Reform der Riester-Rente „Die private Altersvorsorge braucht einen Neuanfang“

Deutschlands Lebensversicherer haben im vorigen Jahr die gesamtwirtschaftlichen Trends bei den Zinsen und der Inflation zu spüren bekommen. Das erklärte Norbert Rollinger jetzt auf der Jahresmedienkonferenz des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Demnach ergeben sich für Kunden mit den seit dem Sommer wieder steigenden EZB-Leitzinsen wieder mehr Alternativen zur Einmalanlage in einem Policen-Vertrag.
Konkret sank das Geschäft mit Verträgen gegen Einmalbeitrag bei Lebensversicherern, Pensionskassen und Pensionsfonds im Jahresvergleich um satte 18 Prozent ab. Denn die Abschlüsse in diesem Marktsegment schwanken in der Regel besonders stark mit dem Zinstrend. Zum Vergleich: Im Nullzins-Jahr 2019 verzeichneten die Lebensversicherer mit Einmalbeitrags-Policen noch ein Plus von 37 Prozent.
„Zum anderen führen die durch die Inflation gestiegenen Lebenshaltungskosten dazu, dass viele Menschen weniger Geld in ihre Altersvorsorge investieren“, so der GDV-Präsident weiter. Unter den insgesamt ungünstigen Rahmenbedingungen leiden aber insbesondere die noch verbliebenen Anbieter der Riester-Rente: Die Branche verzeichnet hier für 2022 im Neugeschäft für ein Minus von 60 Prozent.
Hinderlich sei für die Riester-Anbieter insbesondere die gesetzlich vorgeschriebene 100-Prozent-Garantie und der niedrige Höchstrechnungszins von 0,25 Prozent. Daher haben die Versicherer Vorschläge für eine Reform der privaten geförderten Altersvorsorge unter dem Titel Bürgerrente vorgelegt: „Im Vergleich zur Riester-Rente ist sie einfacher, verständlicher, nachhaltiger und renditestärker“, so Rollinger.
Reformbedarf 22 Jahre nach Riester-Start
Das GDV-Konzept sieht im Kern vor, dass auf jeden in die Bürgerrente eingezahlten Euro zusätzlich eine Förderung von 50 Cent kommt. Die förderfähigen Beiträge sollen auf 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung begrenzt werden. Um den Beratungsaufwand gering zu halten, soll das Altersvorsorgeprodukt in hohem Maße standardisiert sein und auch digital vertrieben werden können.
Letzteres hat der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) kritisiert und darauf hingewiesen, dass eine individuelle Altersvorsorge eine persönliche Beratung brauche: „Der GDV will einen beratungslosen digitalen Vertriebsweg ermöglichen. Das wird viele abschrecken, wenn sie sich ohne Beratung auf Jahrzehnte binden sollen, ohne vorher mit einem qualifizierten Versicherungsvermittler ihre Vorsorgepläne durchgesprochen zu haben“, warnt BVK-Präsident Michael H. Heinz im Interview mit DAS INVESTMENT.
Eine verglichen mit der Riester-Rente höhere Rendite, wie es auch die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag anpeilt, soll den Vorschlägen der Versicherer zufolge erreicht werden, indem das Garantie-Niveau auf 80 Prozent abgesenkt wird. So könnten die Beiträge gewinnbringender am Kapitalmarkt angelegt werden, maßgeblich nach nachhaltigen Kriterien. Und um die Bürgerrente möglichst weit verbreiten zu können, sollen auch Selbstständige, Beamte und Arbeitslose einbezogen werden.
„Nach über zwei Jahrzehnten ohne grundlegende Änderungen braucht die private Altersvorsorge einen Neuanfang“, sagte Rollinger. „Die Riester-Rente ist zu komplex und bürokratisch, um eine weitere Verbreitung geförderter Vorsorgeprodukte zu ermöglichen. Wir Versicherer bringen daher unserer Idee einer Bürgerrente in die nun begonnene Diskussion ein. Für eine private Rente, die die Menschen noch besser erreicht.“