7,8-Milliarden-Fonds Acatis und Gané: Das Ende eines deutschen Fonds-Märchens
Im Rheinland flogen am Rosenmontag die Kamellen, in Frankfurt und Aschaffenburg dagegen die Fetzen: Die Kapitalverwaltungsgesellschaft Acatis beendete nach 15 gemeinsamen Jahren die Zusammenarbeit mit der Gané Aktiengesellschaft. Hendrik Leber und die beiden Fondsmanager Uwe Rathausky und Henrik Muhle gehen ab sofort getrennte Wege. Es war der Schlussstrich eines Konfliktes, der sich bereits seit geraumer Zeit anbahnte.
Dabei ist es nicht nur das Was, das für Aufsehen in der Fondsbranche sorgt. Immerhin war der gemeinsame Acatis Value Event Fonds einer der Anlegerlieblinge unter den Mischfonds, der zum Schluss stolze 7,8 Milliarden Euro in sich vereinte.
Es ist auch das Wie.
„Mit großer Verwunderung haben wir heute – noch dazu aus der Presse statt von unseren Geschäftspartnern – die Nachricht erhalten, dass wir nach dem Willen der Kapitalverwaltungsgesellschaft Acatis zum 31. März 2024 die Fondsberatung […] für unseren erfolgreichen Value Event-Mischfonds abgeben sollen“, heißt es seitens Gané. Für diese Behauptung spricht, dass der Acatis Value Event Fonds bis Montagabend regulär auf der Webseite von Gané aufgeführt wurde.
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Im Rheinland flogen am Rosenmontag die Kamellen, in Frankfurt und Aschaffenburg dagegen die Fetzen: Die Kapitalverwaltungsgesellschaft Acatis beendete nach 15 gemeinsamen Jahren die Zusammenarbeit mit der Gané Aktiengesellschaft. Hendrik Leber und die beiden Fondsmanager Uwe Rathausky und Henrik Muhle gehen ab sofort getrennte Wege. Es war der Schlussstrich eines Konfliktes, der sich bereits seit geraumer Zeit anbahnte.
Dabei ist es nicht nur das Was, das für Aufsehen in der Fondsbranche sorgt. Immerhin war der gemeinsame Acatis Value Event Fonds einer der Anlegerlieblinge unter den Mischfonds, der zum Schluss stolze 7,8 Milliarden Euro in sich vereinte.
Es ist auch das Wie.
„Mit großer Verwunderung haben wir heute – noch dazu aus der Presse statt von unseren Geschäftspartnern – die Nachricht erhalten, dass wir nach dem Willen der Kapitalverwaltungsgesellschaft Acatis zum 31. März 2024 die Fondsberatung […] für unseren erfolgreichen Value Event-Mischfonds abgeben sollen“, heißt es seitens Gané. Für diese Behauptung spricht, dass der Acatis Value Event Fonds bis Montagabend regulär auf der Webseite von Gané aufgeführt wurde.
Kann das sein? Der Schritt würde jedenfalls nicht verwundern, wenn man auf die vergangenen Monate zurückblickt.
Eine Milliardenmaschine entsteht
Dabei fing alles ganz beschaulich an. 2008, die Lehman-Pleite steckte der Branche noch tief in den Knochen, beschlossen die beiden Freunde Uwe Rathausky und Henrik Muhle aus Aschaffenburg, ihren eigenen Fonds aufzulegen. Ein schwieriges Timing, sagten viele. Eine große Chance, entgegnete das Duo. In Kooperation mit der Acatis Investment KVG und der Universal Investment wurde der Fonds schließlich aufgelegt.
Ihr Value-Event-Ansatz schien zur rechten Zeit zu kommen. Während ETFs das Geld über Hunderte oder gar mehr als 1.000 Unternehmen breit streuten, setzten Rathausky und Muhle bei Gané auf einen radikal-fokussierten Ansatz. Knapp 20 Aktien, ebenso viele Anleihen, das war’s. Keine Rohstoffe, keine windigen Derivate, keine Währungszockereien. Ein Plain-Vanilla-Ansatz, der mit schnörkellosem Stock Picking und mehr als soliden Renditen die Anleger begeisterte. Der Fonds landete bei Privatanlegern, aber auch den großen Versicherern.
Es wurde eine beispiellose deutsche Erfolgsgeschichte. In den ersten 10 Jahren wuchs das Volumen auf 2,5 Milliarden Euro, es gab kein negatives Kalenderjahr, nur acht Prozent Volatilität. Und als die Assets weiterwuchsen, wuchs auch das Team. 2020 stieß bei Gané der ehemalige Goldman-Sachs-Banker Marcus Hüttinger dazu. Aus dem Duo wurde ein Trio.
Als Gané aus dem Fondsnamen verschwand
Was der Erfolgstreiber des Fonds war, darüber existieren bis heute unterschiedliche Sichtweisen in der Branche. Manche sagen, es sei vor allem die Expertise gepaart mit Durchhaltewillen der beiden Fondsmanager Rathausky und Muhle. Andere betonen die Vertriebsleistung von Acatis in den Anfangsjahren sei der Grundpfeiler des Erfolgs.
Doch wenn jeder mehr als die Hälfte des Erfolgs geleistet haben will, ist Streit vorprogrammiert.
Lange schien es zumindest von außen betrachtet gut zu gehen, schließlich verdienten beide Seiten erklecklich daran. Mit einer TER von 1,92 Prozent bleibt bei einem Milliardenmandat mehr als genug für beide Seite hängen, dafür muss man nicht einmal den Taschenrechner zücken. Zumal Acatis betont, die Vergütung sei „für beide Seiten jederzeit sehr fair geregelt gewesen“.
Die Spannungen zeigten sich dennoch für alle sichtbar vor etwa anderthalb Jahren, als der Acatis Gané Value Event – so hieß der Fonds lange Zeit – umbenannt wurde. Das Gané wurde gestrichen, der Fokus lag nun auf dem Namen der KVG.
Der Schritt sei unter rein juristischen Gesichtspunkten erfolgt, teilt Michael Niefer von der Frankfurter Fondsboutique Acatis damals mit. Es seien vor allem markenrechtliche Aspekte gewesen, über die sich die Partner wohl nicht hätten einigen können. An der Zusammenarbeit mit der Gané AG in Management und Vertrieb änderte sich dadurch nichts, hieß es unisono von beiden Seiten. Wobei Muhle dann doch anmerkte, kurzfristig vor vollendete Tatsachen gestellt worden zu sein. Dieses Gefühl erlebt er derzeit, glaubt man der Pressemitteilung, womöglich wieder.
Hinter geschlossenen Türen gab es jedenfalls Gesprächsbedarf.
„Vorgeschobene Begründung“
Zum Jahreswechsel brachte wiederum die Fondsboutique Gané Bewegung in die Sache. Das Trio legte mit dem Gané Global Balanced einen neuen Mischfonds mit defensivem Fokus auf. Jedoch nicht bei Acatis als Verwaltungsgesellschaft.
Das empfand man in Frankfurt offenbar als Affront.
Man hätte gerne weiter die gesamte Infrastruktur und den Vertrieb für Gané übernommen, erklärte Stefan Riße gegenüber „Fonds Professionell“. Zwischen den Zeilen liest sich das nach einem unkittbaren Vertrauensbruch.
Das wiederum möchte Gané so nicht stehen lassen. „Diese Begründung ist offensichtlich vorgeschoben“, schreibt die Aktiengesellschaft recht unumwunden in einem schriftlichen Statement auf Linkedin. Beide Fonds hätten völlig andere Risikoprofile. Und: „Auch Acatis hat in den vergangenen 15 Jahren zahlreiche neue Produkte lanciert, ohne dass wir deswegen unsere Zusammenarbeit in Frage gestellt hätten“, heißt es weiter.
Im September 2022 wurde der Gané Global Equity Fund aufgelegt, der mittlerweile gut 200 Millionen Euro verwaltet. Der vor Kurzem gestartete defensive Mischfonds Gané Global Balanced vereint derzeit 12 Millionen.
210 Millionen versus 7,8 Milliarden – kann das wirklich eine Bedrohung sein? Oder geht es hier eher ums Prinzip? Um gekränkte Egos? Immerhin macht allein der Gané-Fonds mehr als die Hälfte des Fondsvolumens der erfolgreichen KVG aus.
Ein Neuanfang scheint unmöglich
In der Pressemitteilung lässt Gané bei aller Verwunderung auch versöhnliche Töne anklingen. „Vor diesem Hintergrund war die Zusammenarbeit mit Acatis bislang sehr partnerschaftlich und gut“, heißt es.
Doch für Acatis scheint die Sache gelaufen zu sein. Das Unternehmen teilte mit, Johannes Hesche habe den Staffelstab übernommen und sei nun Fondsmanager des Acatis Value Event. Und ein Detail in der dazugehörigen Mitteilung ließ zunächst aufhorchen: Hesche übernehme „mit Beginn Februar 2024“, war zu lesen.
Hesche leitet den Fonds also bereits seit knapp 2 Wochen, Gané will davon bislang jedoch nichts erfahren haben? Ein Versehen, erklärte man auf Nachfrage. Die Passage wurde mittlerweile überarbeitet. Nun heißt es, Hesche leite den Fonds seit 12. Februar 2024 - also dem Tag, an dem die Zusammenarbeit mit Gané öffentlich aufgekündigt wurde.
Auch die Kündigungsfrist überrascht, schließlich endet die Tätigkeit von Uwe Rathausky und Henrik Muhle als Fondsberater zum 31. März 2024. Man halte sich an alle gesetzlichen Fristen, erklärte man schmallippig seitens Acatis, ohne jedoch auf vertragliche Details einzugehen.
Es sind einige offene Fragen in der Causa Gané, die derzeit für Gesprächsstoff in der Branche sorgen. Und so bleibt es spannend zu beobachten, ob Anleger ihr Geld nun Johannes Hesche, dem neuen Mann an der Spitze, anvertrauen, oder ob sie ihr Geld nun abziehen. Und falls Letzteres geschieht: Wo das Geld hinwandert. Fließt es in die anderen Gané-Fonds? Zu anderen Mischfonds von Flossbach, Phaidros und DJE? Wie heißt es im Volksmund: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte.
Der Name Gané stammt übrigens von der indischen Gottheit Ganesha. Der Elefantengott steht für Weisheit und das Wissen, gilt als Überbringer des Glücks – und des Neuanfangs.