Finanzfrage der Woche: Wie funktionieren Anleihen?
Um sich an der Neuausgabe einer Anleihe zu beteiligen, müsste sich der Interessent an das Institut wenden, das die Papiere auf den Markt bringt. Richtig sinnvoll ist das aber nicht, weil neue Anleihen meistens Laufzeiten von zehn Jahren und mehr haben. So lange sollte man sich maximal in Phasen mit hohen Marktzinsen binden.
Als Sonderfall bietet die Bundesrepublik Finanzierungsschätze, Bundesobligationen und Bundesschatzbriefe fortlaufend über Banken und Sparkassen zum Kauf an. Wer Depotgebühren sparen möchte, kann die Papiere nebst sämtlichen weiteren Bundesanleihen bei der Finanzagentur der Bundesrepublik in einem kostenlosen Wertpapierdepot einlagern.
Einmal gekauft, ist es am einfachsten, eine Anleihe bis zur Rückzahlung im Depot zu halten. Die Zinsen gibt es jährlich zum festen Termin aufs Konto. Am Fälligkeitstag fließt zusätzlich der Anleihebetrag zurück.
Renten haben Kurse
Doch mit Anleihen können Anleger noch viel mehr machen, als sie einfach nur zu kaufen und bis zur Fälligkeit die Zinsen zu kassieren. Denn Anleihen sind an der Börse täglich handelbar. Wer sich vorzeitig von seiner Anlage trennen möchte, kann sie daher wie eine Aktie verkaufen. Oder er steigt in bereits laufende Anleihen ein. Weil der Rentenhandel im Vergleich zu Aktien aber deutlich müder verläuft, könnte ein Verkaufsauftrag durchaus auch erst ein oder zwei Tage später ausgeführt werden.
Die Kurse an der Börse entstehen durch Angebot und Nachfrage, nur dass sie nicht in Euro, sondern in Prozent notieren. Dabei bedeutet ein Kurs von 100 Prozent (pari), dass das Papier exakt den geschuldeten Betrag kostet. Genau so gut kann es sein, dass Renten unter oder über pari notieren. Dann zahlt der Käufer weniger beziehungsweise mehr Geld, als er zum Laufzeitende vom Schuldner einfordern kann.
Ein Beispiel: Eine Anleihe des Baustoffproduzenten Heidelberg Cement mit einem Zinssatz von 5,625 Prozent notierte am 12. Juli 2010 bei einem Kurs von 90,05 Prozent. Um nominal 10.000 Euro dieser Anleihe zu kaufen, brauchte der Interessent also lediglich 9.005 Euro hinzulegen. Trotzdem würde er die 5,625 Prozent Zinsen auf den Nominalbetrag von 10.000 Euro bekommen. Am Laufzeitende am 4. Januar 2018 erhält der Anleger 10.000 Euro ausgezahlt und erzielt somit zwangsläufig einen Kursgewinn von 995 Euro. Unterm Strich bringt ihm das auf seinen investierten Betrag einen Gewinn von 7,49 Prozent im Jahr. Das ist seine Rendite – und nur die zählt.
Für die Heidelberg-Cement-Anleihe bekommt der Anleger deutlich mehr als für eine vergleichbare Bundesanleihe. Der Renditeunterschied liegt unter anderem daran, dass S&P dem Touristikkonzern über das Rating B+ eine deutlich schlechtere Schuldnerqualität bescheinigt. Deutschland hat ein AAA. Für den Renditeaufschlag gegenüber risikofrei geltenden Anleihen gibt es gleich mehrere Begriffe: Risikoaufschlag, Risikoprämie oder auch Spread.
Sollte es dem Unternehmen irgendwann finanziell deutlich besser gehen als jetzt, werden die Rating-Agenturen ihre Noten verbessern. Dann wird auch der Kurs der Anleihe steigen, und der Renditeaufschlag gegenüber Bundesanleihen wird sich verringern. Viele Anleger versuchen solche Bewegungen über geschickten Handel mit Renten für Kursgewinne auszunutzen.
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