Der Krieg in der Ukraine und dessen Folgen hat auch die Strategien nachhaltiger Investmentfonds beeinflusst, zeigt eine Studie der Bürgerbewegung Finanzwende. Lange Zeit setzten Manager grüner Fonds auf Wachstumswerte und erzielten damit eine gute Performance. Dabei besonders beliebt: die Tech-Branche. Doch während viele Tech-Aktien im vergangenen Jahr ins Minus rutschten, legten die Kurse von Energiekonzernen zu. Wie haben Fondsmanager von ESG-Produkten darauf reagiert? Dieser Frage ging Finanzwende nach und untersuchte in diesem Zusammenhang den Aktienbesitz von 2.434 aktiv gemanagten und in Europa erhältlichen Fonds aus der Datenbank Morningstar, welche sich nach Artikel 8 oder Artikel 9 der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) als nachhaltig vermarkten dürfen.

Die Ergebnisse der Studie zeigen: Die Fonds haben im untersuchten Zeitraum Aktien von Energiefirmen im Wert von 2,6 und Aktien von Versorgungsunternehmen im Wert von 1,7 Milliarden US-Dollar zugekauft. Verkauft haben die Gesellschaften dagegen Aktien aus dem Technologie- und Finanzsektor im Wert von 16,1 beziehungsweise 9,9 Milliarden US-Dollar.

 

940 Millionen US-Dollar für Fossile-Energie-Aktien

Die Zukäufe im Energiebereich kamen dabei dem fossilen Sektor zugute: Die untersuchten Fonds investierten 940 Millionen US-Dollar zusätzlich in Aktien von Firmen im Bereich der fossilen Energien. Lediglich 138 Millionen US-Dollar gingen an Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf erneuerbaren Energien basiert. Was dafür sorgte, dass die CO2-Intensität der Portfolios um 7,9 Prozent zulegte. Dabei fiel den Studienautoren auf, dass grüne Fonds nicht nur insgesamt weniger in erneuerbare als in fossile Energien investierten, sondern der Portfolioanteil an den erneuerbaren Energien auch über den betrachteten Zeitraum konstant blieb, während der Anteil an Öl- und Gasfirmen über das Jahr anstieg. Ein genauerer Blick der Analysten auf die Firmen, deren Wertpapiere am meisten zugekauft wurden, zeigt, dass vor allem große europäische und indische Öl-Konzerne profitierten. Wir zeigen die zehn größten Profiteure in unserer Bilderstrecke.

Herabgestufte Fonds reduzierten Investments in fossile Energien

Was die Studienautoren überraschte: Viele der Fonds, die von Artikel 9 auf Artikel 8 herabgestuften wurden, reduzierten ihre Investments in fossile Energien und schafften es damit, die CO2-Intensität ihres Portfolios zu verringern. Die Analysten weisen aber darauf hin, dass dies nicht bedeute, dass herabgestufte Fonds automatisch grüner wären. Dadurch, dass die Anzahl solcher Fonds in der Studie relativ gering war, könnten die Ergebnisse durch einzelne Vorreiter verzerrt sein.

Was die Analysten zusätzlich betonen: Die Wirkung von nachhaltigen Geldanlagen, besonders durch Aktienfonds, sei begrenzt. Wichtiger sei es ihrer Meinung nach, politische Rahmenbedingungen zu schaffen, wie:

  • klimaadäquate Subventionen,
  • eine nachhaltige Industriepolitik und
  • Bepreisung von CO2

Weshalb? Gäbe es solche Rahmenbedingungen im Sinne des 1,5-Grad-Ziels, würden klimaschädliche Investitionen automatisch unrentabel und eine nachhaltige Geldanlage die Regel. So zumindest die Hoffnung der Bürgerbewegung.

Über die Analyse:

Die Bilderstrecke zeigt die zehn fossilen Unternehmen, von denen in Europa erhältliche SFDR Artikel 8 Fonds und SFDR Artikel 9 Fonds zwischen 31.12.2021 und 31.03.2022 am meisten Aktien zugekauft haben, sowie der Wert dieser Zukäufe in Millionen US-Dollar und in Prozent am Aktienbesitz Ende 2021. Datenquelle ist Morningstar Direct. Die Werte sind preisbereinigt.

>> Hier geht es zur kompletten Studie