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GDV: Kunden profitieren vom gestiegenen Höchstrechnungszins

Wenn der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zum Medientermin lädt, kommen sie alle – nicht nur die Fachmedien, auch die großen Presseagenturen oder Zeitungen wie die „Rheinische Post“. So auch zur Ergebnisvorstellung der eigenen Analyse „Anpassung des Höchstrechnungszins“.
GDV-Berechnungen anhand von Modellkunden
Insgesamt 232 Tarife von Berufsunfähigkeits-, Risikolebens- und sofort beginnenden Rentenversicherungen hat der GDV dabei anhand von elf Modellfällen analysiert. Klassische Lebensversicherungsprodukte wurden in die Untersuchung nicht einbezogen, weil sie nach GDV-Einschätzung im Neugeschäft kaum noch eine Rolle spielten. Mehr Informationen zur Methodik gibt es hier.
Vortragen wurden die Ergebnisse von Michael Fauser, Vorsitzender des Ausschusses Mathematik und Produktfragen im GDV. Als Vorstandsvorsitzender der Ergo Vorsorge Lebensversicherung ist er auch Vertreter der produktgebenden Branche, sodass Neutralität eher nicht zu erwarten war.

Erste Erhöhung seit 30 Jahren
Warum das Ganze? Der Höchstrechnungszins als Obergrenze für den maximal zulässigen Rechnungszins, den Lebensversicherer bei der Berechnung ihrer Rückstellungen nutzen dürfen, wurde zum 1. Januar 2025 von 0,25 auf 1 Prozent erhöht. Es ist die erste Erhöhung seit 30 Jahren.
Ein fraglos großes Thema für die Branche, das seine Auswirkungen zum Beispiel durch ein Comeback der Riester-Rente bei einigen Gesellschaften schon gezeigt hat. Dazu sagte Moritz Schumann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des GDV: „Aktuell ist es wieder möglich, Riester-Verträge vernünftig zu kalkulieren”. Für eine Prognose, wie es sich entwickelt, sei es allerdings noch zu früh.
Verband trommelt für die Lebensversicherungsbranche
Die Botschaft des GDV anhand der eigenen Auswertung ist größer und soll vor allem die Vorteile für Kunden und die Attraktivität des Produktangebots unterstreichen: So führe der neue Höchstrechnungszins zu höheren Garantieleistungen und besseren Rentenfaktoren für die Versicherten. Beim überwiegenden Teil aller untersuchten Versicherungen hätten steigende Leistungen errechnet werden können. Das gelte bei Verträgen im Bereiche Berufsunfähigkeit und Risikolebenssektor, allerdings nur bei Neuverträgen.
Bei der Frage, wie sich der neue Höchstrechnungszins auf das Neugeschäft in der Versicherungsbranche auswirkt, hielt sich Fauser bedeckt: „Das ist schwierig zu beurteilen. Die Nachfrage ist auch abhängig von den weiteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Aber sicher ist, dass es die Produkte sicher attraktiver macht“.
Was der Höchstrechnungszins in der BU-Versicherung bewirkt

Was die Berufsunfähigkeitsversicherung angeht, habe der GDV durch seine Berechnungen im Mittel um 4,8 Prozent höhere BU-Renten feststellen können, in einzelnen Modellfällen um bis zu 9 Prozent. Der Verband weist darauf hin, dass die Anbieter bei den Kapitalrücklagen den Höchstrechnungszins nicht überschreiten dürfen. Folglich führe eine Zinserhöhung zu steigenden Garantieleistungen für Neuverträge.
Ein GDV-Beispiel: Ein 40-jähriger selbstständiger Elektriker würde, wenn er jetzt eine BU-Versicherung abschließt, bei gleichen Prämienkosten, beispielsweise 72 Euro mehr im Monat erhalten als ursprünglich 1.500 Euro.

Hallo, Herr Kaiser!
Steigerungen in der Risikolebensversicherung in ähnlicher Größenordnung

Positiven Einfluss hat laut GDV die Anpassung auch auf die Kalkulation von Garantien in der Risikolebensversicherung, die der finanziellen Absicherung von Hinterbliebenen in Form einer einmaligen Kapitalleistung dient. Hier stellte der Verband fest, dass die Garantieleistungen je nach Modellfall um rund 3 bis 6 Prozent gestiegen sind. Der mittlere Anstieg liegt bei dieser Kategorie bei 4,9 Prozent.
In dem Modellfall einer 35-jährigen Person, die als Fachkraft in einer Bäckerei arbeitet, mit 5 Prozent höheren Garantien bei einer Versicherungssumme in Höhe von 200.000 Euro bedeute dies fast 10.000 Euro mehr.
Rentenfaktoren steigen um 12 Prozent
Bei privaten Rentenversicherungen wiederum wirke sich die Anhebung des Höchstrechnungszinses insbesondere auf die Rentenfaktoren aus, vorausgesetzt diese sind in den Verträgen bis zum Rentenbeginn flexibel. Sie bestimmen die Höhe der monatlich garantierten Rente pro 10.000 Euro angespartem Kapital. Ein Rentenfaktor von 30 bedeutet zum Beispiel bei einem angesparten Kapital in Höhe von 10.000 Euro eine lebenslange Rente von 30 Euro pro Monat.
Durch den neuen Höchstrechnungszins erhöht sich laut GDV-Berechnung die Garantierente auch bei Bestandskunden, die noch in der Sparphase sind. „Die Rentenfaktoren steigen – im Mittel sogar um 12 Prozent“, so Fauser.
Ein GDV-Beispiel: Eine 66-jährige Person, die 50.000 Euro angespart hat, erhält nach den Berechnungen eine um 17 Euro höhere garantierte Start-Rente pro Monat, wenn sie jetzt eine Rentenversicherung abschließt.
Ergo-Vorstand: Überschussbeteiligungen dürften weiter steigen

Vorsorge Lebensversicherung, © Ergo
Keine Neuigkeit war indes der Verweis von Fauser auf gestiegene Überschussbeteiligungen in den vergangenen beiden Jahren im Zuge des verbesserten Zinsumfeldes. „94 Prozent der erwirtschafteten Kapitalerträge fließen an Kundinnen und Kunden. Durch die bessere Lage gehen wir, wie in den vergangenen Jahren von einer weiter steigenden Gesamtverzinsung aus”, sagte der Ergo-Manager. Bei den aktuellen Tarifen und Überschüssen dauere es etwa 21 Jahre, bis das Anfangskapital der Modellkundin voll ausgezahlt ist.
Wer lange lebt, sei mit einer Rentenversicherung auf der sicheren Seite. Heißt übersetzt: Wer dies nicht tut, für den ist es in der nachträglichen Betrachtung womöglich nicht das passende Produkt gewesen.
Immerhin glaubt Fauser an künftig weiter steigende Überschussbeteiligungen. Ein Grund dafür sei die langfristigere Orientierung der Versicherer in der Kapitalanlage. Es werde verstärkt in Infrastruktur- und Mobilitätsprojekte wie Straßenbau, Eisenbahnverkehr und Telekommunikation investiert.