Vertrag verlängert Für diese Hebammen wird die Haftpflichtversicherung teuer
Eine Hebamme zu finden, die eine werdende Mutter bei der Geburt betreut oder die Nachsorge übernimmt, ist in vielen deutschen Städten mitunter schwierig. Einer der Gründe sind nach Angaben betroffener Hebammen die hohen Haftpflicht-Versicherungsprämien. Denn vor allem Hebammen, die Geburtshilfe anbieten, gehen hohe Risiken ein. Machen sie einen Fehler und kommt das Kind infolgedessen behindert zur Welt, müssen sie haften und die Kosten für notwendige Behandlungen und Therapien, sowie Schmerzensgeld und künftigen Verdienstausfall des Kindes tragen. Da für diese Gruppe eine berufliche Haftpflichtversicherung Pflicht ist, übernimmt der Versicherer diese Kosten. Und da solche Behandlungsfehler zwar äußerst selten passieren, die Kosten aber sehr hoch sind, sind nur wenige Versicherer bereit, die Hebammen zu versichern.
Ein Konsortium aus mehreren Versicherern unter Führung der Versicherungskammer Bayern bietet Hebammen eine Haftpflicht-Gruppenversicherung an. Bei der Vermittlung arbeitet der Deutsche Hebammenverband (DHV) mit dem Hevianna Versicherungsdienst, einem Tochterunternehmen der Ecclesia Gruppe zusammen.
Im Jahr 2020 haben sich das Konsortium, Hevianna und der Deutsche Hebammenverband auf einen Vertrag geeinigt. Damit haben sie den damals rund 15.000 Mitgliedern des Deutschen Hebammenverbands einen Gruppenhaftpflicht-Tarif für drei Jahre bis zum 1. Juli 2024 gesichert.
Geburtshelferinnen haben es nach wie vor schwer
Der Tarif sieht zwei Hebammen-Untergruppen vor: Diejenigen, die Geburtshilfe anbieten und solche, die es nicht tun. 2020 blieben die Prämien für Hebammen ohne Geburtshilfe stabil. Für solche, die Geburtshilfe anbieten, stiegen die Prämien ab Jahresmitte 2021.
Nun haben DHV, Hevianna und das Versicherungskonsortium den Haftpflichtversicherungsschutz für DHV-Mitglieder bis zum 30. Juni 2027 verlängert. Und auch beim neuen Vertrag haben Hebammen, die Geburtshilfe anbieten, das Nachsehen. Denn für ihre Kolleginnen, die sich lediglich auf Geburtsvorbereitung, Nachsorge und ähnliches spezialisieren, bleibt die Prämie über die gesamte Laufzeit des neuen Vertrags gleich. Für Hebammen mit Geburtshilfe hingegen steigen die Beiträge 2025 und 2026 um 5 Prozent. Diese Prämienerhöhungen seien „moderat“ und sollen die Inflation kompensieren, erklärt Christian Seeger vom Hevianna Versicherungsdienst, der den Vertrag mitverhandelt hat.
Hallo, Herr Kaiser!
Programm für strukturiertes Risikomanagement
Dass die Prämien nicht noch mehr steigen, ist aus Seegers Sicht nicht zuletzt dem vom Deutschen Hebammenverband entwickelten Programm für ein strukturiertes Risikomanagement zu verdanken. Es ziele speziell auf die Gruppe der freiberuflichen Hebammen mit Geburtshilfe ab, deren Risiko besonders exponiert sei, so der Hevianna-Vertreter. Das Programm enthält laut Seeger unter anderem ein Simulationstraining und wird von den Versicherern (Versicherungskammer Bayern, R+V, Allianz, Debeka, Württembergische) und Hevianna finanziell unterstützt. „Durch trainierte Abläufe können Risiken frühzeitig erkannt und vermieden werden, sodass das Sicherheitslevel in der Geburtshilfe noch weiter erhöht werden kann“, heißt es von der Versicherungskammer Bayern.
Im DHV sind aktuell über 22.000 Hebammen organisiert, davon rund 3.000 mit Geburtshilfe. Trotz der Prämienerhöhung für Geburtshelferinnen lobt DHV-Präsidentin Ulrike Geppert-Orthofer das neue Arrangement. „Für den DHV bringt die Verlängerung des Vertrages mit dem Konsortium aus den erfahrenen Heilwesenversicherern in Deutschland Leistungsstärke, Verlässlichkeit und große Erfahrung in der Abwicklung der Geburtsschäden mit sich“, sagt sie.
GKV übernimmt 91,6 Prozent
Ein Grund für die Akzeptanz des DHV könnte auch die Tatsache sein, dass die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) einen Teil der Prämiensteigerungen übernimmt. „Die Versicherungskosten einer Hebamme mit Geburtshilfe über den Gruppenhaftpflicht-versicherungsvertrag des DHV für das Jahr 2022/23 beträgt 11.508 Euro“, schreibt der GKV-Spitzenverband. Einen Teil dieser Kosten übernimmt die GKV nach eigenen Angaben, indem sie die Leistungen der Hebamme für gesetzlich Versicherte vergütet. Einen noch größeren Teil erstattet der GKV-Spitzenverband als Direktzahlung in Form eines sogenannten Sicherstellungszuschlags.
„Die GKV trägt damit 91,6 Prozent der Kosten der Haftpflichtversicherungspolice mittels Sicherstellungszuschlag (77,95 Prozent) sowie entsprechende Anteile in der Leistungsvergütung (16,19 Prozent)“, heißt es vom Verband. Der konkrete Anteil der Kosten, der ausgeglichen wird, könne je nach Versicherungspolice und anderen finanziellen Hilfen unterschiedlich sein. So finanzieren einige Kliniken oder Kommunen die Berufshaftpflichtversicherungen von Hebammen ganz oder teilweise.
Um den Sicherstellungszuschlag ausgezahlt zu bekommen, muss die freiberufliche Hebamme gegenüber dem GKV-Spitzenverband nachweisen, dass sie mindestens vier Geburten im Jahr betreut und abgerechnet hat (wobei eine Geburt auch abgesagt sein darf) sowie ihre vollständigen Versicherungsunterlagen beifügen. Sind die Unterlagen nicht vollständig oder hat die Hebamme weniger als vier Geburten betreut, werden die Kosten der gestiegenen Berufshaftpflichtversicherung nicht oder nur anteilig finanziert. „Durch diese einfachen, aber klaren Regeln können auch künftige Steigerungen der privaten Anbieter der Berufshaftpflichtversicherung aufgefangen werden“, so der Krankenkassen-Verband.