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Bahnbrechendes Anlageinstrument:

Mitte der 1920er-Jahre boomte die US-Wirtschaft, und die Aktienkurse stiegen auf immer neue Allzeithochs. Die Goldenen Zwanziger waren eine Zeit voller Optimismus, Euphorie und Innovationen. „Was werden sie sich als Nächstes ausdenken?“ Diese Frage hörte man ebenso oft wie die Geschichten von Menschen, die schnell reich geworden waren. Viele fragten sich daher, ob ihnen das auch gelingen könnte.
Aber für amerikanische Durchschnittsfamilien war der kaum regulierte US-Aktienmarkt ein Minenfeld. Die damals üblichen geschlossenen Fonds, die beliebtesten gemeinsamen Geldanlagen, waren nicht immer seriös, und nicht selten geriet das schwer verdiente Geld in Gefahr. Manche Investmentmanager setzten gezielt auf das Unwissen unerfahrener Anleger. Sie verkauften sogenannte spekulative Beteiligungen. Auf den ersten Blick schienen sie interessant, waren aber hochriskant und am Ende oft wertlos. Die Fondspositionen wurden nicht offengelegt, sodass man letztlich kaum erfahren konnte, was die Anteile wirklich wert waren.
Wer in einen solchen geschlossenen Fonds investierte, war kein direkter Eigentümer der Wertpapiere. Kleinanleger, die ihre Anteile wieder verkaufen wollten, mussten dazu jemanden finden, der sie übernahm. Eine Rückgabe an den Fonds war nicht möglich. Wegen der schwachen Regulierung hatten die Käufer der Anteile kaum einen Anreiz, einen fairen Preis zu zahlen. Und das war noch längst nicht alles: Viele Fondsmanager liehen sich Geld für den Kauf spekulativer Aktien, und manchmal beteiligten sie sich sogar an anderen spekulativen geschlossenen Fonds.
Edward Leffler, einer der ersten Treuhänder von MFS, wusste, dass solche Fonds großen Schaden anrichten können. Ihm schwebte daher ein transparenteres und ethischeres Anlagevehikel vor: Ein Fonds, der zusätzliche Anteile ausgeben könnte, wenn neue Investoren Interesse zeigten. Noch wichtiger schien ihm aber, dass die Investoren ihre Anteile jederzeit an den Fonds zurückgeben können – und zwar zu einem fairen Preis, der dem Wert der Fondspositionen entspricht. Bei geschlossenen Fonds war das nicht so. Oft unterschieden sich die Verkaufspreise vom Marktwert der Positionen, sodass sie oft viel zu teuer waren. Lefflers Anlagevehikel sollte Durchschnittsbürgern und ihren Familien finanzielle Sicherheit ermöglichen.
Leffler hatte früher Einzelwerte verkauft. Bei seinen Gesprächen an den Küchentischen der Kunden war ihm bewusst geworden, dass es „kein solides Anlagevehikel“ gab, mit dem es einfache Bürger „finanziell zu etwas bringen“ konnten. Er war daher entschlossen, eine stabilere und demokratischere Investmentplattform zu gründen. Sie sollte nicht nur langfristig erfolgreich sein, sondern auch das Leben der Menschen verändern.
Lefflers Idee, dass man Fondsanteile jederzeit zurückgeben kann, war revolutionär. Er wusste aber, dass er Hilfe brauchte, um daraus ein funktionierendes Finanzprodukt zu machen. Drei Jahre lang stieß seine radikale Idee aber überall auf Ablehnung. Dann besuchte er die kleine Bostoner Brokerfirma Learoyd, Foster & Co. Charles H. Learoyd und Hatherly Foster Jr. waren sofort daran interessiert, aus Lefflers Idee ein ausgereiftes Anlagevehikel zu machen. Am 21. März 1924 gründeten die drei den Massachusetts Investors Trust (MIT).
Tatsächlich unterschied sich das MIT-Konzept sehr von dem für die mittleren 1920er-Jahre typischen kurzfristigen Denken. Der Fonds war kostengünstig, da die Anteile nicht mit einem Aufschlag gegenüber dem Marktwert verkauft wurden. Außerdem bot er Kleinanlegern professionelles aktives Management. Statt die riskanten Positionen geschlossener Fonds zu kaufen, erwarb man Aktien sicherer etablierter Unternehmen, etwa aus den Sektoren Eisenbahnen und Versorger – und das bei einer niedrigen Mindestanlagesumme, die viele Menschen aufbringen konnten. MIT bot Durchschnittsinvestoren eine Liquidität, die zuvor niemand anzubieten gewagt hatte.
MIT war nicht nur der erste Fonds von MFS, sondern auch der erste offene Investmentfonds der USA. Dieses bahnbrechende Produkt war die Geburt der Fondsbranche, wie wir sie heute kennen und die Millionen von Menschen finanzielle Sicherheit gibt.
Heute, ein volles Jahrhundert nach seiner Gründung, lebt MIT weiter – eine radikale Innovation, aus der eine Branche mit 56,2 Billionen US-Dollar Volumen entstanden ist und die unser Leben wirklich verändert hat.
- Den Originaltext mit Quellennachweisen finden Sie hier.