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Finanzvertriebe: Materialschlacht vor Gericht

in Recht & SteuernLesedauer: 3 Minuten
Thomas Zacher, Zacher & Partner
Thomas Zacher, Zacher & Partner
Nein, Vertriebe dürfen derartige Aufwendungen nicht ihren Vermittlern weiterbelasten, urteilten das Oberlandesgericht Köln am 11. September 2009 (Az. 9 U 64/09) und das Oberlandesgericht Celle am 10. Dezember 2009 (Az. 11 U 51/09). AWD hat Revision eingelegt. Bonnfinanz nicht.

Rechtsanwalt Thomas Zacher von der Kölner Kanzlei Zacher & Partner, Fachanwalt für Bank-, Steuer- und Kapitalmarktrecht, kommentiert die Urteile für DAS INVESTMENT.com:

Die Urteile entsprechen der bisher schon herrschenden Interpretation von Paragraf 86 a Handelsgesetzbuch. In dessen Absatz 1 steht, dass alle „zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen“ dem Handelsvertreter zur Verfügung zu stellen sind. Der Begriff der Unterlagen wurde bisher schon sehr weit ausgelegt. Umstritten war der Begriff der „Erforderlichkeit“.

Es zeugt daher fast von Humor, dass die Vertriebe unter anderem argumentierten,die zur Verfügung gestellten Werbe- und Informationsmittel seien eigentlich nicht erforderlich. Das ließen die Oberlandesgerichte nicht gelten. Es stehe in der freien Entscheidung des Vertriebsunternehmens, entsprechende Werbemittel und Unterlagen einzusetzen.

Wenn es sich dafür entscheide, könnten diese im Verhältnis zu den Handelsvertretern nicht zugleich als unnötig gelten. Entscheidend war in beiden Urteilen, dass es sich letztlich um Hilfsmittel handelte, die allein aus der Sphäre des Vertriebs stammten, der Inhalt und Ausgestaltung vorgibt.

Diese Leitlinie wird künftig in der Praxis noch mehr beachtet werden müssen, zumal Paragraf 86 a Absatz 3 HGB ausdrücklich regelt, dass auch anderweitige Klauseln in  Vertriebsverträgen unwirksam sind. Lediglich Schulungsmaßnahmen wollten die Kölner Richter dem Wortsinn einer „Unterlage“ auch bei analoger Anwendung des Gesetzestextes nicht mehr unterordnen.
Auch diesbezüglich muss das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Vorstellbar ist, dass künftig auch bei freien Mitarbeitern – wie beispielsweise im Arbeitsrecht – stärker differenziert wird, ob allgemein verwendbare Kenntnisse vermittelt werden und damit eine Kostenbelastung möglich ist oder ob produktspezifische Informationen im Vordergrund stehen.

Letztere werden vorwiegend im Interesse des Vertragspartners vermittelt und lösen daher keinen Kostenersatzanspruch aus. Der Erstattungsanspruch hinsichtlich unzulässiger Kostenbelastungen verjährt übrigens bereits nach drei Jahren. Besser,als sich hinterher zu streiten, ist es selbstverständlich, wenn beide Seiten im Vorfeld klare und eindeutige Regelungen getroffen haben.

Mancher Vertrieb wird Quantität und Qualität seines Materialaufwandes neu überdenken, wenn ihm bewusst ist, dass die Kosten hierfür keine „durchlaufenden Posten“ sein können.

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