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Franklin-Templeton-Experte im Gespräch: „Wir wollen mehr als ESG“
DAS INVESTMENT: Welche wichtigen Entwicklungen erwarten Sie in den kommenden Monaten?
Peter Gorynski: Es wird gerade wegen der vielen globalen Krisen entscheidend sein, dass wir mit unseren Beratern in engem Austausch stehen. Gefühlt waren Anleger nie zuvor derart verunsichert, und Berater brauchen das Wissen und das argumentative Rüstzeug, um in ihren Kundengesprächen Fakten schaffen zu können.
Vier Themen sehen wir 2024, aber auch darüber hinaus als vielversprechend an. Künstliche Intelligenz bleibt ein treibendes Thema, bei dem es um deutlich zweistellige Wachstumsraten geht und Unternehmer und Privatanleger entsprechend dran bleiben wollen und nach Investmentmöglichkeiten suchen. Wir als US-Firma im Silicon Valley können direkt von unseren Gesprächen mit Start-ups berichten und Anlagemöglichkeiten aufzeigen.
Wir sehen KI als große Chance angesichts des demographischen Wandels und Fachkräftemangels. KI ist für uns eine Grundlagentechnologie, die mit anderen Technologien wie Robotik oder Cloud Computing gemeinsam funktionert. Daher haben wir keinen einzelnen KI-Fonds, sondern Aktienstrategien wie den Franklin Technology, der sich auf den technologischen Wandel mit allen spannenden Teilbereichen wie KI oder Robotik fokussiert. Zudem werden wir bei Franklin Templeton KI in der Kundenansprache nutzen und beispielsweise unserer Marketingunterlagen weiter individualisieren.
Und welche Top-Themen meinen Sie noch?
Gorynski: Anleihen sind wieder en vogue. Anleihen hatten ein sehr schwieriges Jahr 2022 und auch 2023 war nicht wie erwartet. Schaut man sich aber die aktuellen Portfoliokennzahlen von globalen oder europäischen Anleihestrategien mit den aktuellen Renditeerwartung im Vergleich zu den letzen 10 Jahren an, kann man durchaus von einer Jahrzentechance sprechen, die es jetzt zu nutzen gilt. Betrachtet man zusätzlich die Risikoprämie für Aktien, spricht für 2024 viel für eine überdurchschnittliche Rentenquote im Portfolio.
Außerdem müssen wir die Bedeutung von Aktien erneut unterstreichen. Aktien bleiben die beste Anlageklasse um langfristig Renditen oberhalb der Inflation zu erzielen, sprich die Kaufkraft mindestens zu erhalten oder zu verbessern. Daher motivieren wir auch für 2024 Berater sich die Mühe zu machen und mit Kunden durchaus längere Gespräche zu führen um auf den langfristigen Mehrwert zu verweisen.
Wissenstransfer statt nur Produktverkauf beschreibt einen Trend, der sich weiter verstärkt und bei dem es darum geht, Kunden Wissen anzubieten, das weit über ein Produkt hinausgeht. Über unser Franklin Templeton Institute (FT Institute) stellen wir Kunden zum Teil sehr aufwendige Studien zu unterschiedlichen Themen zur Verfügung – ohne dass wir ein bestimmtes Produkt damit in den Vordergrund stellen wollen. Kunden wünschen sich produktunabhängige Information zu den großen Themen unserer Zeit. In einer Welt, die von schnellen Nachrichten dominiert wird, versuchen wir, Beratern mit unserem FT Institute Orientierung zu geben und dank unserer globalen Aufstellung und Größe unterschiedliche Blickwinkel auf ein Thema anzubieten.
Eine Produktstrategie erwähnten Sie schon. Welche weiteren Fonds werden den Absatz 2024 dominieren?
Gorynski: 2024 kommt es vor allem darauf an, das Portfolio des Kunden gut beziehungsweise breit zu diversifizieren, anstatt viele ähnliche Unternehmen in unterschiedlichen Fonds zu haben, wie wir es beispielsweise 2022 beobachten konnten. Wir wollen dies mit drei herausragenden Strategien aufzeigen, die sich vor allem ergänzen. Defensive und Cashflow-orientierte Strategien wie beispielsweise unser Franklin Templeton Clearbridge Infrastructure Value eignen sich gut für ein Umfeld mit hoher Inflation und hohen Finanzierungskosten. Infrastrukturaktien bieten Anlegern attraktive Renditen bei geringerer Volatilität sowie Inflationsschutz. Die Unternehmen in dieser Strategie haben unter 5 Prozent Überschneidung zu den wichtigen Indizes wie S&P 500 oder einem MSCI World.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Mit dem genannten Franklin Technology können Anleger vom technologischen Wandel in der Breite profitieren, ohne zu stark auf ein bestimmtes Thema zu setzen, das nur ein Hype erlebt habt. Zudem wollen wir mit dem Templeton Global Climate Change zeigen, wie man sehr pragmatisch in die wirtschaftliche Transformation und damit in eine CO2-ärmere Wirtschaft investieren kann. Mit dem Value-Ansatz können wir damit ein echtes Unterscheidungsmerkmal innerhalb der Artikel 9 „Klima-Fonds“ vorweisen. Das tolle an den Ideen. Sie ergänzen sich hervorragend und haben nicht alle die gleichen Unternehmen, die auch in den Indizes ohnehin schon stark vertreten sind.
Was haben Sie sich vorgenommen, um den Vertrieb zu unterstützen?
Gorynski: Auch 2024 wollen wir uns auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Banken, Vermittler, Vermögensverwalter fokussieren und mehr als nur Produktlieferant sein. Wir kombinieren Online- und Präsenzveranstaltungen. Wir werden dort sein, wo Vertriebspartner uns wünschen. Mit dem Team, den Portfoliomagern und externen Fachreferenten.
Welche Schritte planen Sie bei der Digitalisierung?
Gorynski: Bei Franklin Templeton arbeiten wir intensiv an mehreren digitalen Werkzeugen, die einerseits unsere Abläufe intern noch effizienter und produktiver machen, und andererseits unseren Kunden immer passgenauere Daten zur Verfügung stellen. Zur Digitalisierung gehört selbstverständlich das große Thema Künstliche Intelligenz. Wir erwarten, dass KI und Data Science in den nächsten fünf Jahren die gesamte Investmentlandschaft maßgeblich beeinflussen werden. Künstliche Intelligenz ist schon seit vielen Jahren eine tragende Säule nicht nur bei ausgewiesenen Technologiefirmen wie Microsoft und Alphabet, sondern auch bei Vermögensverwaltern, allerdings oft für Backend-Systeme und Research im Portfoliomanagement.
Davon bekommen Kunden in der Regel nichts mit. Mit der generativen KI im Bereich der Sprach- und Inhaltsgenerierung kommen nun auch Kunden in den Genuss, KI ganz direkt zu ihrem Vorteil zu nutzen. Ein Beispiel sind die Videos mit unseren Portfoliomanagern, bei denen wir KI ganz gezielt für personalisierte Mailings einsetzen werden.
Und was bedeutet Nachhaltigkeit für Franklin Templeton?
Gorynski: Der finanzielle Aspekt steht für uns im Mittelpunkt. Wir nennen unseren Ansatz „Mehr als nur ESG”, denn ESG ist eine Abkürzung, die sich auf Themen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance bezieht, während der Buchstabe „F” für die finanzielle Rendite nicht darin enthalten ist. Indem wir die finanzielle Rendite in den Mittelpunkt unseres Modells stellen, werden wir in vollem Umfang unserer treuhänderischen Pflicht gerecht, die Anlagerisiken zu steuern.
Jedes unserer Investment-Teams bewertet Nachhaltigkeitsfaktoren jeweils unabhängig aus verschiedenen Blickwinkeln, je nach Anlageklasse, Unteranlageklasse, regionalem Schwerpunkt oder individuellem Mandat. Wir setzen auf breit gefächerte und fundierte Investmentkompetenzen sowie auf Erkenntnisse aus unterschiedlichen Anlageklassen und ergänzen dies mit Daten, regulatorischen Schulungen und Stewardship-Ressourcen. Wir bieten die gesamte Bandbreite an Anlagen, um den unterschiedlichen Bedürfnissen und Präferenzen unserer Kunden im Hinblick auf Nachhaltigkeitsfaktoren gerecht zu werden.
Über den Interviewten:
Peter Gorynski ist Verkaufsleiter (Director Sales) Retail für Deutschland bei Franklin Templeton.