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Finanzberater und Bestseller-Autoren Weik und Friedrich Warum wir das bedingungslose Grundeinkommen brauchen

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Ein Platz auf der Reservebank 

Mehr Werte schaffen und deutlich weniger dafür arbeiten. Hätte man das Adam, Eva und ihren unmittelbaren Nachkommen erzählt, dann hätten sie darin die denkbar größte historische Ironie Gottes erkannt:

«Ein paar Tausend Jahre lang verdient ihr euer karges Brot im Schweiße eures Angesichts. Dann findet ihr endlich den Hintereingang zum Paradies – und jammert über das Verschwinden der Arbeit! Gehts noch?» 

All das wäre denn auch kein sonderliches Problem, wenn die Fortschritte bei der Produktivität und die Entwicklung der Einkommen halbwegs miteinander im Einklang stünden: Während die Produktivität je geleisteter Arbeitsstunde seit 1991 enorm zulegte, stagnierten die Nettolöhne nahezu. Vor allem deswegen, weil sich der Arbeitsmarkt immer stärker gespalten hat.

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Im industriellen Sektor geht der Bedarf an Arbeitsleistung im Zuge der technologischen Entwicklung und des Produktivitätsfortschritts eher zurück, die Wertschöpfung dagegen durch die Decke.

Im Bereich der Dienstleistungen, wo es bei Lichte besehen oft wenig bis nichts zu rationalisieren gibt (beste Beispiele: Pflege, Gastronomie, Kultur), kommt dieser Fortschritt dagegen in Gestalt von prekären Beschäftigungen und stagnierenden bis sinkenden Einkommen daher. Ein BGE wäre ein Beitrag dazu, den praktisch kaum einholbaren Vorsprung der Maschinenarbeit zugunsten dessen einzuebnen, was ich immer «Arbeit am Menschen» nenne. 

Der stärkste Druck in Richtung BGE dürfte am Ende aber wohl vom Ende fast aller kontinuierlichen Erwerbsbiografien kommen. Im gleichen Unternehmen von der Lehre bis zur Rente arbeitet heute kaum noch jemand. Froh kann schon sein, wer mit 55 Jahren noch die gleiche Berufsbezeichnung führt wie in jüngeren Jahren. 

Ständige Weiterbildung, gelegentliche Neuqualifikation, hin und wieder auch eine komplette berufliche Umorientierung sind von der Ausnahme zur Regel geworden. Beruf, Familie und biografische Sinnfindung für alle, für Männer wie Frauen gleichermaßen, unter ein und denselben Hut zu bringen, dafür braucht es immer öfter Auszeiten. Etwas plakativ formuliert: Im Spiel namens Kapitalismus 4.0 steht kaum noch jemand 90 Minuten auf dem Rasen. Ein Grundeinkommen wäre so gesehen nichts anderes als jene Reservebank, auf der heute selbst bei Vereinen der zweiten Reihe Spitzenspieler sitzen. 

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