Geschichte wiederholt sich bekanntlich nicht. Aber reimt sie sich? Noch ist es zu früh, das mit Sicherheit zu sagen, zumindest mit Blick auf die Entwicklung der Zinsen und der Inflation. Doch Bert Flossbach, Mitgründer der Kölner Fondsboutique Flossbach von Storch und Fondsmanager des mehr als 36 Milliarden Euro schweren Fonds „Multiple Opportunities“, ist lang im Geschäft und mahnt mit einem Blick zurück in die Geschichte: In den späten 70ern, frühen 80ern herrschte ein Zinsniveau von 20 Prozent, die Leitzinsen der Fed lagen damals bei bis zu 15 Prozent. „Das waren Inflationsraten, die nochmal ein Stockwerk über dem lagen, was wir jetzt sehen.“

Doch nicht nur die Höhe der Inflation war damals bemerkenswert, sondern auch ihr Verlauf. Anfang der 70er stieg die Inflationsrate rasant von etwa 3 auf 12 Prozent. Damals war Arthur Burns Chef der US-Notenbank. Er erhöhte die Leitzinsen kräftig, senkte sie aber ebenso rasch, als die Inflation nachgab. Im Rückblick betrachtet ein Fehler: Nachdem die Inflationsrate 1977 knapp unter 6 Prozent rutschte, zog sie 1978 umso stärker wieder an. In der Spitze lag sie im Anschluss bei über 14 Prozent.

Vergleich der historischen Inflationsraten in den USA
Vergleich der historischen Inflationsraten in den USA © Flossbach von Storch

Es ist ein Szenario, welches auch Jerome Powell kennt und unter allen Umständen verhindern möchte. „We keep at it until the job is done“, sagte er neulich in Jackson Hole. Man werde so lange den Kurs beibehalten, bis die Arbeit erledigt sei. Womöglich geht das zu Lasten der Unternehmen, die weiter unter der Zinslast ächzen. Bert Flossbach kann Powells Entscheidung jedoch nachvollziehen. „Powell irrt lieber auf der für ihn besseren Seite“, erklärt Flossbach im Rahmen eines Presse-Roundtables. „Er hat gesagt, es wird wehtun.“ Und bislang sei die viel beschworene Rezession immer noch nicht eingetreten.

Anleihen von Volkswagen und JP Morgan im Portfolio

Die neue Zinswelt dürfte also noch eine Weile bleiben. Und so verwundert es nicht, dass sich auch Bert Flossbach mit Anleihen auseinandersetzt. Wieder, muss man sagen. Denn lange Zeit suchte man Bonds vergebens im Portfolio des Multiple-Opportunities-Flaggschiffs, der lediglich aus Aktien und Gold bestand. Nun finden sich dort zu immerhin 17 Prozent Anleihen. Und sollte sich das Renditeumfeld weiter verändern, ist Flossbach auch nicht abgeneigt, diese Position noch weiter auszubauen, wie er auf Nachfrage erklärte.

Die ersten Schritte in diese Richtung machte der Fondsmanager bereits im vergangenen Herbst, als er begann, in Hybridanleihen mit attraktiven Verzinsungen zu investieren, insbesondere in Papiere von Volkswagen. Zudem investierte er in US-Staatsanleihen und kaufte die ersten zehnjährigen Treasuries bei einer Rendite von 4,9 Prozent. Auch Unternehmensanleihen der Großbank JP Morgan mit einer Laufzeit bis 2029 und einer Rendite von 6,3 Prozent wurden dem Portfolio hinzugefügt.

Fern hält sich Flossbach jedoch von Hochzinspapieren (High Yield) minderer Qualität. Zwar locken diese mit hohen Renditen, das Verhältnis von Risiko und Ertrag sei jedoch nicht attraktiv. Er konzentriere sich stattdessen auf Qualität.

Tech-Konzerne: Hohe Bewertungen gerechtfertigt?

Auch bei Aktien setze er auf namhafte Qualitätstitel. Mit Apple, Microsoft, Alphabet und auch Amazon ist Flossbach in einige Titel der sogenannten Magnificent Seven investiert, welche dieses Jahr beinahe im Alleingang den S&P 500 befeuerten. Deren Anteil liegt im Multiple Opportunities derzeit bei 8 Prozent.

Zwar sind die Bewertungen einiger Tech-Titel in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen - das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Apple und Microsoft liegt über 30, das von Amazon sogar über 40 - , die Qualität der Unternehmen ist es jedoch auch, führt Flossbach weiter aus. In Zeiten wie diesen würden zudem viele Privatanleger in diese Unternehmen investieren, entweder direkt oder über ETFs. Deshalb sieht Flossbach noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht: „Es kann alles noch viel weiter gehen als jetzt.“

 

Mischfonds unter Druck

Attraktive Aktien, die Zinsen sind zurück, Gold ist nah am Rekordhoch, Immobilien gibt es wieder günstig, Cash bringt ebenfalls Geld – als Multi-Asset-Manager müsste man derzeit eigentlich viel Freude haben. Schließlich gibt es wieder mehr Knöpfe, die man drücken kann als beim bewährten 60/40-Portfolio.

„Die Ironie ist jedoch, dass echtes Multi Asset, also nicht nur Aktien und in unserem Fall vielleicht noch Gold, sondern auch wieder Bonds, der Klasse der Mischfonds nicht zugute kommen“, so Flossbach.

Um zu verstehen, was er meint, muss man sich nur die Absatzzahlen anschauen. Im September 2023 verzeichneten einer Morningstar-Auswertung zufolge europäische Fonds erhebliche Kapitalabflüsse. Vor allem Aktien- und Rohstofffonds stehen unter Druck. Der Trend geht auch an der erfolgsverwöhnten Kölner Fondsschmiede nicht vorbei, gibt Flossbach zu. „Wenn wir alle Strategiefonds zusammenrechnen, verzeichnen wir in diesem Jahr Abflüsse von zwei Milliarden Euro“, so Flossbach. „Auf der Bond-Seite hatten wir jedoch Zuflüsse in Höhe von einer Milliarde Euro, bei Aktien weitere 250 Millionen.“

Der Mischfonds als solcher steht somit unter Druck. „Ich verstehe das auch“, so Flossbach. „Alle – auch wir – hatten keine so gute Performance, dass man über die Zinsen hinweggucken konnte.“