Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) übt scharfe Kritik an den Plänen der europäischen Aufsichtsbehörde Eiopa zur Vereinfachung der Solvency-II-Berichtspflichten. Die im Oktober 2025 abgeschlossene Konsultation sollte eigentlich spürbare Entlastungen bringen – doch der GDV sieht das angestrebte Ziel deutlich verfehlt.
„Weniger Meldebögen und differenzierte Anforderungen für kleinere und größere Unternehmen sind grundsätzlich richtige Ansätze – gleichzeitig sind aber auch neue Berichtspflichten vorgesehen. Die angestrebte Entlastung ist damit kaum zu erkennen", kritisierte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen die Reformpläne. Für viele Unternehmen sei das ein reines Placebo, aber keine wirksame Vereinfachung.
Neue Meldepflichten konterkarieren Entlastungsziele
Besonders problematisch: Während Eiopa einige Berichtsvorlagen (QRTs) streichen will, plant die Behörde gleichzeitig neue Meldepflichten. Künftig sollen Versicherer zusätzlich über Naturkatastrophenrisiken und Pensionsdaten berichten – Anforderungen, die laut GDV teils ohne überzeugende inhaltliche Begründung eingeführt werden und erheblichen Umstellungsaufwand bedeuten.
Der Verband bezweifelt, dass die Reform das von der EU-Kommission angestrebte Ziel erreicht, die Verwaltungslasten im Finanzsektor um 25 Prozent zu senken. Unterm Strich dürfte sich der bürokratische Aufwand nur marginal verringern.
Proportionalität hilft nur wenigen
Eiopa verfolgt mit der Reform einen sogenannten Proportionalitätsansatz: Kleinere, weniger komplexe Versicherer sollen von vereinfachten Vorgaben profitieren, während für größere Anbieter umfassendere Anforderungen gelten. Dieser Grundgedanke sei richtig, so der GDV. Allerdings würden von den vorgesehenen Erleichterungen nur wenige Unternehmen profitieren, die einen geringen Teil des Marktes ausmachen. Versicherungsgruppen hingegen blieben bei den Entlastungen weitgehend außen vor.
Rückblick: Warum Solvency II überhaupt entstand
Die Berichtspflichten unter Solvency II haben ihren Ursprung in der Finanzkrise 2008. Damals stand der US-Versicherungsriese AIG kurz vor dem Kollaps, nachdem er massive Verluste durch riskante Kreditderivate erlitten hatte. Die Federal Reserve musste den Konzern mit 85 Milliarden Dollar retten – ein Schock, der Europa dazu brachte, seine Versicherungsaufsicht grundlegend zu reformieren.
Das 2016 in Kraft getretene Solvency-II-Regelwerk sollte sicherstellen, dass Versicherer stets genug Kapital vorhalten, um ihre Risiken zu decken. Anders als unter dem veralteten Vorgängersystem Solvency I orientieren sich die Kapitalanforderungen seither am tatsächlichen Risikoprofil jedes Unternehmens – nicht mehr an pauschalen Formeln.
Das System basiert auf drei Säulen: quantitative Kapitalanforderungen, qualitative Governance-Anforderungen und umfassende Berichtspflichten gegenüber Aufsicht und Öffentlichkeit. Gerade Letztere gelten als besonders aufwendig.

