Wirtschaftswissenschaftlerin Birte Rothkopf
Finanzpsychologie und Emotionen: Wie Gefühle unsere Anlageentscheidung beeinflussen
Birte Rothkopf ist Gründerin der Vermögensverwaltung Whitebox. Foto: Whitebox / Canva
In der Welt der Finanzen geht es nicht nur um Zahlen, Charts und Analysen. Oft sind es unsere Emotionen, die den größten Einfluss auf unsere Entscheidungen haben – manchmal ohne dass wir es überhaupt merken. Birte Rothkopf zeigt, wie wir unsere emotionalen Reaktionen besser verstehen und nutzen können, um klügere Entscheidungen zu treffen.
Angst, Gier, Verlustaversion, Optimismus und Selbstvertrauen spielen eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, wie wir an der Börse agieren. Die Finanzpsychologie wirft ein spannendes Licht auf diese Einflüsse.
Angst und Gier: Die ungleichen Zwillinge der Finanzwelt
Angst und Gier sind wie zwei Seiten derselben Medaille, die uns immer wieder in verschiedene Richtungen drängen. Angst kann uns dazu bringen, in turbulenten Zeiten überstürzt zu handeln – ein Verhalten, das wir während der Covid-19-Pandemie oft gesehen haben. Viele Anleger gerieten in Panik und verkauften ihre Aktien aus Furcht vor weiteren Verlusten. Doch als sich die Märkte erholten, war der Ärger groß: Diejenigen, die vorschnell verkauft hatten, mussten zusehen, wie die Kurse wieder stiegen.
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Angst, Gier, Verlustaversion, Optimismus und Selbstvertrauen spielen eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, wie wir an der Börse agieren. Die Finanzpsychologie wirft ein spannendes Licht auf diese Einflüsse.
Angst und Gier: Die ungleichen Zwillinge der Finanzwelt
Angst und Gier sind wie zwei Seiten derselben Medaille, die uns immer wieder in verschiedene Richtungen drängen. Angst kann uns dazu bringen, in turbulenten Zeiten überstürzt zu handeln – ein Verhalten, das wir während der Covid-19-Pandemie oft gesehen haben. Viele Anleger gerieten in Panik und verkauften ihre Aktien aus Furcht vor weiteren Verlusten. Doch als sich die Märkte erholten, war der Ärger groß: Diejenigen, die vorschnell verkauft hatten, mussten zusehen, wie die Kurse wieder stiegen.
Auf der anderen Seite haben wir die Gier. Sie flüstert uns ins Ohr, dass noch mehr Gewinn möglich ist – wenn wir nur noch ein bisschen länger dabei bleiben oder mehr riskieren. Erinnern Sie sich an den Dotcom-Boom der 90er Jahre? Viele Anleger wurden von der Euphorie gepackt und investierten massiv in Technologiewerte, die scheinbar keine Grenzen kannten. Doch als die Blase platzte, mussten viele erhebliche Verluste hinnehmen. Dieses Verhalten wird durch den Exuberance Bias beschrieben, bei dem übermäßige Euphorie die Wahrnehmung von Risiken verzerrt.
Verlustaversion: Das zähe Festhalten am Unvermeidlichen
Verlustaversion ist ein Phänomen, das jeden von uns betrifft. Es beschreibt unsere natürliche Neigung, Verluste stärker zu empfinden als Gewinne. Ein zentrales Konzept der Behavioural Finance, das durch die Prospect Theory von Kahneman und Tversky geprägt wurde und beschreibt, dass der psychologische Schmerz eines Verlustes oft doppelt so intensiv ist wie die Freude über einen gleichwertigen Gewinn.
Diese Tendenz führt dazu, dass Anleger oft an verlustreichen Investitionen festhalten, in der Hoffnung, dass sich der Markt doch noch erholt. Ein klassisches Beispiel dafür ist die Eurokrise: Trotz offensichtlicher Warnzeichen hielten viele Investoren an riskanten Staatsanleihen fest, weil sie sich nicht eingestehen wollten, einen Fehler gemacht zu haben.
Der Dispositionseffekt zeigt, dass wir dazu neigen, Verlierer zu lange zu halten und Gewinner zu früh abzustoßen – ein Verhalten, das unsere finanziellen Ziele ernsthaft gefährden kann.
Optimismus und Selbstvertrauen: Die zweischneidigen Schwerter
Optimismus ist unerlässlich, um Chancen zu sehen und am Markt erfolgreich zu sein. Doch zu viel Optimismus kann auch gefährlich sein, wenn wir die Risiken unterschätzen. Die Immobilienblase in den USA ist ein lehrreiches Beispiel: Viele Anleger glaubten, dass die Häuserpreise immer weiter steigen würden, und übersahen die Anzeichen einer bevorstehenden Krise. Das Ergebnis? Ein massiver Einbruch, als die Blase platzte.
Der Overconfidence Bias ist ein weiteres häufiges Phänomen, bei dem Anleger ihre eigenen Fähigkeiten und die Marktstabilität überschätzen. Ein gesundes Maß an Selbstvertrauen ist wichtig, um fundierte Entscheidungen zu treffen und nicht bei jedem Marktrauschen nervös zu werden. Doch übertriebenes Selbstvertrauen kann dazu führen, dass wir zu häufig handeln und dabei unsere Renditen schmälern. Untersuchungen von Barber und Odean zeigen, dass Anleger, die übermäßig selbstsicher sind, häufiger Fehler machen und damit ihre finanziellen Ziele gefährden.
Die Balance finden: Zwischen Gefühl und Verstand
Um langfristig erfolgreich zu sein, müssen wir lernen, unsere Emotionen zu erkennen und in Einklang mit rationalen Entscheidungen zu bringen. Es ist nicht realistisch zu erwarten, dass wir unsere Gefühle vollständig ausschalten können – und das sollten wir auch nicht. Vielmehr geht es darum, sie bewusst wahrzunehmen und zu steuern. Eine kluge Diversifikation, Geduld und die Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen, sind wesentliche Bausteine für eine erfolgreiche Anlagestrategie.
Emotionen wie Angst, Gier, Verlustaversion, Optimismus und Selbstvertrauen sind unvermeidlich, aber sie müssen nicht unsere Entscheidungen dominieren. Indem wir uns ihrer bewusst werden und sie gezielt in unseren Entscheidungsprozess einbinden, können wir klüger investieren und unsere finanzielle Zukunft auf eine stabile Grundlage stellen.
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