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Finanzmarktkolumne Die unkonventionellen Mittel der EZB

Karsten Junius, Chefvolkswirt der Bank J. Safra Sarasin
Karsten Junius, Chefvolkswirt der Bank J. Safra Sarasin
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat unter dem Druck überraschend niedriger Inflationszahlen angekündigt, bereit für unkonventionelle Maßnahmen zur Unterstützung der Konjunktur zu sein.

Dies hat die Erwartung angeheizt, die EZB könnte ähnlich der amerikanischen und britischen Notenbanken massiv Staatsanleihen zu kaufen. Entsprechend euphorisch war die Reaktion der Obligationenmärkte.

Tatsächlich sprechen die positiven Erfahrungen in den USA und UK für diese Art einer quantitativen Lockerung der Geldpolitik. In Euroland gibt es aber fünf gewichtige Gründe dagegen:

(1) Zunächst fehlt ein politischer Konsens, dass der Kauf von Staatsanleihen innerhalb des Mandates der EZB liegt.

(2) Zudem verbessern diese Käufe die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen eher in Wirtschaftsräumen, in denen sich Unternehmen am Kapitalmarkt anstatt wie in Euroland bei Banken finanzieren.

(3) Bei einer regionalen Aufteilung der Ankäufe gemäß Kapitalanteilen an der EZB, die politisch am ehesten auf Akzeptanz stoßen würde, profitieren vor allem Länder wie Deutschland, die einen zusätzlichen Stimulus nicht notwendig haben.

(4) Bei einer regionalen Aufteilung gemäß ökonomischer Notwendigkeit würden die bislang strengen Auflagen für diesen Fall obsolet.

(5) Politisch und ökonomisch wäre es schwer zu erklären, warum die EZB zu einem Zeitpunkt beginnt Anleihen zu kaufen, zu dem sich die Zinsen bereits auf mehrjährigen Tiefständen befinden.

Angesichts dieser Nachteile halten wir es für deutlich wahrscheinlicher, dass die EZB andere unkonventionelle Maßnahmen anwendet. Positive Erfahrungen hat sie bereits beim Ankauf von Pfandbriefen in den Jahren 2009 und 2011 gemacht.

Auch würde der Ankauf von Pfandbriefen, Bonds und Unternehmensanleihen die Realwirtschaft viel direkter unterstützen. Allerdings ist dieser Markt derzeit ausreichend liquide und bedarf keiner Unterstützung.

Ein Markt, der seit der Finanzmarktkrise jedoch nicht funktioniert, ist der Markt für verbriefte Kreditforderungen – die sogenannten Asset Backed Securities (ABS). Durch den Ankauf dieser Papiere würde die EZB die Freisetzung von Bankkapital ermöglichen. Damit könnte die EZB sowohl den ABS-Markt als auch die Kreditvergabe wiederbeleben.

Zusätzlich erwarten wir aber auch eine herkömmliche Leitzinssenkung, selbst wenn die EZB bei einem aktuellen Zinssatz von 0,25 Prozent dabei nur noch wenig Spielraum hat.

Diesen sollte sie aber so schnell wie möglich ausnutzen, bevor sie weitere unkonventionelle Maßnahmen wie negative Einlagenzinsen, eine zusätzliche langfristige Liquiditätszufuhr oder spezielle Kreditfinanzierungen ins Auge fasst. Eines bleibt jedoch klar: Die niedrige Inflation, das schwache Kreditwachstum und der starke Euro machen eine unkonventionelle Geldpolitik notwendig.

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