Finanzielle Unabhängigkeit Die Cinderella-Falle: Warum das Märchen von der Ehe als Vorsorge gefährlich ist
Der Gender Pay Gap ist mittlerweile vielen ein Begriff – also die unterschiedliche Bezahlung, die Männer und Frauen oft noch erhalten, obwohl sie den gleichen Beruf ausüben. Doch daneben gibt es noch eine zweite klaffende Lücke: den Gender Pension Gap. Also der Umstand, dass viele Frauen weniger Rente erhalten als Männer. Dieser beträgt 27,1 Prozent, wenn Hinterbliebenenrenten oder -pensionen einbezogen werden. Und 39,4 Prozent ohne diese.
Die Ursache dafür ist aber nicht nur, dass Frauen oft weniger verdienen – sondern auch die Tatsache, dass sie Kinder bekommen. „Für viele Frauen ist es ein kompletter Gamechanger, wenn sie Mütter werden“, fasst Anne Connelly, Gründerin des Karrierenetzwerkes Fondsfrauen sowie dem Finanzportal Her Money, knapp zusammen. Sie moderierte eine digitale Presse-Veranstaltung zum Thema, wie Frauen in jeder Lebensphase ihre finanzielle Unabhängigkeit bewahren, zu dem der Verein Financial Planning Standards Board (FPSB) eingeladen hatte.
Denn wenn Frauen Mütter werden, ändert sich dabei nicht nur emotional und organisatorisch vieles – sondern auch finanziell, betonte Annika Peters von der Frauen Finanz Beratung Barbara Rojahn in einem Vortrag. Schließlich kümmern sich immer noch Frauen größtenteils um die Kinder – und stecken dafür beruflich zurück. Konkret ausgedrückt: die Berufstätigkeit wird unterbrochen; wenn es einen Wiedereinstieg gibt, dann meist mit reduzierter Arbeitszeit, um sich weiterhin um die Kinder kümmern zu können. Das wirkt sich auf die finanzielle Vorsorge und Unabhängigkeit aus, wenn nicht aktiv etwas dagegen unternommen wird.
Teilzeit-Falle: „In Deutschland ist die finanzielle Strafe der Mutterschaft besonders ausgeprägt“
Dafür gibt es einen Begriff: Die sogenannte „Motherhood Penalty“ – wenn eine Frau Mutter wird, verdient sie anschließend weniger. „In Deutschland ist die finanzielle Strafe der Mutterschaft besonders ausgeprägt. Es hat mich schockiert, als ich diese Ergebnisse gesehen habe“, sagt Peters. Beim ersten Kind sei der Verdienst 40 Prozent geringer, beim zweiten dann sogar 70 Prozent niedriger als gegenüber Frauen, die keine Kinder haben. Bei Männern bestehe dieses Risiko nicht, da diese selten eine längere Elternzeit nehmen. Hinzu kommt: Auch wenn die Kinder älter werden, arbeiten viele Frauen weiterhin in Teilzeit. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Entweder können sie nicht mehr in eine Vollzeitposition wechseln. Oder sie haben sich an das Arrangement gewöhnt.
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Der Gender Pay Gap ist mittlerweile vielen ein Begriff – also die unterschiedliche Bezahlung, die Männer und Frauen oft noch erhalten, obwohl sie den gleichen Beruf ausüben. Doch daneben gibt es noch eine zweite klaffende Lücke: den Gender Pension Gap. Also der Umstand, dass viele Frauen weniger Rente erhalten als Männer. Dieser beträgt 27,1 Prozent, wenn Hinterbliebenenrenten oder -pensionen einbezogen werden. Und 39,4 Prozent ohne diese.
Die Ursache dafür ist aber nicht nur, dass Frauen oft weniger verdienen – sondern auch die Tatsache, dass sie Kinder bekommen. „Für viele Frauen ist es ein kompletter Gamechanger, wenn sie Mütter werden“, fasst Anne Connelly, Gründerin des Karrierenetzwerkes Fondsfrauen sowie dem Finanzportal Her Money, knapp zusammen. Sie moderierte eine digitale Presse-Veranstaltung zum Thema, wie Frauen in jeder Lebensphase ihre finanzielle Unabhängigkeit bewahren, zu dem der Verein Financial Planning Standards Board (FPSB) eingeladen hatte.
Denn wenn Frauen Mütter werden, ändert sich dabei nicht nur emotional und organisatorisch vieles – sondern auch finanziell, betonte Annika Peters von der Frauen Finanz Beratung Barbara Rojahn in einem Vortrag. Schließlich kümmern sich immer noch Frauen größtenteils um die Kinder – und stecken dafür beruflich zurück. Konkret ausgedrückt: die Berufstätigkeit wird unterbrochen; wenn es einen Wiedereinstieg gibt, dann meist mit reduzierter Arbeitszeit, um sich weiterhin um die Kinder kümmern zu können. Das wirkt sich auf die finanzielle Vorsorge und Unabhängigkeit aus, wenn nicht aktiv etwas dagegen unternommen wird.
Teilzeit-Falle: „In Deutschland ist die finanzielle Strafe der Mutterschaft besonders ausgeprägt“
Dafür gibt es einen Begriff: Die sogenannte „Motherhood Penalty“ – wenn eine Frau Mutter wird, verdient sie anschließend weniger. „In Deutschland ist die finanzielle Strafe der Mutterschaft besonders ausgeprägt. Es hat mich schockiert, als ich diese Ergebnisse gesehen habe“, sagt Peters. Beim ersten Kind sei der Verdienst 40 Prozent geringer, beim zweiten dann sogar 70 Prozent niedriger als gegenüber Frauen, die keine Kinder haben. Bei Männern bestehe dieses Risiko nicht, da diese selten eine längere Elternzeit nehmen. Hinzu kommt: Auch wenn die Kinder älter werden, arbeiten viele Frauen weiterhin in Teilzeit. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Entweder können sie nicht mehr in eine Vollzeitposition wechseln. Oder sie haben sich an das Arrangement gewöhnt.
Doch diese Teilzeit-Falle birgt große Risiken, die viele Frauen vermutlich nicht so klar vor Augen haben: Denn Teilzeit kostet Rente. Peters lieferte dafür auch ein eindrückliches Rechenbeispiel: Für die Rente wird ein Vollzeiteinkommen von 3.780 Euro brutto monatlich zu Grunde gelegt. Bei einer Vollzeittätigkeit bedeutet dies einen Entgeltpunkt (EP) pro Jahr, also 39,32 Euro Rente monatlich. Bei einer Teilzeittätigkeit von 50 Prozent liegt demnach das monatliche Bruttoeinkommen bei 1.890 Euro. Das bedeutet pro Jahr 0,5 Entgeldpunkte und damit eine Rente von 19,66 Euro monatlich.
Schon verglichen über einen Zeitraum von zehn Jahren wird der Unterschied deutlich: Wer Vollzeit gearbeitet hat, hat zehn Entgeldpunkte angesammelt, was später einer monatlichen Rente von 393,20 Euro entspricht. Bei einer Teilzeittätigkeit (50 Prozent) ist dies entsprechen die Hälfte, 196,60 Euro pro Monat. Für Frauen liegen die Renten im Durchschnitt entsprechend bei circa 900 Euro.
Hinzu kommt außerdem: Durch die Teilzeittätigkeit gibt es nicht nur weniger Rente – es steht außerdem weniger Geld für die private Vorsorge zur Verfügung. Ein Teufelskreis.
Abhilfe durch das Drei-Konten-Modell
Was sollten Frauen also tun? Peters hat ein paar Tipps parat: Aus ihrer Sicht ist ein Drei-Konten-Modell sinnvoll. Das bedeutet ein Gemeinschaftskonto, auf dem alle Kosten für das Projekt Familie abgewickelt werden – damit Frauen nicht von ihrem Privatkonto Familienausgaben bestreiten. Zusätzlich behält jeder Partner sein eigenes Konto.
Dabei ist eine gleichberechtigte Budgetplanung wichtig: Eingezahlt wird anteilig nach Einkommenshöhe. Und damit sich niemand ungerecht behandelt fühlt, kann es hilfreich sein, die Arbeitsverteilung aufzuschreiben, wobei neben Lohn- und Care-Arbeit auch der sogenannte Mental Load berücksichtigt werden sollte, also die Belastung durch das Organisieren von Alltagsaufgaben. Wem das noch nicht ausreicht: Auch ein Nebeneinanderlegen der jeweiligen Renteninformation kann hilfreich sein, um die Lücke zu verdeutlichen.
Zudem sollten Frauen Betreuungspunkte beantragen, die für die Jahre der Elternzeit gelten. Wenn die Frau nach drei Jahren nicht wieder in Vollzeit arbeitet, sollte der Partner einen finanziellen Ausgleich zahlen. Dieser wiederum kann dann für die private Altersvorsorge genutzt werden. Auch hierfür hat Peters ein Rechenbeispiel parat, auch hier ausgehend von einem Vollzeiteinkommen von 3.780 Euro brutto monatlich: Wenn die Frau nach dem dritten Lebensjahr des Kindes für weitere zehn Jahre 50 Prozent arbeitet, werden pro Jahr 4.218,29 Euro weniger Rentenbeiträge gezahlt. Das sind zusammen 42.182,90 Euro und entspricht monatlich circa 350 Euro.
Da aber jede Lebenssituation unterschiedlich ist, sollten sich Frauen individuell beraten lassen, um so auch eventuelle steuerliche Aspekte zu berücksichtigen – damit beispielsweise bei einer Scheidung der finanzielle Ausgleich nicht mit in die Zugewinngemeinschaft einbezogen wird.
Die Praxis zeige, dass meistens in ein Depot gespart werden. Ein klassisches Depot, an das man jederzeit herankomme, habe durch seine Flexibilität aber zum Beispiel den Nachteil, dass das Geld auch für andere Zwecke entnommen werden kann, betont Kathrin Hartmann, Vermögensmanagerin bei der Sparkasse Mainfranken.
Möglichst früh gemeinsame finanzielle Ziele definieren
Viele Faktoren, die zusätzlich bei der Familienplanung zu berücksichtigen sind. Ab wann sollten Paare also gemeinsame finanzielle Ziele definieren? Hartmann hat darauf in der anschließenden Diskussionsrunde eine klare Antwort: „So früh wie möglich – spätestens, sobald man eine gemeinsame Zukunft plant beziehungsweise gemeinsame finanzielle Verpflichtungen entstehen. Wenn man sich erst damit beschäftigt, wenn man schwanger ist, ist es eigentlich schon zu spät.“
Finanzielle Bildung sei hierbei ein ganz wichtiger Punkt, so Lisa Hassenzahl von Her Family Office. Und dass man mit seinem Partner darüber sprechen könne. Deshalb: „Augen auf bei der Partnerwahl“, ergänzt Peters humorvoll.
Auch Finanzberater oder -planer könnten dabei eine wichtige Rolle einnehmen. Manchen Menschen fällt es schwer, von sich aus das Thema Geld anzusprechen. Gibt es einen Planer oder Berater, könne auf diesen verwiesen werden – das diese oder dieser darauf hingewiesen habe, wie wichtig es ist, sich um das Thema zu kümmern, so ein Tipp aus der Runde. Und ein Finanzplaner könnten dann genau vor Augen führen, welchen Unterschied es macht, wenn man sich rechtzeitig um die finanzielle Planung für das Alter kümmert. Und er kann bei der Auswahl des passenden Produkts helfen.
Eine Ehe bedeutet keine finanzielle Absicherung
Wer sich nun fragt: Warum nun aber dieser ganze Aufwand des finanziellen Ausgleichs? In einer Ehe kann doch einfach auf das gemeinsame Konto zugegriffen werden? Erstens: Das bedeutet dann keine finanzielle Unabhängigkeit. Und zweitens: Aus „Verliebt, verlobt, verheiratet“ kann auch ganz schnell „Verliebt, verlobt, verheiratet und geschieden“ werden. Und für Frauen bedeutet das heutzutage oft genug noch: Altersarmut. Besonders, wenn Kinder vorhanden sind.
„Die Cinderella-Falle“, kommentiert Constanze Hintze dies im zweiten Vortrag. „Es ist oft eine gewisse Naivität vorhanden und der Glaube, dass man mit einer Ehe automatisch finanziell abgesichert ist“, so die Finanzplanerin von Svea Kuschel + Kolleginnen. Das sei ein Fehler.
Doch wer möchte am Anfang einer Ehe schon an deren Scheitern denken? Eine Mischung aus Unwissenheit, Gutgläubigkeit, Bequemlichkeit und einer nicht vorhandenen Vorstellung, wie man Finanzplanung aufgreift, seien daher auch hier das Problem, wie Hintze verdeutlichte. Dabei wird jede dritte Ehe geschieden. Und das betrifft nicht nur junge Paare: Jedes sechs Paar war mehr als 25 Jahre verheiratet.
Hinzu kommt: Das seit 2008 geltende Eherecht setzt auf Eigenverantwortung – der nacheheliche Unterhalt ist begrenzt. Zwar gab es 2013 eine Nachjustierung, seitdem wird die Dauer der Ehe bei der Berechnung des Unterhalts berücksichtigt.
Und Hintze hat weitere deutliche Zahlen: Bei Frauen beträgt der Einkommensverlust nach einer Scheidung 33 Prozent – bei Männern 10 Prozent. Was vielen außerdem nicht klar sei: Im Fall einer Trennung verdoppeln sich die Kosten, beispielsweise Miete und Sachversicherungen. Ein besonders großes Thema sei die Krankenversicherung, da nach einer Scheidung die Familienversicherung nicht mehr greift. Zudem muss mehr Geld in die Kinderbetreuung investiert werden, falls Frauen danach wieder arbeiten wollen oder müssen.
Besonders beunruhigend sei dabei aus ihrer Sicht, wie wenig Partner jeweils über die Finanzen des anderen wissen. „Hier gibt es oftmals noch eine merkwürdige Bescheidenheit von Seiten der Frau, die nicht misstrauisch erscheinen will, wenn sie sich nach den Finanzen des Partners erkundigt. Ein Finanzplaner könne hier als „Bad Cop“ herhalten, der die Situation klar aufschlüsseln möchte. Das wiederum solle dann dokumentiert werden, falls es doch einmal zur Scheidung kommen sollte.
Diese Fakten sollte auch jeder im Hinterkopf haben, der sich für den sogenannten Trad-Wife-Trend interessiert, der in den sozialen Medien umgeht. Frauen propagieren dort das traditionelle Rollenmodell, in dem sie sich um den Haushalt und die Kinder kümmern und der Mann der alleinige Versorger ist. „Das ist nicht verwerflich, wir wollen hier keine Lebensentwürfe beurteilen“, betont Connelly. „Aber man muss es sich eben leisten können.“