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Fondsmanager Guido Barthels im Interview „Glauben Sie mir, auch die EZB hat Grenzen“

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Warum dieser Korridor? Trauen Sie sich komplette Flexibilität nicht zu?

Barthels: Doch, das schon. Aber wir wollen mit dem Produkt den Markt für ausgewogene Anlagen bedienen. Und eine Aktienquote von 100 Prozent ist nicht mehr ausgewogen. Wobei man fairerweise dazusagen muss, dass rein risikotechnisch die Aktie von heute die Rente von früher ist, und umgekehrt.

Das sehen andere Marktteilnehmer anders.

Barthels: Die liegen falsch. Wenn Sie heute eine Anleihe ganz klassisch, also währungsgesichert kaufen, kriegen Sie nur noch Renditen knapp über null oder sogar darunter. Wenn Sie eine Fremdwährungsanleihe kaufen und die Währung über ein Währungstermingeschäft absichern, liegt die Rendite nach Kosten sogar noch niedriger als bei der Bundesanleihe.

Machen Sie sowas?

Barthels: Natürlich nicht.

Dann brauchen Sie einen Ersatz für die Anleihen.

Barthels: Korrekt! Wir machen das inzwischen ähnlich wie bei internationalen Aktien: Wir sichern das Währungsrisiko nicht mehr ab. Wir sind der Meinung, dass Währungen langfristig ein Nullsummenspiel sind. Sie halten sich immer wieder die Waage. Hinzu kommt der Fakt, dass der Euro nur ein politisches Konstrukt ist. Ich bin ein wirklich großer Fan des Euro, aber er ist ökonomisch nicht sonderlich sinnvoll. Es gibt keine Fiskalunion, und einige Wirtschaften werden nur mitgeschleppt.

Meinen Sie das Land, das aussieht wie ein Stiefel?

Barthels: Ich denke schon. Und solange das der Fall ist, wird der Euro nie so stark wie D-Mark, Gulden oder Schilling früher mal. Das heißt, dass es aus Eurosicht gar nicht so riskant ist, in einen gut verteilten Korb aus Anleihen in anderen Währungen zu investieren. Kanadische Dollar, US-Dollar, Norwegische Kronen und so weiter. Die Renditen liegen höher als hier, und die Währungen bringen wahrscheinlich noch zusätzliche Gewinne.

Aber ein Spezialist sollte schon noch auf die Währungen achten, finden Sie nicht?

Barthels: Nein, wir haben beschlossen, sie weitgehend zu ignorieren. Am Optionsmarkt kann man über die sogenannte Strangle-Taktik fortlaufend zusätzliche Optionsprämien einfahren, solange sich die Währungen in Korridoren bewegen. Und das ist meistens der Fall. Wir reden hierbei über 50 bis 100 Basispunkte Zusatzertrag im Jahr. Das ist nicht die Welt, aber es hilft.

Und wenn die Kurse aus dem Korridor ausbrechen?

Barthels: Sichern wir mit Optionen auf solche extremen Bewegungen ab. Das kostet ein bisschen Rendite, aber nicht viel.

Welche Ratings kommen für Anleihen infrage?

Barthels: Unter A fasse ich zurzeit nichts mehr an. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir einen massiven Kollaps bei Unternehmensanleihen bekommen.

Aber doch nur bei Hochzinsanleihen.

Barthels: Nein, auch bei Investmentqualität. Der Markt ist wahnsinnig heiß gelaufen, auch über die Anleihe-ETFs, die extreme Volumen vor sich her schieben.

Die Zentralbank wird einen Kollaps nicht hinnehmen und uns alle rauspauken.

Barthels: Zu einem gewissen Teil. Aber wenn der Markt mal richtig abstürzt, kann selbst die EZB nicht mehr viel machen.

Die kauft einfach alles auf, was keiner mehr will.

Barthels: Kann sie nicht.

Kann sie doch.

Barthels: Sie muss ja jetzt schon die Regularien ändern, um Hochzinsanleihen kaufen zu können. Nein, glauben Sie mir, auch die EZB hat Grenzen. Wir befinden uns in einer gewaltigen Anleiheblase, die die EZB jetzt sogar noch weiter aufpumpt. Damit setzt sie Fehlanreize, dass sich Staaten und Unternehmen noch weiter verschulden und nicht auf ihre Finanzen achten. Und ich habe große Angst, dass die Blase platzt.

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