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Finanzmärkte und Allgemeinbildung Keep it Simple – ein Fall für „Logo“?

Klaus-Dieter Erdmann
Klaus-Dieter Erdmann
Anfang des Jahres twitterte eine Schülerin: „Ich bin fast 18 und hab‘ keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann 'ne Gedichtsanalyse schreiben. In vier Sprachen.“ Unabhängig davon, welche lebensrelevanten Details Bestandteil der Schulbildung sein sollten, zeigt dieser Tweet auch grundsätzliche Probleme auf, die Anleger mit den aktuellen Gegebenheiten des Finanzmarktes haben.

Die Finanzbranche erklärt dem Anleger, dass eine breite Diversifikation über viele Assets zur Eliminierung unsystematischer Risiken führt, damit eine Glättung der Volatilität eintritt und so das Downside-Potential begrenzt wird. Nach New Economy und Bric reden wir nun vom Grexit, Quantitative Easing und dass steigende Zinsen sich reziprok proportional auf die Performance von Bonds auswirken. Equities sind aufgrund von immer noch akzeptablen Price-Earning-Ratios das alternativlose Asset und bestenfalls Absolute-Return-Strategien mit der Option, das Beta durch Long-Short-Positionen wegzuhedgen, sind künftig geeignet, die wenigen Opportunitäten im Markt nutzen zu können.

Gut gebrüllt, Löwe? Es kommt nicht von ungefähr, dass immer noch mit dem ersten Girokonto und Gehaltseingang auch gleich der erste Bausparvertrag und eine Lebensversicherung im Portfolio eines Schulabgängers landen. Denn was möglicherweise im Rahmen einer allgemeinen Schul- beziehungsweise Aus- und Weiterbildung vernachlässigt wurde, wird auch ein bereits am Grundverständnis des Anlegers vorbeizielendes Fach-Chinesisch der Investmentbranche nicht heilen. Nämlich die grundsätzliche Bereitschaft des Anlegers – egal, ob jung oder alt – sich langfristig und interessiert mit Investitionsentscheidungen auseinanderzusetzen. Wie wohltuend einfach schafft es dagegen zum Beispiel die Kinder-Nachrichtensendung Logo, komplexe Sachverhalte in kurzen Erklär-Filmen verständlich aufzubereiten und damit die Neugier und das Interesse der Kinder auch für schwierige Themen zu entfachen.

Wir alle gemeinsam werden die kommenden Aufgaben inklusive Zinsfalle nur dann meistern, wenn in sämtlichen Bereichen ein Umdenken stattfindet. Branche und Produktanbietern muss es gelingen, die Notwendigkeit und die Vorteile aktiv gemanagter Multi-Asset-Lösungen dem Anleger auf einfache Weise verständlich nahezubringen. Aber auch der Anleger selbst muss eine gewisse Eigeninitiative entwickeln. Zwar ist unser Schul- und Ausbildungssystem nicht unbedingt für das Erlernen von Kochkünsten und das Annähen von Hosenknöpfen verantwortlich.

Ein gewisses Grundverständnis für die Finanzmärkte und die Risiko- und Altersvorsorge sollten dennoch als elementarer Bestandteil vermittelt werden. Denn die Vorzeichen haben sich geändert! Und wenn die Rektorin der twitternden Schülerin das Lehren von praktischen Übungen wie das Ziehen von Kontoauszügen als utopisch erachtet, dann vergisst sie eins: Die junge Generation von heute hat im Gegensatz zu ihr selbst weder eine gesicherte staatliche Altersvorsorge noch einen durchschnittlichen risikolosen Zins von 8 bis 10 Prozent zum unkomplizierten Vermögensaufbau.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihren Anlagenentscheidungen

Ihr Klaus-Dieter Erdmann

Über den Autor: Klaus-Dieter Erdmann ist Gründer und Geschäftsführer der MMD Multi Manager GmbH in Arnsberg. Das Unternehmen hat sich auf die Analyse vermögensverwaltender Fonds spezialisiert und wertet mit Hilfe einer hauseigenen Datenbank kontinuierlich mehr als 1.500 Angebote dieser Produktkategorie aus. Für DER FONDS berichtet Erdmann alle zwei Wochen über neue Trends in der Vermögensverwalterfonds-Szene.

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