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Fintechs – sinnvoller Support oder unliebsame Konkurrenz? „Roboadvice wird kommen und bleiben“

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Stichwort Roboadvice: Inwieweit stellen die Fintechs eine echte Gefahr bzw. Alternative für die traditionellen Vertriebswege der Finanzdienstleistung dar?

Roboadvisors wollen dadurch überzeugen, dass die Anleitung zur klugen Geldanlage extrem einfach, transparent und verständlich ist. Das sogenannte User Interface spricht die Sprache des Kunden und integriert sich reibungslos in den Alltag und die individuellen Gewohnheiten. Und weil sie durchgängig automatisiert sind, sind die Angebote günstig. Fast alle Roboadvisor haben zudem gemein, dass sie nicht auf den Verkauf einzelner Wertpapiere ausgerichtet sind, sondern die Kunden hin zu sauberen und breit gestreuten Portfolien leiten. Damit verfolgen sie das sinnvolle Credo ‚matching people with portfolios’. Der einfache Anlageprozess – häufig ausgerichtet an konkreten Anlagevorhaben – hat zudem den wichtigen Nebeneffekt, dass Anleger mit der Zeit das Zusammenspiel von Rendite und Risiko lernen und wie sie über Anpassung von Sparverhalten und Zeithorizont Ziele besser erreichen. Zielorientierung und Fokus auf Höhe und Risiko der Gesamtanlagen kommt bei konventionellen Angeboten zu kurz.
 
Der Roboadvisor nimmt den klassischen Vertriebswegen also Marktanteile ab?

Ja und nein. Es ergeben sich Chancen für die Branche, weil neue Kundensegmente an das Wertpapiersparen herangeführt werden. Die Zugangshürden und die Angst bei vielen Sparern, auf den Kapitalmärkten etwas falsch zu machen, werden durch Roboadvisor gesenkt. Chancenreich ist auch das Experimentieren im Kundendialog. Roboadvisor testen permanent, wie Kunden in ihren Entscheidungen ideal angeleitet und durch gezielte Versorgung mit  relevanten Informationen unterstützt werden können. Da können sich auch Berater einiges abschauen, etwa beim Thema Zielsparen und perspektivisch bei der Verzahnung von Vermögensaufbau mit Altersvorsorge und Liquiditätsmanagement. Auch die Sprache wird permanent überprüft und verfeinert. Welche Darstellungen sind für Kunden verständlich, wie stellt man Wertschwankungen dar? Dabei entwickeln sich schnell erprobte Standards über Fintechs hinweg, die sich übernehmen lassen.

Und die Gefahren?

Es ist verfehlt zu denken, Roboadvice sei zu standardisiert und kann nicht den jeweils individuellen Kundenbedürfnissen gerecht werden. Erstens sind die Bedürfnisse bei der Geldanlage vor allem in den unteren Kundensegmenten gar nicht so individuell. Meist geht es um die Frage, wie überschüssige Mittel mit dem passenden Risikoprofil breit gestreut und günstig angelegt werden und wie das Sparverhalten über die Zeit anpasst werden soll. Zweitens arbeiten bereits heute viele Banken mit Musterportfolien, Produktlisten und standardisierten Beratungsprozessen. De facto erfolgt auch beim persönlichen Berater wenig Individualisierung – und das ist auch richtig so. Glücklicherweise sind die Zeiten vielerorts vorbei, in denen ein Kunde bei verschiedenen Beratern derselben Bank unterschiedliche Empfehlungen erhielt.

Wie wird sich Roboadvice weiter entwickeln?

Wir stehen erst am Anfang des Roboadvice. Je ausgefeilter die Systeme werden und je mehr sie mit den Kunden lernen, umso besser können sie auf spezielle Erfordernisse eingehen und zum Beispiel die volle persönliche Bilanz berücksichtigen, individuelle Risikoprofile dynamisch abbilden und im richtigen Zeitpunkt Sparimpulse setzen. Es gibt Kunden, die vollständig auf Roboadvice vertrauen werden. Es wird aber auch solche geben, die zwar die Technologie für sich arbeiten lassen wollen, aber lieber einen Berater dazwischenschalten. Interessant wird die Kundengruppe sein, die mittels Roboadvice erstmals kleine Summen in Wertpapiere investieren und später bei größeren Summen die Entscheidungen an ihren persönlichen Berater delegieren.

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