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„Finanzeliten ohne gesellschaftlichen Nutzen haben ein Problem“

Georg Graf von Wallwitz
Georg Graf von Wallwitz
Es ist immer wieder eine große Verlockung, die Geschichte aus so großer Distanz zu betrachten, bis man in ihr sieht, was man sehen will. Beliebt ist es, sie wahlweise als großen Kreislauf, als steten Fortschritt, oder als Pendelbewegung zu sehen.

Nimmt man sie als einen oszillierenden Prozess, so markiert die unter dem Namen Occupy Wall Street (OWS) laufende Bewegung vielleicht einen Wendepunkt, auch wenn sich so etwas seriös erst nach einer halben Generation beurteilen lässt.

Nehmen wir also einmal an, es habe in den vergangenen Jahrhunderten einen Pendelschwung zwischen der breiten Masse der Bevölkerung und ihren Eliten gegeben, welcher mal die eine und mal die andere dominieren lässt.

Dann ging der Schwung in den ersten 30 oder 35 Jahren nach dem Krieg zu einer immer egalitäreren Gesellschaft, die am Ende weder ihre wirtschaftliche noch ihre intellektuelle Elite zu schätzen wusste. Diese konnten sich in der auf die 1970er-Jahre folgenden Generation wieder Geltung verschaffen, wobei das Pendel, wie es immer wieder passiert, irgendwann zu weit ausgeschlagen und heute ein neues Unbehagen erzeugt hat.

Jetzt sind wir vielleicht an einem Punkt, wo der Pendelschwung wieder zurückkommt. Die finanzielle Elite hat insbesondere in den angelsächsischen Ländern ein Gewicht bekommen, das mindestens ebenso unheimlich und korrumpierend ist wie die Macht der Gewerkschaften 35 Jahre zuvor.

Es gibt gute und viele Gründe, mit den Umständen, wie sie sich im Umfeld der Finanzmärkte in den vergangenen 20 Jahren herausgebildet haben, unzufrieden zu sein. Es hat sich eine Art Insider-Kapitalismus gebildet, bei dem es einer kleinen Zahl von Akteuren gelungen ist, das System so zu nutzen und zu gestalten - durch Steuerschlupflöcher, Staatsgarantien, laxe Regulierung -, dass sie und nur sie vom Wirtschaftswachstum profitieren.

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