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Ende des Konjunktureinbruchs Für diese Value-Titel ist die Zeit reif

Menschenleerer Sixt-Terminal am Flughafen München während des Lockdowns
Menschenleerer Sixt-Terminal am Flughafen München während des Lockdowns: Der Autoverleiher ist eines der Unternehmen, die im Anschluss an die Pandemie profitieren könnten, sagt Alexandra Morris von Skagen Funds. | Foto: imago images / MiG
Alexandra Morris, Foto: Skagen Funds

Es scheint kaum noch Zweifel daran zu geben, dass die Marktrotation weg von technologielastigen Wachstumswerten hin zu zyklischeren Value-Aktien in vollem Gange ist. Die Rendite des MSCI All Country Value Index (+13,2 Prozent) ist im bisherigen Jahresverlauf fast doppelt so hoch wie die des Wachstumsäquivalents (+7,6 Prozent), was der Verschiebung, die Anfang November mit der Bekanntgabe des Durchbruchs der Covid-Impfungen begann, zusätzlichen Schwung verleiht.

Trotz dieser starken Umkehrung bleibt die Bewertungsspanne zwischen Growth- und Value-Aktien bei den meisten Kennzahlen enorm. Die beiden gebräuchlichsten, die den Aktienkurs eines Unternehmens mit den erwarteten künftigen Gewinnen (Forward Price/Earnings) oder dem Wert seiner Vermögenswerte (Price/Book) vergleichen, zeigen, dass Value-Aktien weltweit derzeit mit Abschlägen von 50 Prozent (siehe Grafik) beziehungsweise 70 Prozent gehandelt werden. Dies unterstreicht den enormen Nachholbedarf, den Value nach einem Jahrzehnt der Underperformance hat – diese Abschläge lagen in den letzten 20 Jahren im Durchschnitt bei 32 Prozent und 50 Prozent –, aber auch, dass die besten Tage für Value-Investoren wahrscheinlich noch bevorstehen.

Kurs-Gewinn-Verhältnis von Growth- und Value-Aktien

Nächste Phase der Value-Rotation könnte von Europa ausgehen

Da die Länder auf der ganzen Welt beginnen, sich aus der Abwärtsspirale zu befreien, sollten sich Value-Aktien wie Finanz-, Industrie- und Energieunternehmen besser entwickeln, da sie in der Regel eine wachsende Nachfrage und Rentabilität in den Phasen nach der Rezession des Wirtschaftszyklus verzeichnen. Dieses Umfeld unterstützt auch zyklische Sektoren wie Restaurants, Hotels, Fluggesellschaften, hochwertige Einzelhändler und Automobilhersteller, die diskretionäre Güter und Dienstleistungen verkaufen, die gefragt sind, wenn die Wirtschaft wächst und das Verbrauchervertrauen hoch ist.

In vielen Ländern wird die Erholung durch staatliche Konjunkturprogramme beschleunigt, insbesondere in den USA, wo Präsident Joe Biden Billionen von Dollar in die Wirtschaft pumpt. Dies erzeugt einen Inflationsdruck, der dazu geführt hat, dass sich die langfristigen Zinssätze seit dem Jahreswechsel fast verdoppelt haben.

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Die nächste Phase der Value-Rotation könnte von Europa ausgehen, wo die Einführung von Impfstoffen bisher langsamer verlaufen ist und die langfristigen Zinssätze weiterhin negativ sind, was die Performance von finanz- und wirtschaftssensiblen Aktien im Vergleich zu den USA bremst. Auch die Schwellenländer könnten dem Value-Bereich in der zweiten Jahreshälfte weitere Impulse verleihen, da Indien und Brasilien hoffentlich beginnen, den schweren Kampf gegen Covid zu gewinnen, und ihre Volkswirtschaften aus dem Stillstand kommen. Schließlich kann der Einfluss von Momentum-fokussierten Händlern und quantitativ ausgerichteten Fonds nicht übersehen werden. Sie spielten eine große Rolle dabei, Wachstumsaktien in den letzten Jahren immer weiter nach oben zu treiben und könnten nun Value-Unternehmen beflügeln, wenn sie weiter an Zugkraft gewinnen

Aktives Management um die Gewinner zu identifizieren

Ein Merkmal der Pandemie war die Abkopplung der Aktienkurse von der wirtschaftlichen Realität. Die Aktienmärkte – größtenteils gestützt durch Technologie- und „Qualitäts“-Aktien – sind weiter gestiegen, obwohl viele Volkswirtschaften einen scharfen konjunkturellen Einbruch erlebten. Nun, da sich das Ende der Talfahrt nähert, wird die wirtschaftliche Erholung zunehmend auch für Aktien in anderen Sektoren eingepreist, und die größte Herausforderung für Anleger besteht darin, diejenigen zu finden, die die größten Chancen bieten.

Die wirtschaftliche Erholung dürfte dazu führen, dass auch die weltweite Automobilnachfrage wieder anzieht. Dabei werden Elektrofahrzeuge künftig eine wachsende Rolle spielen. Hier hat Hyundai Motor den Vorteil des Early Movers. Die laufende Auffrischung der Modellpalette sollte für eine gute Performance sorgen. Vor diesem Hintergrund ist die Aktie attraktiv bewertet.

Ein anderes Beispiel ist Norse Atlantic Airways, ein 2021 neu gegründetes Unternehmen. Norse hat sich zunächst neun Boeing Dreamliner zu 50 Prozent der historischen Leasingkosten gesichert, um zwischen Zielen in Europa und den USA zu fliegen. Abgesehen von den niedrigeren Kosten verfügt das Unternehmen auch über eine saubere Bilanz - im Gegensatz zu seinen Wettbewerbern, die während der Pandemie massive Verluste finanzieren mussten. Als einziger Low-Cost-Carrier auf dem transatlantischen Markt, ist das Unternehmen unseres Erachtens gut positioniert, um vom erheblichen Nachholbedarf bei Urlaubsreisen zu profitieren.

Davon dürfte auch die deutsche Autovermietung Sixt profitieren. Sixt verfolgt einen konservativeren Ansatz bei der Fremdkapitalaufnahme als viele seiner Wettbewerber. Deshalb war das Unternehmen zu Beginn der Pandemie besser positioniert und konnte seine Expansion in den USA durch die Übernahmen von 10 Flughafenkonzessionen von Wettbewerbern in Schwierigkeiten wie Advantage und Hertz beschleunigen. Die Vermietungsstationen an den Flughäfen liefern einen Großteil der Umsätze. Zwar dürfte ein Teil des Geschäftsreiseverkehrs zunächst nicht zurückkommen, aber Sixt ist stärker vom Urlaubsreiseverkehr abhängig, vom dem wir eine schnellere und kräftigere Erholung erwarten.      

In diesem Umfeld von Wirtschaftswachstum und einem fragmentierten Aktienmarkt sollte aktives Management zum Tragen kommen. Die Investition in einen passiven Fonds, der einen Index abbildet – selbst einen mit dem Etikett „Value“ – ist mit Risiken behaftet. Die meisten Value-Indizes werden anhand von einfachen Bewertungsrastern konstruiert, die Aktien mit niedrigen Kurs-Buchwert- und Kurs-Gewinn-Multiplikatoren oder hohen Dividendenrenditen bevorzugen und dabei wichtige Unternehmenseigenschaften und Risikofaktoren außer Acht lassen.

Nach der Outperformance der letzten sechs Monate ist Value immer noch mit einem attraktiven Abschlag gegenüber Growth bewertet, und mit dem kräftigen Wind der wirtschaftlichen Erholung in den Segeln könnte Value-Investing durchaus eine Chance für eine ganze Generation sein, die bestmöglichen risikobereinigten Erträge zu erzielen.


Über die Autorin:
Alexandra Morris ist Investment-Chefin bei Skagen Funds und leitet dort das Investment-Team. Sie ist für die Anlageentscheidungen und Ergebnisse aller Skagen-Fonds-Teams verantwortlich. Die CFA-diplomierte Finanzanalystin verfügt über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung in der Investmentbranche.

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