, sagt beispielsweise ein Sprecher von Union Investment sagte dazu gegenüber dem Handelsblatt.
Über die Analyse
Das Handelsblatt hat die Morningstar-Daten im Rahmen des internationalen Medienprojekts „Great Green Investment Investigation“ ausgewertet und gemeinsam mit den niederländischen Plattformen Follow the Money und Investico sowie acht europäischen Medienhäusern die Anbieter sowie Aufsichtsbehörden mit den Ergebnissen konfrontiert.

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