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„Früher oder später kommt es zum Schuldenerlass für Griechenland“

Martin Hüfner
Martin Hüfner
Kommt nach dem PSI jetzt der OSI? In der Eurokrise gibt es inzwischen so viele Abkürzungen, dass sich auch besser Informierte kaum mehr auskennen. Was gemeint ist: Kommt nach dem Schuldenerlass Griechenlands durch private Gläubiger (dem PSI = Private Sector Involvement) nun vielleicht ein Schuldenerlass durch öffentliche Gläubiger (OSI = Official Sector Involvement)?

Der Internationale Währungsfonds hat vor kurzem einen entsprechenden Vorschlag gemacht. Deutschland hat sich dagegen ausgesprochen und hat bisher mit Erfolg verhindert, dass das Thema offiziell auf die Tagesordnung kommt. Aber früher oder später wird sich die Diskussion nicht vermeiden lassen.

Ist ein OSI eine sinnvolle Lösung?

Grundsätzlich ist ein Schuldenschnitt in einer rechtsstaatlichen Ordnung ein Fremdkörper. Der Gläubiger muss darauf vertrauen, dass der Schuldner seine Verbindlichkeiten bedient. Eine Insolvenz muss die absolute Ausnahme sein.  Die Eurokrise ist freilich eine solche Ausnahme. Griechenland ist nicht mehr in der Lage, Zinsen und Tilgungen auf seine Verbindlichkeiten zu bezahlen.

Auf den ersten Blick ist ein Schuldenerlass in einer solchen Situation das Ei des Kolumbus. Der Schuldner kann wieder von Null anfangen (oder von fast Null, wenn nicht alle Verbindlichkeiten gestrichen werden).

Das erleichtert vieles. Die Gläubiger verlieren zwar viel Geld. Es ist aber eine einmalige Aktion. Sie müssen für die Zukunft also nicht ein Fass ohne Boden befürchten. Die Steuerzahler wissen wie teuer die Sache wird. Sie können abwägen, ob ihnen der Euro das wert ist oder ob sie lieber ein Ende mit Schrecken wollen.

Schließlich: Ein Verzicht bei den öffentlichen Schulden ist das logische Pendant zum Erlass der privaten Schulden. Es ist nicht einzusehen, dass ausgerechnet bei der Rettung des Euro die öffentlichen Gläubiger Griechenlands außen vor bleiben sollen.  

Deutschlands Schuldenerlass

Es sind diese Gründe, die dazu geführt haben, dass das Instrument Schuldenschnitt gar nicht so selten angewandt wird. Im privaten Geschäftsverkehr gibt es die Insolvenz für Unternehmen und für Privathaushalte. Auf Länderebene wurden häufiger Schulden der Entwicklungsländer im Rahmen der Entwicklungshilfe gestrichen.

Im Londoner Schuldenabkommen wurde Deutschland 1953 ein Teil seiner Vorkriegsschulden erlassen. Ganz so unproblematisch ist ein Schuldenschnitt freilich nicht. Erstens ist er für die Gläubiger teuer. Es kostet im Falle Griechenlands vermutlich sehr viel mehr als die jeweiligen Tranchen, die die Finanzminister regelmäßig an Athen überweisen. Und das Geld ist endgültig weg. Es ist nicht leicht, dafür Verständnis in der Öffentlichkeit zu finden.  

Zweitens verlieren die Gläubiger damit jedes Druckmittel auf die Schuldner, in Zukunft auch wirklich eine bessere Politik zu machen. Das ist gerade bei Griechenland, das derzeit bei seinen Partnern so wenig Vertrauen genießt, ein wichtiges Argument. Der Internationale Währungsfonds hält derzeit seinen Teil an den Hilfszahlungen zurück, bis das Schuldenrückkaufprogramm beendet ist und die entsprechenden Ergebnisse gebracht hat.

Drittens schneidet sich das Land bei einem Schuldenschnitt für längere Zeit von künftigen Kreditaufnahmen ab. Es muss also ohne fremde Hilfe auskommen. Dazu ist Athen derzeit noch nicht in der Lage. Nach dem Bankrott Griechenlands im Jahre 1832 dauerte es dreißig Jahre, bis das Land wieder Geld am Kapitalmarkt aufnehmen konnte.

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