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Fondsmanagerin über Trends an Anleihemärkten „Banken sind Teil der Lösung dieser Krise – nicht das Problem“

Eve Tournier, Leiterin des europäischen Portfoliomanagements für Unternehmensanleihen bei Pimco: „Im Vergleich zu anderen Branchen sehen wir im Finanzbereich vielversprechende Bewertungen.“
Eve Tournier, Leiterin des europäischen Portfoliomanagements für Unternehmensanleihen bei Pimco: „Im Vergleich zu anderen Branchen sehen wir im Finanzbereich vielversprechende Bewertungen.“ | Foto: Pimco

Frau Tournier, wie schätzen Sie die aktuelle Marktlage ein? Sind die Anleger zu optimistisch?

Eve Tournier: Nach der schärfsten, aber auch kürzesten Rezession der Neuzeit geht es für die Weltwirtschaft bereits wieder bergauf. Wir gehen aber weiterhin von einer ungleichmäßigen Erholung aus. In den meisten westlichen Volkswirtschaften wird die Wirtschaft ihr Vorkrisenniveau wahrscheinlich nicht vor 2022 erreichen.

Was bedeutet das für Investoren?

Tournier: Investoren stehen vor der Herausforderung, ihr Portfolio einem Umfeld anzupassen, in dem die Vermögenspreise sich zunehmend von der Realwirtschaft abkoppeln. Außerdem ist weiter unklar, wie lange die Corona-Pandemie uns noch beschäftigen wird. Unsere Analyse legt aber nahe, dass die Bewertungen von Risikoanlagen nach Bereinigung um die Unterstützung durch Regierungen und Zentralbanken und unter der Annahme einer allmählichen wirtschaftlichen Erholung in etwa fair sind.

Allerdings lässt sich schwer einschätzen, wie es in den kommenden zwölf Monaten weitergeht. Viele Szenarien sind denkbar. Eine breite Streuung des Portfolios ist daher entscheidend. Wir setzen auf Widerstandsfähigkeit und wollen – in unterschiedlichen Erholungsszenarien – gute risikobereinigte Renditen erzielen. Vorsichtig sind wir bei stark fremdfinanzierten und zyklischen Emittenten und Branchen.

Mit Ihrem Fonds Pimco Diversified Income setzen Sie neben Unternehmens- auch auf Schwellenländeranleihen. Ist das nicht gerade jetzt riskant?

Tournier: Es gibt durchaus Chancen in Schwellenländern, auch wenn die Anleihen nach der Erholung im ersten Quartal insgesamt hinter den Hochzinsanleihen zurückgeblieben sind. Dennoch halten wir uns in diesen Märkten derzeit zurück. Unsere Benchmark besteht zu jeweils einem Drittel aus globalen Anleihen mit Investment Grade, Hochzinsanleihen der Industrieländer sowie Staatsanleihen und Quasi-Staatsanleihen aus Schwellenländern. Im Vergleich dazu sind wir in aufstrebenden Ländern untergewichtet. Wirtschaftliche Unsicherheit und der niedrige Ölpreis üben zunehmend Druck auf diese Volkswirtschaften aus, die oft vom Ölexport und Tourismus abhängig sind. Um Risiken zu vermeiden, konzentrieren wir uns daher auf Emittenten mit starken Fundamentaldaten und guter Bonität.

Etwa 15 Prozent des Fondsvolumens liegen in Bankenanleihen. Warum setzen Sie so stark auf diese Branche?

Tournier: Im Vergleich zu anderen Branchen sehen wir im Finanzbereich vielversprechende Bewertungen. Hinzu kommt der Trend zu höheren Liquiditäts- und Kapitalniveaus bei Banken, Bilanzrisiken werden gemindert. Die verbesserten Fundamentaldaten haben auch dazu geführt, dass Kreditinstitute nun eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Krise spielen: Weltweit sollen sie mit von Regierungen aufgelegten Programmen die Wirtschaft ankurbeln. Dadurch erhält auch die Branche selbst Zugang zu umfangreicher Unterstützung. Banken sind Teil der Lösung dieser Krise und nicht – wie 2007 und 2008 – das Problem.