Die Interessenvertreter der Finanzwirtschaft liegen an der Spitze der 100 wichtigsten Lobby-Verbände und -unternehmen im politischen Berlin. Sie stellen im Branchenvergleich die größte Personengruppe dar und verfügen über die höchsten Gesamtbudgets. Das zeigt eine aktuelle Studie der Bürgerbewegung Finanzwende. Der überparteiliche Verein hat unter dem Titel „Die Macht der Finanzlobby” jetzt seine zweite Analyse veröffentlicht, bei der er Daten des Lobbyregisters des Deutschen Bundestags ausgewertet hat. Die Zahlen beziehen sich nur auf die Lobbyarbeit gegenüber Bundestagsabgeordneten und Bundesregierung – Lobbyarbeit auf Landes- oder EU-Ebene ist nicht erfasst. 

Finanzbranche gibt am meisten für Lobbyarbeit aus  

Von den 100 finanzstärksten Akteuren im Lobbyregister ordnen die Studienautoren zehn Unternehmen oder Verbände der Finanzlobby zu. Auto- und Chemielobby kommen unter den Top 100 jeweils nur auf sechs Einträge, die Energielobby auf acht. Die zehn Vertreter der Finanzlobby haben gemeinsam ein Lobbybudget von 42,8 Millionen Euro pro Jahr, weit mehr als jede andere Branche. Selbst die neun branchenübergreifenden Verbände in den Top 100, darunter Lobby-Schwergewichte wie der Industrieverband BDI, geben zusammen nur 40,2 Millionen Euro für Lobbyarbeit aus, andere Branchen liegen mit ihren Lobbybudgets noch deutlich darunter.  

© Finanzwende

Spitzenreiter beim Lobbybudget ist wie im Vorjahr der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). 15,4 Millionen Euro lässt sich der GDV seine Lobbyarbeit pro Jahr kosten. Die Auswertung verrät jedoch auch, welche Unternehmen und Verbände zuletzt deutlich mehr in ihre Lobbyarbeit investiert haben als – darunter zum Beispiel der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (plus 12,6 Prozent auf 4,1 Millionen Euro im Jahr 2022) und der Fondsverband BVI (plus 17,4 Prozent auf 2,4 Millionen Euro im Jahr 2022). Das 2022 eingeführte Register enthält auch Daten zu Seitenwechslern zwischen Politik und Lobby oder zu den Lobby-Netzwerken verschiedener Unternehmen und Verbände (siehe Bilderstrecke oben).  

 
Daniel Mittler ist In der Geschäftsführung insbesondere für die Bereiche Kampagnen und Kommunikation zuständig.
Daniel Mittler © Finanzwende e. V.

„Die meisten Menschen denken bei Lobbymacht in Deutschland an die Autoindustrie oder den BDI. Aber die Finanzlobby ist noch stärker; sie hat eine ungeheure Macht, die viel zu oft unsichtbar bleibt”, kommentiert Daniel Mittler. „Die Finanzlobby-Mischung aus Unauffälligkeit und Machtfülle schadet unserer Demokratie.” Der Finanzwende-Geschäftsführer fordert daher: „Die Macht der Finanzlobby, das zeigen die neuen Zahlen klar, muss endlich eingeschränkt werden. Die Ampel muss deshalb Lobbyismus weiter unter demokratische Kontrolle stellen und noch in diesem Jahr den im Koalitionsvertrag versprochenen legislativen Fußabdruck umsetzen.”