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Frauen und Finanzen Warum Frauen bei der Geldanlage anders ticken als Männer

Geld ist weltweit offenbar überwiegend Männersache. Das hat Antonia Grohmann vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) herausgefunden. Im Interview erklärt sie, warum Frauen sich seltener mit Finanzfragen befassen, warum sie weniger darüber wissen. Und was das für Finanzberater heißt.

Frau Grohmann, in einer DIW-Studie zum sogenannten Gender Gap* haben Sie festgestellt, dass Frauen fast überall auf der Welt eine geringere finanzielle Bildung haben als Männer. Woran liegt das?

Antonia Grohmann: Es gibt nicht den einen Grund, der das erklären kann. Vielmehr kommt dabei offenbar eine ganze Reihe an Faktoren zusammen. Zum einen gibt es soziodemografische Faktoren: Frauen sind in vielen Ländern allgemein weniger gebildet als Männer und haben im Durchschnitt auch ein geringeres Einkommen. Ein zweiter möglicher Grund ist die Verantwortung für Finanzentscheidungen im Haushalt – in vielen Ländern kümmern sich traditionell eher die Männer ums Geld in der Familie, Frauen haben also weniger Erfahrung damit. Ein dritter Faktor sind länderspezifische kulturelle Gründe, etwa das allgemeine Niveau der Gleichberechtigung im Land. Keiner dieser drei möglichen Gründe kann die Lücke in der finanziellen Bildung aber vollständig erklären. Die Sache ist komplizierter.

Was sind denn mögliche Erklärungen dafür, dass Frauen so viel weniger über Geld wissen?

Grohmann: Es gibt darauf keine einfache Antwort, offenbar ist es ein Zusammenspiel mindestens dreier Faktoren: Bildung, Einkommen und die Rolle der Frau in der Gesellschaft in Bezug auf Geld. Das zeigt sich beispielsweise an Thailand, einem der wenigen Länder weltweit, in denen sich keine signifikanten Unterschiede in der finanziellen Bildung zwischen den Geschlechtern feststellen lassen. Dort ist auffällig, dass bereits im Kindesalter die Mädchen nicht schlechter abschneiden als Jungen in Sachen Geld und Mathematik – das ist bei uns ganz anders. Zugleich werden in Thailand finanziell bedeutsame Entscheidungen auch traditionell von den Frauen in der Familie getroffen. Bessere Bildung und stärkere Einbindung in finanzielle Entscheidungen wirken sich also offenbar positiv auf das Wissen aus. Zu diesem Bild passt auch ein Befund aus den USA: Dort hat man festgestellt, dass das Finanzwissen bei Frauen wächst, wenn sie länger geschieden sind.

Wie messen Forscher das Finanzwissen eigentlich? Und wie groß ist die Lücke in Deutschland?

Grohmann: Traditionell wird finanzielle Allgemeinbildung über Testfragen erhoben, die sich mit Themen wie Zinsen, Inflation und Risiko-Diversifikation bei der Geldanlage befassen. Bei all diesen Fragen antworten Männer in Deutschland häufiger richtig als Frauen. Der Unterschied ist umso größer, je schwieriger die Frage ist. So wissen laut Forschungsergebnissen beispielsweise 68 Prozent der Männer in Deutschland, dass es sicherer ist, einen Fonds zu kaufen als eine einzelne Aktie. Aber nur 57 Prozent der Frauen können diese Frage richtig beantworten.