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in Global denken, global handelnLesedauer: 4 Minuten

Fondsmanager-Analyse 6 Fragen zu den Turbulenzen bei Schwellenländer-Aktien

Laurent Saltiel, Chief Investment Officer – International Large Cap Growth and Emerging Markets Growth bei AB (links) und Sergey Davalchenko, Portfolio Manager – International Large Cap and Emerging Markets Growth bei AB.
Laurent Saltiel, Chief Investment Officer – International Large Cap Growth and Emerging Markets Growth bei AB (links) und Sergey Davalchenko, Portfolio Manager – International Large Cap and Emerging Markets Growth bei AB.
Es war ein denkbar schlechter Start ins neue Jahr für Aktien aus den Emerging Markets. Wenn man als Anleger jedoch die langfristigen Trends im Auge behält, kann man unserer Ansicht nach mit angemessener Zuversicht weiterhin in dieser Assetklasse investiert bleiben.

Anleger in den Emerging Markets sind zurecht beunruhigt. Nach drei Jahren ununterbrochener Verluste gab der MSCI Emerging Markets Index in den sechs Wochen des Jahres 2016 um weitere 8,4 Prozent nach (in US-Dollar), und untertraf damit Aktien aus den Industrieländern. Doch obwohl Sorgen um China, die Politik der US-Notenbank und Rohstoffpreise die Volatilität anheizen, sollten die Antworten auf die folgenden Fragen den Blick wieder auf das große Ganze richten.

1. Warum sollte ich mich mit Schwellenländeraktien befassen?

Das Wirtschaftswachstum in den Emerging Markets lässt nach. Dennoch wachsen diese Volkswirtschaften weit schneller als jene der Industrieländer. (Diagramm, links). Die Bewertungen hingegen sind bei Schwellenländeraktien im Vergleich zu den entwickelten Märkten niedrig. (Diagramm, rechts). Auch können Anleger in den Schwellenländern Branchen mit erheblichem Wachstumspotenzial für die kommenden 10-20 Jahre finden. In den Industrieländern sind eben diese Branchen bereits in einem reifen Stadium und wachsen nur noch langsam. So wachsen etwa Finanzdienstleistungen, der private Bildungs- und Gesundheitssektor in den Emerging Markets rapide von einem niedrigen Niveau aus, angetrieben von langfristigem sozialen und wirtschaftlichen Wandel.



2. Sollte ich China komplett meiden?


Auf keinen Fall. China durchläuft tiefgreifende Veränderungen, die oft missverstanden werden. Die aktuelle konjunkturelle Abkühlung wirkt sich auf traditionelle Wachstumsbereiche aus, darunter Export, Industrie und Rohstoffe. Andererseits aber hält sich der private Konsum relativ gut, und das Wachstum in neuen Segmenten wie Internet und private Bildung ist weiterhin hoch. In einigen Bereichen des Dienstleistungssektors, wie etwa Schnellrestaurants oder Autovermietung, ist die Verbreitungsrate noch immer gering, und die langfristigen Wachstumschancen groß.

Die Währungssituation hat den Ausblick eingetrübt. Wir glauben jedoch, dass die Regierung strategische Anreize und Maßnahmenpakete zur Verfügung hat, um eine plötzliche und rapide Abwertung jenseits von 10 Prozent zu vermeiden. Denn dies würde unseres Erachtens die Pläne zur Überleitung der Wirtschaft in Richtung des privaten Konsums aus der Bahn werfen und damit Chinas Wandel zu einem Industrieland verzögern.

3. Welche Auswirkungen hat die Zinsanhebung der Fed?

Die Schwellenländer haben gegenwärtig weit weniger Auslandsschulden als während der Asienkrise 1997. Daher denken wir, dass eine schrittweise Anhebung der Zinsen durch die Fed relativ geringfügige Auswirkungen auf das Wachstum in den Emerging Markets haben wird. Darüber hinaus haben die meisten Investoren sich bereits in Erwartung der Zinssteigerungen entsprechend positioniert. Zwar wird das zyklische Wachstum beeinträchtigt sein, aber wir erwarten im Allgemeinen, dass das strukturelle Wachstum – welches die größten Chancen bietet – intakt bleiben wird.

Selbstredend werden die Aktionen der Fed die Kapitalströme beeinflussen. So könnte etwa eine Verkaufswelle in Schwellenländeranleihen zu einem Anstieg der Renditen führen. Zudem könnte ein weiteres Erstarken des US-Dollars einen Run auf die Währungen auslösen. Die Anleger sollten also wachsam bleiben.

4. Sind Schwellenländer stärker von fallenden Rohstoffpreisen betroffen?


Nicht unbedingt. Während Rohstoffexporteure wie Russland sicher leiden, sind die meisten asiatischen Länder Nettoimporteure von Rohstoffen. Länder, die Rohstoffe per Saldo einführen machen mehr als 65 Prozent des MSCI Emerging Markets Index aus und profitieren von niedrigen Rohstoffpreisen. Diese helfen bei der Reduzierung der Inflation und der Zinsen in Ländern wie Indien und Südkorea.

5. Welche Länder bieten heute die besten Chancen?

Wir glauben, dass fundamentale Titelauswahl die Ländergewichtung bestimmen sollte – und nicht umgekehrt. Dennoch lässt sich sagen, dass Indien attraktiv ist: niedrigere Zinsen schaffen Chancen im Finanzsektor und bei den Gebrauchsgütern. Indonesiens wirtschaftliche Verbesserungen spiegeln sich noch nicht in den Aktienkursen wieder. Peru haben die meisten Anleger nicht auf dem Schirm, obwohl der aufkeimende Finanzsektor des Landes spannend ist. Vorsicht ist hingegen in Brasilien angebracht: die politischen und volkswirtschaftlichen Risiken dort sind zu unvorhersehbar, um sie in eine fundamentale Aktienanalyse einbeziehen zu können.

6. Was ist heute die vielversprechendste Herangehensweise an Schwellenländeraktien?

Erstens sollte man in Unternehmen investieren, die von langfristigen Wachstumstrends profitieren und kurzfristige Turbulenzen überstehen können. Zweitens sollte man sich Volatilität zunutze machen: oft entstehen daraus Einstiegschancen bei Unternehmen mit soliden Bilanzen, deren Aktienkurse jedoch fehlbewertet sind. Drittens sollte man aktiv bleiben. Die Anlage in einen Emerging-Markets-Index führt den Anleger in riskante zyklische Aktien und hochverschuldete Firmen, die anfällig für steigende Zinsen sind. Aktive Manager können solchen Problembereichen aus dem Weg gehen und sich stattdessen jenen Unternehmen zuwenden, die in der Lage sind hohe Erträge in einer Erholung zu erwirtschaften.

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