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Rechtsanwalt erläutert Gerichtsurteil
Fristlos gekündigt: Warum der Handelsvertreter dennoch Anspruch auf Ausgleich hat
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Von in AnalysenLesedauer: 4 Minuten
Geschäftsmann mit Smartphone
Geschäftsmann mit Smartphone: Das OLG Köln sollte nach einer fristlosen Kündigung entscheiden, ob dem betroffenen Handelsvertreter dennoch der Handelsvertreterausgleich zusteht. | Foto: Pexels / Andrea Piacquadio

Kommt es zwischen Handelsvertretern und ihren Gesellschaften zum Streit, geht es in den allermeisten Fällen ums Geld. In der Regel wird über den sogenannten Handelsvertreterausgleich und Provisionszahlungen diskutiert. Gehen diese Streitigkeiten ungünstig aus, kann das für den Handelsvertreter richtig teuer werden – und sogar seine Existenz gefährden.

Der Handelsvertreterausgleich ist die Vergütung, die zum Ende des Vertragsverhältnisses zwischen Handelsvertreter und einem Unternehmen gezahlt wird. Damit gleicht das Unternehmen die Vorteile aus, die ihm der Handelsvertreter eingebracht hat. Der Handelsvertreterausgleich ist im Handelsgesetzbuch in Paragraf 89 b geregelt. Er ist regelmäßig Gegenstand arbeitsrechtlicher Verfahren.

Immer wieder kommt es zu Streitigkeiten zwischen freien Handelsvertretern und ihren Gesellschaften – besonders dann, wenn die Gesellschaft den Vertrag mit dem freien Handelsvertreter (fristlos) kündigt. Häufig versucht die Gesellschaft dann, den Handelsvertreterausgleich zu versagen.

Fristlose Kündigung wegen Steuerhinterziehung

Das müssen freie Handelsvertreter jedoch nicht hinnehmen. Das Oberlandesgericht Köln hat sich in einem Beschluss vom 1. März 2021, Az.: 19 U 148/20, deutlich auf Seiten freier Handelsvertreter positioniert. Es ging um Streitigkeiten über den Handelsvertreterausgleich nach fristloser Kündigung und die Rechte des Handelsvertreters in dieser Situation. Die Kanzlei Banerjee hat das Verfahren für den klagenden Insolvenzverwalter geführt.

 

Der Kläger war wegen Steuerhinterziehung zu 180 Tagessätzen verurteilt worden. Daraufhin hatte seine Auftraggeberin, eine Versicherung, ihm fristlos gekündigt. Den Ausgleich nach 14 Jahren Tätigkeit wollte sie nicht zahlen. Die fristlose Kündigung haben sowohl das Landgericht Köln in erster Instanz (Az.: 89 O 21/20) als auch das Berufungsgericht bejaht. Streitig blieb aber das Urteil des Landgerichts, dass keine Gründe dafür vorlagen, die zum Entfall des Ausgleichs führen konnten. Daher wurde die Versicherungsgesellschaft verurteilt, diese in einer sechsstelligen Höhe zu zahlen.

Das Oberlandesgericht bestätigte diese Entscheidung: Insbesondere wenn eine Vorstrafe oder ein sonstiges Handeln nichts mit dem Vertragsverhältnis zu tun haben, darf es nicht zum Entfall des Ausgleichs kommen.

Wann der Handelsvertreterausgleich entfallen darf 

Das OLG Köln verweist in seiner Urteilsbegründung deutlich darauf: Die Versagung des Handelsvertreterausgleichs setzt voraus, dass das Unternehmen das Vertragsverhältnis gekündigt hat – und dass es für die Kündigung einen wichtigen Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Versicherungsvertreters gab. Die Gründe müssen derart schwerwiegend sein, dass die Fortsetzung des Handelsvertretervertrags bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zum vereinbarten Vertragsende nicht zugemutet werden kann.

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Es gilt im Rahmen einer Interessenabwägung ebenso festzustellen, ob die Fortsetzung des Handelsvertreterverhältnisses für die Gesellschaft wirklich unzumutbar sei. Dabei ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu berücksichtigen.

Für jede außerordentliche Kündigung ist somit ein wichtiger Grund erforderlich. Dieser liegt vor, wenn der Gesellschaft – unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen – die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zur vereinbarten Vertragsbeendigung oder bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Außerdem muss die Gesellschaft vor einer außerordentlichen Kündigung eine Abmahnung aussprechen. Nur ausnahmsweise kann diese entfallen. Auf diese arbeitsrechtlichen Vorschriften sollten Handelsvertreter genau achten.

Fristlose Kündigung kein ausreichender Grund

Das Urteil des OLG Köln und die abgelehnte Berufung durch die Versicherungsgesellschaft sind hochrelevant für Streitigkeiten, die den Ausgleichsanspruch betreffen. Das OLG Köln hat erstmalig klarstellt, dass die Kündigungsgründe das Vertragsverhältnis betreffen müssen. Sie dürfen nicht etwa in der Privatsphäre oder Lebensführung des Handelsvertreters liegen, um einen Entfall des Ausgleichsanspruches zu rechtfertigen.

Die Chancen für Handelsvertreter, auch bei einer fristlosen Kündigung durch den Auftraggeber den Handelsvertreterausgleich zu erhalten, sind also regelmäßig sehr groß.

 

Über den Autor:

Tim Banerjee ist Rechtsanwalt und Partner der auf Finanzdienstleistungsrecht spezialisierten Kanzlei Banerjee & Kollegen aus Mönchengladbach.

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