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Energiekrise in Europa Deutschland bezieht inzwischen sogar Kohle aus Südafrika

Überseehafen Rostock
Überseehafen Rostock: 2020 wurden 57,4 Prozent der in der EU verfeuerten Kohle eingeführt, Russlands Anteil an den Steinkohleimporten lag bei 52,7 Prozent. | Foto: Imago Images / BildFunkMV

Die Europäische Union bleibt abhängig von Energieimporten, und die Abhängigkeit nimmt wieder zu: Als der Energieverbrauch 2020 wegen Corona fiel, importierte die EU 57,5 Prozent ihrer Energie. 2019, vor der Pandemie, waren es fast 61 Prozent.

Laut Eurostat sind alle 27 EU-Länder Nettoenergieimporteure. Vor Russlands Einmarsch in die Ukraine bezog die EU mehr als 24 Prozent ihrer Energie aus Russland.

  • 2020 hat die EU 83,6 Prozent ihres Erdgases importiert, 46,1 Prozent davon aus Russland.
  • 2020 importierte die EU 96,2 Prozent des benötigten Rohöls, davon 25,7 Prozent aus Russland.
  • 2020 wurden 57,4 Prozent der Kohle eingeführt. Russlands Anteil an den Steinkohleimporten betrug 52,7 Prozent.

Grafik 1: Importabhängigkeit der EU im Jahr 2020

Lösungen

Europas Abhängigkeit von russischer Energie steht einer einfachen Lösung im Wege. Wegen der Krise werden nun unterschiedliche Strategien verfolgt:

  • Übergewinnsteuer: Die EU plant Interventionen am Elektrizitätsmarkt. Vorgesehen ist eine Übergewinnsteuer für Stromerzeuger, die andere Energiequellen als Erdgas nutzen. Der Gaspreis gilt als Benchmark für die Preismacht. Kostengünstigere Stromerzeuger (Atomstrom, Kohleverstromung) müssen dann eine Steuer in Höhe der Differenz zwischen ihren Produktionskosten und dem Erdgaspreis zahlen. Die EU-Regierungen würden mit den Einnahmen aus dieser Steuer die Verbraucher entlasten. 
  • Kernenergie: Nach der Katastrophe in Fukushima 2011 begann Deutschland mit dem Ausstieg aus der Kernenergie. Zum Ausgleich setzte man vor allem auf russisches Erdgas. Jetzt will die Bundesregierung die verbleibenden Kernkraftwerke über den vorgesehenen Abschaltungstermin hinaus am Netz lassen und vielleicht auch zwischenzeitlich stillgelegte Kraftwerke später wieder reaktivieren. Wegen technischer Probleme fiel die französische Atomstromerzeugung Anfang des Jahres deutlich, doch sollen die meisten französischen Kernkraftwerke noch dieses Jahr wieder mit voller Kapazität arbeiten. Da Kernkraft CO2-neutral ist und damit als nachhaltig gilt, rechnen wir hier langfristig mit mehr Investitionen. 
  • Flüssigerdgas (LNG): Seit Beginn der Krise sind die Flüssigerdgas-Importe aus den USA, Katar und anderen Ländern gestiegen. Allerdings reicht die europäische LNG-Infrastruktur nicht aus, um den Ausfall der russischen Gaslieferungen durch Flüssigerdgas-Importe auszugleichen. Tanklagerschiffe bzw. schwimmende LNG-Terminals mit Regasifizierungsanlagen sollen das Problem ansatzweise lösen. Sie sind schneller einsatzfähig als stationäre Terminals an Land, von denen in den Niederlanden gerade eines in Betrieb gegangen ist. Für die nächsten Jahre sind laut S&P Global bis zu 25 neue Terminals geplant.
  • Kohle: Niemand möchte gerne mehr Kohle verbrennen, um Strom zu erzeugen. Aber die Energiekrise lässt Europa keine andere Wahl. In den ersten acht Monaten des Jahres 2022 wurden 35 Prozent mehr Kohle importiert als im Vorjahreszeitraum, meist aus sehr viel ferneren Ländern. Deutschland bezieht sogar Kohle aus Südafrika. 
  • Energiesparen: Vermutlich wird die EU verpflichtend vorschreiben, in den Hauptnutzungszeiten 5 Prozent weniger Energie zu verbrauchen, mit einem freiwilligen Einsparungsziel von bis zu 15 Prozent. Nach wie vor wird aber befürchtet, dass Europa Gas rationieren muss, falls der Winter hart wird. 
  • Erneuerbare Energien: Europa hat in den letzten zehn Jahren sehr viel in erneuerbare Energien investiert. Dennoch entfallen auf sie zurzeit nur etwa 22 Prozent des europäischen Verbrauchs. Mitte September beschloss das Europäische Parlament, den Zielwert für 2030 von 40 auf 45 Prozent anzuheben.
 

Konsequenzen: Kurzfristig ist die Krise alles andere als folgenlos. Wenn der Winter in Europa sehr kalt wird, müssen Prioritäten gesetzt werden. Die Politik muss dann entscheiden, was wichtiger ist – warme Wohnungen oder die Industrieproduktion. Es ist eine Wahl zwischen Pest und Cholera, und beides würde dem Geschäfts- und Konsumklima schaden. Die hohen Energiepreise zehren einen großen Teil der verfügbaren Einkommen auf, was nicht ohne wirtschaftliche Folgen bleibt.

Die Politik tut alles, um die Auswirkungen der Krise zu mindern. Dennoch dürfte ein schwieriger Winter bevorstehen.

Die hier dargestellten Meinungen sind die von MFS und können sich jederzeit ändern. Sie dürfen nicht als Anlageberatung, Wertpapierempfehlung oder als Hinweis darauf verstanden werden, dass irgendeine Transaktion geplant ist. Bitte beachten Sie, dass auch ein nachhaltiger Investmentansatz keine Erträge garantiert. Alle Anlagen, auch solche mit ESG-Integration, gehen mit gewissen Risiken einher, einschließlich des möglichen Verlusts des investierten Kapitals. 

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