Fintechrat
Stellungnahme zur Blockchain-Strategie der Bundesregierung
Aktualisiert am
Fintechrat des Bundesministeriums der Finanzen Foto: Bundesministerium der Finanzen / Photothek
Die Bundesregierung entwickelt derzeit ihre Blockchain-Strategie und setzt dazu auch auf die Beratung durch Unternehmen, Verbände und andere Institutionen, um Chancen und Risiken der innovativen Technologie auszuloten.
Token-Ökonomie: Token in Anwendungsfällen der „realen“ Welt
Enormes volkswirtschaftliches Potenzial. Ein zentrales Wertversprechen der Blockchain ist es, reale Güter und Vermögensgegenstände aller Art in digitaler Form rechtssicher verwahrbar und zwischen beliebigen Parteien, auch möglicherweise unter Ausschaltung heutiger Intermediäre, handelbar bzw. transferierbar zu machen. Nach derzeitiger Meinung scheint das Konstrukt des (digitalen) Token ein geeignetes Mittel, dieses Ziel umzusetzen. Dabei repräsentiert der Token den realen Wert bzw. Gegenstand oder immaterielles Recht in der digitalen Welt auf der Blockchain. Im Folgenden werden wir Werte, Gegenstände und immaterielle Rechte, z.B. Immobilien, Automobile, Aktien, Lizenzrechte unter dem Begriff “Wert” subsumieren. Der Besitzer des Tokens hat dabei nichtsdestotrotz alle Rechte und Pflichten, die sich auch aus dem Besitz des entsprechenden Wertes in der realen (nicht digitalen) Welt ergeben würden. Um dies zu gewährleisten, ist es von größter Bedeutung, die Rechtssicherheit der Transformation des „realen“ Wertes in einen Token, zu gewährleisten. Dieser Prozess wird auch Tokenisierung genannt. Verallgemeinert spricht man aus der sich hieraus resultierenden Umsetzung von der Token-Ökonomie.
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Token-Ökonomie: Token in Anwendungsfällen der „realen“ Welt
Enormes volkswirtschaftliches Potenzial. Ein zentrales Wertversprechen der Blockchain ist es, reale Güter und Vermögensgegenstände aller Art in digitaler Form rechtssicher verwahrbar und zwischen beliebigen Parteien, auch möglicherweise unter Ausschaltung heutiger Intermediäre, handelbar bzw. transferierbar zu machen. Nach derzeitiger Meinung scheint das Konstrukt des (digitalen) Token ein geeignetes Mittel, dieses Ziel umzusetzen. Dabei repräsentiert der Token den realen Wert bzw. Gegenstand oder immaterielles Recht in der digitalen Welt auf der Blockchain. Im Folgenden werden wir Werte, Gegenstände und immaterielle Rechte, z.B. Immobilien, Automobile, Aktien, Lizenzrechte unter dem Begriff “Wert” subsumieren. Der Besitzer des Tokens hat dabei nichtsdestotrotz alle Rechte und Pflichten, die sich auch aus dem Besitz des entsprechenden Wertes in der realen (nicht digitalen) Welt ergeben würden. Um dies zu gewährleisten, ist es von größter Bedeutung, die Rechtssicherheit der Transformation des „realen“ Wertes in einen Token, zu gewährleisten. Dieser Prozess wird auch Tokenisierung genannt. Verallgemeinert spricht man aus der sich hieraus resultierenden Umsetzung von der Token-Ökonomie.
Ein bewährtes Konzept in neuem Mantel. Das Konzept der Wertmarke ist kein neues Konzept, doch die Tokenisierung auf Basis der Blockchain verspricht, neue ökonomische Möglichkeiten zu eröffnen und Effizienzpotenziale zu realisieren. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist Geld (d.h., der Euro) auf der Blockchain (siehe unten).
Vorteile durch die Tokenisierung. Vorteile, die aufgrund der Tokenisierung realer Werte gesehen werden, sind u.a.
● Nachvollziehbarkeit des Wertetransfers von Besitzer zu Besitzer;
● Vereinfachung der Transferierbarkeit von Werten und evtl. eine Reduzierung der damit einhergehenden Kosten;
● Erhöhung der Liquidität von handelbaren Werten durch einfachere Teilbarkeit, z.B. wäre es durch die fast beliebige Teilbarkeit von Token u. U. einfacher möglich, kleinere Anteil an Immobilien zu veräußern;
● Die Möglichkeit der Zusammenführung derzeit physisch getrennter Märkte und die sich dadurch eröffnende erhöhte Transparenz aber auch die Möglichkeit der Kreation neuer Produkte.
Kategorisierung der juristischen Problemdimensionen. Rechtliche und regulatorische Fragestellungen, die im Zusammenhang mit Token, der Tokenisierung und des Transfers der Token zu beachten sind, kann man unserer Meinung nach in zwei Kategorien aufspalten:
● Tokencontainer: das Wesen des Tokens ohne Berücksichtigung des zugrundeliegenden Wertes;
● Tokeninhalt: der Wert, der Inhalt, das Recht oder die Sache, der bzw. die durch den Token auf der Blockchain repräsentiert wird.
Beispiel zu Tokencontainer und Tokeninhalt.
Dieses Modell kann am besten mit der Analogie eines Fracht-Containers motiviert werden und ergänzt die zuvor angeführte Beschreibung einer Token-Ökonomie. Die Token-Hülle entspricht dabei dem Container an sich und der Inhalt eines Containers entspricht dem realen Wert, sodass ein beladener Container in Analogie dem hier eingeführten Token entspricht. Die Behandlung eines beladenen Containers setzt sich einerseits aus Regeln und Prozessen für die Hülle des Containers und andererseits aus Regeln und Prozessen für die enthaltene Ladung zusammen. Beispielsweise gibt es Fakten, die sich aus der Tatsache ergeben, dass es sich um einen Containertransport handelt, z.B. Maße des Containers, Transport- und Ladeprozesse. In den standardisierten Ladepapieren wird z.B. auch die Übernahme der Ladung durch den jeweiligen Verfrachter bestätigt. Darüber hinaus gibt es „inhaltsabhängige“ Regeln, so z.B. die für den jeweiligen beladenen Container gültigen Einfuhrbestimmungen.
Elemente einer effizienten Tokenregulierung. Diesem Gedankenmodell folgend, könnte die konsistente und mit den heutigen Gesetzen, Regulierungen und Prozessen maximal kompatible Einführung von Token, und damit die Grundlage einer digitalen Token-Ökonomie, wie folgt aussehen und sich dabei aus zwei wesentlichen Elementen zusammensetzen:
● Allgemeine Regelungen für alle Arten von Token: Regeln, die an die Natur des Tokens als Container anknüpfen, damit Regeln, die für Token aller Art gültige Bestimmungen, Gesetze, Regulierungen, Kontrollanforderungen etc. gelten. Dies betrifft z.B. die Erzeugung von Token(-hüllen), die Tokenisierung realer Werte sowie deren Umkehrprozess (digitale Repräsentationen werden aufgelöst und die Verwaltung der Rechte eines Wertes wird wieder rein in der nicht digitalen Welt vorgenommen), den Transfer von Token zwischen Entitäten auf der Blockchain sowie die Verwaltung und Verwahrung der Token.
● Bestehende Gesetze und Regulierungen: Kapitalmarktrecht und -regulierung (aber auch andere Rechtsbereiche) sollten auf Token entsprechend ihrem Wesen, d.h. in Abhängigkeit des dem Token zugrunde liegenden Wertes (Containerladung) möglichst weitgehend und unverändert angewendet werden. Jedoch sollten, sofern notwendig, Anpassungen vorgenommen werden, um die entsprechende Digitalisierung des Wertes zu ermöglichen und das Gesetz dem Wesen nach auf die digitale Welt zu übertragen. So würden sich z.B. die Vorschriften zur Verwahrung, sofern die “Containerladung" Wertpapieren sind, nach dem Depotgesetz richten.
Erste Eckpunkte für elektronische Wertpapiere. Aus unserer Sicht ist das kürzlich vom Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz veröffentlichte Eckpunktepapier6 mit diesem Modell vereinbar. Dort wird diskutiert, wie elektronische Wertpapiere (Inhaberschuldverschreibungen) in Einklang mit bestehenden Gesetzen erzeugt und in Umlauf gebracht werden können. Dabei werden dezidierte Änderungen der entsprechenden Gesetze (z.B. „[...] die derzeit zwingende urkundliche Verkörperung von Wertpapieren soll nicht mehr uneingeschränkt gelten [...]) diskutiert und auch Vorschläge gemacht, wie wesentliche Aspekte der heutigen Regulierung, z.B. Anlegerschutz, in der digitalen Welt umzusetzen sind, um die entsprechenden heute gültigen Vorgaben zu erfüllen. Das soeben erwähnte Eckpunktepapier enthält auch Vorschläge zur Umsetzung des Verbraucherschutzes für digitale Schuldverschreibungen. Diese Umsetzungsvorschläge fußen konsequenterweise auf den heute gültigen Verbraucherschutzrichtlinien für die im Papier genannten Finanzinstrumente.
Token und Verbraucherschutz. Da zumindest beim Angebot von Token auf Blockchains ohne Zugangsbeschränkung, der Token theoretisch jedermann zugänglich ist und der Verkauf somit einer Art Emission entspräche, wäre im Falle einer Implementierung im Sinne des soeben aufgestellten Token-Modells zu überlegen, ob bzw. welche allgemein gültigen Verbraucherschutzregeln es für Token geben sollte. In Kombination mit den spezifischen Regeln und Vorschriften für elektronische Schuldverschreibungen müsste dann der im oben genannten Eckpunktepapier angestrebte Verbraucherschutz gewährleistet sein. Der bereits genannte Blockchain-Gesetzentwurf aus Liechtenstein hält auf S. 68 dies wie folgt fest: „[...] sind Token-Emittenten verpflichtet, Basisinformationen über die Token zu publizieren und die potenziellen Käufer über die Token korrekt zu informieren [...].“
Trennung zwischen Token und zugrunde liegender Blockchain-Infrastruktur: Wie in den einleitenden Bemerkungen zu diesem Kapitel angemerkt, beinhaltet das Wertversprechen der Blockchain insbesondere die Rechtssicherheit der Tokenisierung und deren Umkehrung, der durch den Token an sich verbrieften Rechte und Pflichten, sowie aller Token betreffenden Prozesse. Dabei zeigen sich aber auch die Grenzen der Trennung zwischen Token und dem Verwaltungssystem des Tokens. Der Token selbst kann nicht für seine Beständigkeit sorgen. Sollte die den Token verwahrende Blockchain kompromittiert werden oder sich gar auflösen, so ist das Token auch betroffen. Ebenso ist ein “double spending” des Tokens nur durch das umgebende System zu verhindern. Dies sind völlig andere Eigenschaften des digitalen Tokens gegenüber einer physischen Urkunde. Insbesondere ist die Sicherheit des Tokens von der Ausgestaltung des Konsensalgorithmus des jeweiligen Blockchain-Systems abhängig. Metriken zur Beurteilung der dynamischen Sicherheit sind unseres Wissens noch nicht existent (siehe auch Kapitel Sicherheit und Zuverlässigkeit).
Lebenszyklus eines Tokens. Zur rechtssicheren Verankerung der Token-Ökonomie scheint es daher notwendig, den Token und den Begriff „Besitz eines Tokens“ rechtlich klar zu fassen und entsprechend die im Lebenszyklus eines Tokens relevanten Prozesse und Informationspflichten zu regulieren. Ein guter Ansatzpunkt lässt sich im Gesetzentwurf aus Liechtenstein finden. Hier sehen wir derzeit die Notwendig-keit der gesetzlichen Verankerung folgender Punkte:
● “Der Token als rechtliches Element zur Verkörperung von Rechten aller Art” (Zitat aus dem Gesetzesentwurf Liechtenstein);
● die für jeden Token verpflichtende Grundinformation;
● Nachweis des exklusiven Besitzes und des Eigentumsübergangs. Hierzu werden in der gegenwärtigen Praxis üblicherweise auf kryptografische private-öffentliche-Schlüssel-basierte Infrastrukturen genannt.
Als entlang dem Token-Lebenszyklus verbundenen zu regulierenden Prozesse sehen wir derzeit
● die Erzeugung bzw. Tokenisierung – technische Erzeugung des Tokens, die Kopplung zur jeweiligen Grundinformation sowie die Kopplung an die vom Token verkörperten Rechte;
● die Emission – öffentliche Ausgabe und Zurverfügungstellung der Token;
● den Transfer – direkter Transfer zwischen Nutzern einer Blockchain (Peer-to-Peer-Transfer), möglicher direkter Transfer zwischen Nutzern durch mögliche dedizierte Dienstleister, Betrieb von Märkten für Token aller Art;
● die Verwahrung – Prozesse und IT-Anwendungen zur sicheren Verwahrung der Token bzw. der entsprechenden privaten Schlüssel (normalerweise außerhalb der Blockchain) sowie Verwahrdienstleistungen.
Maßgeblichkeit des in einem Token enthaltenen Rechts. Die Behandlung eines spezifischen Tokens bzw. einer Tokengattung ergibt sich dem Container-Modell folgend aus den in der Umsetzungsphase zu erstellenden Gesetzen und Regulierungen und den aus dem im Token enthaltenen Recht des Besitzers. Im Zweifel wird das enthaltene Recht die Behandlung des Tokens bestimmen.
6 Siehe “Eckpunkte für die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren und Krypto-Token – Digitale Innovationen ermöglichen – Anlegerschutz gewährleisten” vom 7. März 2019 (Bundesministerium der Finanzen, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz).
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