Für den Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) ist es ein großes Aufregerthema: Der Vermittlerband warnte zuletzt eindringlich vor sogenannten Finfluencern, stellte sogar ein eigens beauftragtes Rechtsgutachten vor. In diesem steht, dass die zumeist bei Youtube, Tiktok und Instagram tätigen Akteure für ihre Empfehlungen haftbar gemacht werden können.

Streit um die Regulierbarkeit von Finfluencern 

Aus Sicht des Interessenvereins sind Finfluencer, die auf bestimmte Produkte hinweisen und diese anpreisen, nichts anderes als Vermittler und fallen unter die aufsichtsrechtlichen Regeln der Anlageberatung. Tatsächlich erhalten viele Finfluencer über Affiliate-Links Provisionen von bestimmten Produktgebern. Doch in Sachen Regulierung vertritt die Bafin bisher eine andere Auffassung. 

R+V-Befragung schreibt Finfluencern geringe Bedeutung zu

Doch welche Rolle für Finanzthemen spielen die in der Regel jungen Content-Produzenten trotz zumeist fehlender Ausbildung in diesem Bereich für ihre Kernzielgruppe wirklich? Nach einer aktuellen Umfrage der R+V halten lediglich 4 Prozent der befragten 16- bis 25-Jährigen die Influencer für sehr wichtig und folgen ihnen in sozialen Medien, für weitere 24 Prozent sind diese wichtig. Die R+V gibt an, dass 56 Prozent gar keine Posts oder Sendungen von Finanzfluencern konsumieren, weitere 16 Prozent selten. Offenbar wurden hier die Nutzungshäufigkeit und die Bedeutungszuschreibung seitens der User über Finfluencer von den Studienmachern gleichgesetzt. 

Bafin war zu völlig anderer Bewertung gekommen 

Doch was ist von den Zahlen zu halten? An der Aussagekraft dürfen Zweifel angemeldet werden, denn eine Umfrage der Bafin aus dem Mai 2024 war zu ganz anderen Ergebnissen gekommen. Befragt wurden damals repräsentativ 1.000 Personen im Alter von 18 bis 45 Jahren, die in den letzten zwei Jahren Geld angelegt haben. Mehr als die Hälfte der jungen Anleger sieht hier soziale Medien als verlässliche Informationsquelle für Finanzthemen. Und eine Mehrheit von 60 Prozent stimmt sogar der Aussage zu, dass Finfluencer eine gute Alternative zur professionellen Beratung sei - also zur klassischen Beratung zum Beispiel durch Finanzanlagenvermittler oder Honorarberater.

Zahlen belegen starken Finfluencer-Einfluss 

Ein weiteres Ergebnis der damaligen Bafin-Umfrage ist, dass Finfluencer bereits über eine beachtliche Reichweite verfügen. Auf die Frage „Haben Sie schon einmal Informationen zu Finanzthemen von Finfluencern erhalten?“ antworteten 53 Prozent der Befragten mit „Ja“. Noch bemerkenswerter ist, dass 88 Prozent derjenigen, die auf Finfluencer aufmerksam wurden, auch tatsächlich einen Anlagetipp wahrgenommen haben.

Die Studie zeigt zudem eine hohe Abschlussquote bei Finfluencer-Empfehlungen: 80 Prozent derjenigen, die Anlagetipps von Finfluencern verfolgen, bemerken, dass sie einen direkten Link zum Investment erhalten. Von diesen kaufen 57 Prozent das Produkt direkt über den Link, weitere 25 Prozent entscheiden sich für das Produkt, nutzen jedoch andere Wege zum Kauf.

Wie sich die unterschiedlichen Ergebnisse erklären lassen

Auch wenn Fragestellung und Altersgruppe in den beiden Untersuchungen sich unterscheiden und weitere Informationen zur Methodik fehlen, sind die Ergebnisse zu unterschiedlich, als dass man diese nicht hinterfragen müsste. Das zeigt sich auch in den abweichenden Botschaften der Bafin („Generation Y und Z setzen auf Finfluencer“) vor einem Jahr im Vergleich zu der RV-Feststellung: „Eine geringe Rolle bei finanziellen Entscheidungen spielen auf Finanzthemen fokussierte Influencer.“ Offenbar spielen die unterschiedlichen Interessen einer Aufsichtsbehörde und einer Versicherungsgesellschaft, die stark auf der Thema qualifizierte Beratung setzt, eine wesentliche Rolle.

Das lässt sich ableiten aus einem weiteren Ergebnis der R+V-Untersuchung. Gefragt wurde, wie sich junge Menschen stattdessen informieren? Hier halten drei Viertel der Befragten in der Altersgruppe der 16- bis 25-Jährigen eine persönliche Beratung durch einen Experten für wichtig oder sehr wichtig. Wer diese Experten sein könnte, wird nicht gesagt. Die übrigen 25 Prozent würden eher darauf verzichten. Weiteres Ergebnis: Junge Menschen hören vor allem auf den Rat aus dem Freundes- und Bekanntenkreis (Peer Group). Für rund 77 Prozent sind Empfehlungen aus dieser Gruppe wichtig oder sehr wichtig, für 23 Prozent dagegen eher nicht oder gar nicht wichtig.

Ethische Aspekte sind bei Finanzthemen wichtig

Weitere Ergebnisse der R+V-Befragung: Bei ihrer Vorsorge legen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen großen Wert auf ethische Aspekte. So betonten 58 Prozent, dass sie nachhaltige oder ethische Finanzprodukte nutzen möchten. 25 Prozent ist es dagegen eher weniger oder gar nicht wichtig, der Rest machte keine Angabe. Bei den einzelnen Produkten für die Altersvorsorge stehen mit 26 Prozent Investments in Fonds oder Indexfonds (ETF) ganz oben in der Beliebtheit. Es folgen vermietete Immobilien (18 Prozent), Einzelaktien (15 Prozent), selbstgenutzte Immobilien (13 Prozent) und Lebensversicherungen (10 Prozent).

Sicherheit etwas wichtiger als Rendite

Beim Risikoprofil bevorzugt die Hälfte der Befragten ein ausgewogenes Verhältnis von Sicherheit und Rendite. Weiteren 30 Prozent ist eine hohe Sicherheit sogar besonders wichtig. Für nur 15 Prozent steht dagegen eine möglichst hohe Rendite im Vordergrund, der Rest nannte keine dieser Optionen. Rund 82 Prozent der Befragten zwischen 16 und 25 Jahren finden eine frühzeitige Altersvorsorge wichtig oder sogar sehr wichtig. Für die übrigen 18 Prozent spielt dies keine große Rolle. 

Über die R+V-Studie:

Die Studie wurde nach Angaben der R+V im Rahmen der „YoungBrandAwards“ auf Basis eines Panels durchgeführt, das bundesweit repräsentativ ist und über 50.000 Teilnehmer umfasst, vor allem junge Erwachsene und junge Familien im Altersbereich von 16 bis 35 Jahren. Die Ergebnisse wurden in einem Online-Voting zwischen Mai und Oktober 2024 erhoben. Die Stichprobengröße betrug insgesamt 13.540 Befragte, wobei für jede Frage mindestens 500 Menschen je Altersbereich befragt wurden.