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Hochwasser: BVK für Opt-Out-Verfahren in Gebäudeversicherung

Das jüngste Hochwasser in Bayern und Baden-Württemberg dürfte nach einer ersten vorläufigen Schätzung der Versicherungswirtschaft Schäden von etwa zwei Milliarden Euro verursacht haben. „Weil insbesondere an der Donau das Hochwasser noch nicht abgelaufen ist, haftet dieser Schätzung noch eine gewisse Unsicherheit an“, erklärt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Nach Ende der Hochwasserlage werde der Verband daher erneut den Stand der Schäden bei seinen Mitgliedsunternehmen abfragen.
„Oberste Priorität hat für uns jetzt, dass den Betroffenen schnell und effizient geholfen wird“, so Asmussen weiter. „Die Versicherer haben für solche Fälle spezielle Einsatzpläne. Sie bündeln ihr Personal vor Ort und in der Verwaltung, um die Schadenmeldungen schnell aufnehmen und abarbeiten zu können.“ Die bislang folgenschwerste Naturkatastrophe war die Flut im Juli 2021 (siehe Grafik), die hauptsächlich in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen schwere Verwüstungen angerichtet hatte. Damals entstand ein versicherter Schaden von knapp 9 Milliarden Euro.

In den vergangenen Monaten hatten die Versicherer bereits zweimal für Überschwemmungen einzustehen. Zum Jahreswechsel traten in Nord- und Mitteldeutschland viele Flüsse über die Ufer. Dabei entstand ein Schaden von schätzungsweise 200 Millionen Euro. Ähnlich teuer für die Versicherer war laut vorläufiger GDV-Prognose das Hochwasser im Saarland und Rheinland-Pfalz über die Pfingstfeiertage. Nach jedem Unwetter forderten Politiker in den betroffenen Regionen, dass die Bundesregierung eine Pflichtversicherung für Schäden einführt, die nicht von der üblichen Wohngebäudeversicherung abgedeckt sind.
Nur jedes zweite Gebäude ist gegen Elementarschäden versichert
Am stärksten verbreitet ist der Extraschutz gegen die sogenannten Elementarrisiken in Baden-Württemberg, wo eine solche Versicherung bis 1994 Pflicht war und heute schätzungsweise 94 Prozent der Gebäude gegen die weiteren Naturgefahren versichert sind (siehe Grafik unten). Besonders niedrig ist die Quote in Bremen mit nur 31 Prozent; deutschlandweit sind es im Durchschnitt 52 Prozent. Vor dem August-Hochwasser 2002 war erst lediglich etwa jedes fünfte Gebäude vollkaskoversichert.

CDU-Antrag im Bundestag abgelehnt
Doch laut einem Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sollte der optional wählbare Zusatzbaustein bundesweit zum Normalfall werden, ohne dass er staatlich vorgeschrieben wird. Für diesen Vorschlag gab es am Donnerstag aber keine Mehrheit im Bundestag, bedauert der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK). „Vor dem Hintergrund der sich häufenden Hochwasserkatastrophen im Zuge des Klimawandels und dem dann immer wieder aufwallenden Ruf nach staatlicher Hilfe für Flutopfer war das ein konstruktiver Vorschlag aus der Politik, der zudem noch den Zuspruch der Versicherer findet. Stattdessen wird weiter über die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Naturgefahren diskutiert, die alle Immobilieneigentümer unabhängig von ihrer Gefährdungslage treffen würde und sicher nicht so schnell eingeführt werden könnte.“
Konkret sah der Antrag unter dem Titel „Elementarschadenversicherung fit für die Zukunft machen“ vor, dass bei allen Neuverträgen für Gebäudeversicherungen standardmäßig ein Elementargefahrenschutz eingeschlossen sein sollte. Diesen hätte der Kunden aktiv abwählen müssen, nachdem er von dem Vermittler auf das damit verbundene Deckungsrisiko hingewiesen worden war. Auch die schon bestehenden Gebäudeversicherungen sollten zu einem Stichtag einen Naturgefahren- beziehungsweise Elementarschadenschutz erhalten, wenn Kunden dem nach einer gewissen Frist nicht aktiv widersprochen hätten.
BVK kritisiert Ablehnung von Opt-Out-Lösung
„Wir vom BVK schätzen, dass damit auf einen Schlag mindestens 70 bis 80 Prozent der Gebäudeversicherungen einen Naturgefahrenschutz erhalten hätten“, erklärt Michael H. Heinz. „Damit hätten wir nicht weiterhin bei einem Niveau von 52 Prozent bis zum nächsten Hochwasser gedümpelt. Privatwirtschaftliche Lösungen können in der Regel auch schneller und unkomplizierter umgesetzt werden als staatliche Obligatorien“, so der BVK-Präsident weiter. Darin ist sich der BVK mit dem GDV einig, der aktuell jedoch auch Gesprächsbereitschaft über eine Pflichtversicherung für Elementarrisiken signalisiert.
„Für uns ist wichtig, dass wir nicht ausschließlich über Versicherungslösungen diskutieren, sondern dass wir in Deutschland viel mehr tun, um Naturgefahrenschäden zu vermeiden. Dazu gehören zum Beispiel bessere Hochwasserschutzanlagen. Nur so können wir die Spirale aus steigenden Schäden und steigenden Prämien durchbrechen“, erklärt GDV-Hauptgeschäftsführer Asmussen. Versicherer fordern zudem ein klares Bauverbot für Neubauten in Überschwemmungsgebieten. Anlass bieten amtliche Zahlen, wonach mehr als 300.000 Adressen hierzulande von Hochwasser bedroht sind. Beispielsweise im Ahrtal drohe ohne Prävention eine „Katastrophe auf Wiedervorlage“.
Französisches System als Blaupause für Deutschland?
Man begrüße im Grundsatz alles, was die Versicherungsdichte erhöht. Das französische System „Catastrophe Naturelles“ sei allerdings keine Blaupause für Deutschland, wie es manche deutsche Politiker nach dem jüngsten Hochwasser im Saarland gefordert haben. Positiv daran sei zwar, dass das Naturgefahrenrisiko ganzheitlich betrachtet werde. „Die Einsicht, dass es mit Versicherung alleine nicht getan ist, ist vor allem bei den Bundesländern leider immer noch nicht angekommen“, kritisiert die Dachorganisation der privaten Versicherer in Deutschland mit rund 460 Mitgliedsunternehmen.