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Frontiermarket-Experte Stefan Böttcher „Für Saudi-Arabien ist es noch zu früh“

Fondsmanager von Charlemagne Capital Stefan Böttcher besichtigt ein saudi-arabisches Ölförderunternehmen
Fondsmanager von Charlemagne Capital Stefan Böttcher besichtigt ein saudi-arabisches Ölförderunternehmen
Noch vor wenigen Monaten zählte Saudi-Arabien zu den wichtigsten Destinationen für fast jeden Frontiermarket-Fondsmanager. Der Aktienmarkt ist mit einer Marktkapitalisierung von 500 Milliarden US-Dollar der mit Abstand größte und liquideste Frontier-Aktienmarkt. Als am 15. Juni letzten Jahres die Beschränkungen für ausländische  Investoren aufgehoben wurden und die damit verbundene Hoffnung der MSCI-Index Inkludierung aufkam, schien einer Börsenrally kaum noch etwas im Weg zu stehen.

Tatsächlich büßte der Markt seitdem fast 35 Prozent seines Wertes ein. Der Hauptgrund für diese enttäuschende Entwicklung ist im Verfall des Ölpreises zu sehen. Zum Zeitpunkt der Öffnung lag Brent noch bei 64 US-Dollar – seitdem hat sich der Preis praktisch halbiert.

Das Königreich Saudi-Arabien generiert etwa 90 Prozent seiner Staatseinnahmen aus der Ölproduktion. Entsprechend führte die starke Rohstoffabhängigkeit im Jahre 2015 zu einem Haushaltsdefizit von 15 Prozent (98 Milliarden US-Dollar) gemessen am Bruttosozialprodukt. Saudi Arabien kann es sich leisten, kurzfristig über seine Verhältnisse zu leben, denn man hat in Zeiten hoher Ölpreise massive Währungsreserven aufgebaut, die sich heute auf etwa 640 Milliarden US-Dollar belaufen.

Die Prognosen der Analysten für das Wirtschaftswachstum sind für das laufende Jahr drastisch zurückgenommen  worden und rangieren zwischen -1 bis 2 Prozent. Erwartet wird auch eine deutliche Reduzierung der Staatsausgaben von etwa 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr, die Einführung von Steuern und eine massive Adjustierung der Staatssubventionen. Unternehmensgewinne werden konsequenterweise weiter negativ adjustiert werden müssen. Der Markt handelt heute mit einem KGV von 11,5 x – historisch gesehen preiswert, wobei viele Gewinnschätzungen zu optimistisch erscheinen.

Die geopolitische Konfrontation mit dem Iran, die Involvierung im Jemen und indirekt in Syrien erhöhen die Risikoprämie darüber hinaus. Des Weiteren sorgen sich Investoren um die innenpolitische Stabilität.

Das Charlemagne Frontiers Team agiert seit einiger Zeit sehr vorsichtig in der Region.  Noch im Sommer letzten Jahres zählte der saudische Aktienmarkt zu den größten Positionen im Magna New Frontiers Portfolio. Mittlerweile ist diese Position komplett liquidiert und wir halten keine Positionen in Saudi-Arabien.

Mittelfristig könnte sich unsere Einschätzung jedoch durchaus ändern. Die führenden Rohstoffconsulting-Experten bei Wood Mackenzie erwarteten stark steigende Ölpreise in der zweiten Jahreshälfte und kalkulieren mit einem Durchschnittspreis von 53 US-Dollar pro Barrel für das Gesamtjahr 2016. Dies würde den Druck auf den saudischen Haushalt entsprechend lindern. Darüber hinaus ist eine Aufnahme in den MSCI-Index weiterhin ein Thema. Ein weiterer Aspekt könnte die Börseneinführung von Saudi Aramco werden – potenziell das größte Unternehmen weltweit.

Momentan überwiegt allerdings die Skepsis.

Das Potential für Frontiermärkte für 2016 ist dennoch attraktiv. Wir reisen in diesen Monaten nicht nach Rijadh, sondern sind unter anderem in Vietnam (17 Prozent Gewichtung), Rumänien (9 Prozent), Pakistan (6 Prozent) und Argentinien (9 Prozent) unterwegs.

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