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Aktualisiert am 30.10.2019 - 22:10 Uhrin EuropaLesedauer: 8 Minuten

Frank Fischer im Interview „So gut waren wir noch nie“

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Haben Sie alle verlustreichen Investments mittlerweile verkauft?

Fischer: Bei der Telecom-Italia-Aktie habe ich entschieden, den größten Teil der Verluste mitzunehmen und stattdessen in neue Ideen zu investieren. Viele Investments halten wir aber weiterhin, weil die Investment-Idee noch valide ist. Ich weiß: Wir haben die richtigen Leute, haben die richtige Strategie, und der Wert wird sich auch erholen. Zum Beispiel Sixt Leasing. Sie standen bei 18 Euro, jetzt sind sie bei unter 12. Oder Washtec: Die Aktie stand bei 86 Euro und ist jetzt bei unter 50. Wir haben an der Kursspitze einige Aktien verkauft, aber im Nachhinein betrachtet nicht genug. Die Firmen haben Aufholpotenzial. Wie überhaupt der ganze Value-Bereich.

Wie stellen Sie sicher, dass Ihnen in Zukunft nicht wieder Fehleinschätzungen unterlaufen wie im Herbst 2018?

Fischer: Wir haben verschiedene Indikatoren in neuen Modellen zusammengeführt und zum Beispiel ein Langfrist-Modell für Aktien entwickelt. Das zeigt uns, wann welche Aktienquote für uns angebracht ist. Wir haben auch ein umfangreiches Backtest-System entwickelt, um prüfen zu können, welche Indikatoren überhaupt funktionieren. Was schlecht funktioniert, fliegt raus, was gut funktioniert, übernehmen wir. 

Haben Sie das 2019 auf den Weg gebracht?

Fischer: Nein, damit beschäftige ich mich seit 2009 und setze es in Mandaten seit 2010 ein. Wir haben aber mit viel Entwicklungsaufwand jetzt alles auf ein komplett neues Niveau gehoben.

Seit wann genau?

Fischer: Wir arbeiten seit zwei Monaten mit unserem neuen Backtest-System. Die Modelle werden laufend überprüft und angepasst. Wir haben bisher ein Modell für das Währungspaar Euro/US-Dollar und eines für Aktien – jetzt werden wir noch eines für die Rentenmärkte erstellen. Und ein Gold-Modell. Auf diese Weise können wir alle unsere Entscheidungen auf Basis der Indikatoren überprüfen.

Ist gar kein Bauchgefühl mehr dabei?

Fischer: Bauchgefühl ist immer dabei. Die Welt ist so komplex, dass wir Entscheidungen nicht einfach einem System überlassen können. Der nächste Trump-Tweet kann wieder in eine andere Richtung gehen. Wir können nur mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten. Die Indikatoren sind sozusagen die Leitplanken und zeigen uns, worauf wir achten müssen.

Haben Sie bei der Korrektur im Herbst 2018 gegen bestimmte Signale gehandelt?

Fischer: Ein sehr interessantes Signal hatte ich leider gar nicht bekommen. Es nennt sich Hindenburg-Omen. Es zeigt an, dass der Markt zwar noch von wenigen Aktien getrieben wird, es aber unter der Haube rumort: Die Nebenwerte sacken ab, nur Standardwerte gehen noch nach oben. Das Hindenburg-Omen hätte Investoren im September 2018 angezeigt, dass die Marktlage schwierig wird. Nach den Sentiment-Faktoren sah jedoch alles gesund aus. Jetzt haben wir ein Modell, das hier Alarm schlagen würde. Das Signal kam in diesem August übrigens schon einmal wieder. Es kann allerdings unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Fehlsignal sein, und diesmal war es so. Wir haben das Portfolio abgesichert, den Hedge dann aber wieder aufgehoben.

Machen Sie noch etwas anders als noch vor einem Jahr?

Fischer: Wir hatten unseren Mitarbeitern mehr Freiraum für autonomere Entscheidungen gelassen. Wir wollten stärker dezentral arbeiten, um unsere Kapazitäten besser zu nutzen und schneller reagieren zu können. Mit dem Ergebnis war ich nicht immer zufrieden. Ich habe deshalb entschieden, selbst wieder stärker in einzelne Prozesse hineinzugehen. Und auch neue Prozesse zu etablieren. Mein Team beleuchtet jetzt gemeinsam jede einzelne Aktie mit allen Risiken. Damit wir genau wissen, dass wir Chancen nicht überschätzen und Risiken genau verstehen.

Herrscht jetzt also weniger Demokratie bei Ihnen?

Fischer: Demokratie hat bei uns noch nie geherrscht! Fondsmanagement ist kein basisdemokratischer Prozess. Wir haben einen Teamansatz. Ich federe jetzt wieder mehr ab, setze Impulse und übe mehr Kontrolle aus. So wie ich es in der Vergangenheit auch gemacht habe. Die Performance-Hänger lassen wir hinter uns liegen. Und dann geht es weiter. Wir haben auf jeden Fall gute Unterstützung vonseiten der Federal Reserve und der EZB. Die Bazooka und die dicke Berta sind wieder voll im Einsatz, es gibt viel Liquidität. Das Geld schiebt – mit zeitlicher Verzögerung – immer die Wirtschaft an.