

- Startseite
- Versicherungen
-
GDV zu Solvency II und EU-Zahlungsverzugsverordnung

Vier Jahre hat es gedauert: Nun hat das Europäische Parlament die aktualisierte Richtlinie für das 2016 eingeführte europäische Aufsichtsregime Solvency II verabschiedet. Die neue Fassung beinhaltet unter anderem eine erweiterte Berichterstattungspflicht, gelockerte Kapitalanforderungen, eine stärkere Unterscheidung zwischen risikoarmen und tendenziell systemrelevanten Versicherungen sowie die Bevorzugung von nachhaltigen Anlagen.
GDV äußert sich positiv über die Verabschiedung
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) begrüßt die finale Ausgestaltung von Solvency II nach dem langen Review-Prozess. Für den Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen stellt das Ergebnis „eine ausbalancierte Weiterentwicklung des bereits bestehenden Rechtsrahmens“ dar, mit dem Versicherer gut arbeiten könnten. Asmussen weist darauf hin, dass ausnahmslos alle deutschen Versicherer die Solvenzanforderungen erfüllen. „Es ist sichergestellt, dass sie die Leistungsverpflichtungen jederzeit bedienen können“, sagt er.
Noch Klärungsbedarf beim Berichtswesen für kleine Unternehmen
Auf den politischen Abschluss folgen für die Versicherungswirtschaft nun die nachgelagerte Gesetzgebung und die nationale Umsetzung. Während man sich darauf konzentriert, sollte laut Asmussen besonders beachtet werden, „möglichst vielen auch kleinen Unternehmen den Zugang zu diesen Erleichterungen zu ermöglichen, zum Beispiel beim Berichtswesen“. In diesem Punkt gab es für Asmussen bereits bei der Neufassung der Richtlinie weiteren Klärungsbedarf.
Ein zentraler Punkt der überarbeiteten EU-Richtlinie sei das Thema Nachhaltigkeit. Im Interesse der Versicherungskunden sieht Asmussen die neuen Nachhaltigkeitsanforderungen positiv: „Ziel von Solvency II ist der Schutz der Versicherungsnehmer. Es ist deshalb richtig, dass sich die neuen Regeln auf die Risiken fokussieren, die sich aus der Transition und dem Klimawandel für Versicherer ergeben.“
Richtlinie zur Abwicklung und Sanierung ebenfalls verabschiedet
Neben Solvency II verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union auch die Richtlinie zur Abwicklung und Sanierung von Versicherungsunternehmen (IRRD), die das vorhandene Regelwerk ergänzt. Die nationalen Aufsichtsbehörden wie etwa die deutsche Finanzaufsicht Bafin sollen demnach künftig sicherstellen, dass eine Mindestanzahl von Versicherungsunternehmen in jedem Mitgliedsstaat der EU dazu verpflichtet wird, präventive Sanierungspläne aufzustellen. Die Versicherer sind laut GDV verpflichtet, dafür notwendige Informationen bereitzustellen.
Der Verband gibt bei der Umsetzung zu bedenken, dass „eine doppelte Berichterstattung zu bereits von der Bafin im Rahmen der laufenden Aufsicht erhobenen Informationen in jedem Fall zu vermeiden“ ist. Denn das stelle einen Mehraufwand für die Unternehmen dar.
Die Mitgliedstaaten haben ab der nun erfolgten Verabschiedung der Richtlinien zwei Jahre Zeit, um diese in nationales Recht umzusetzen.
Regulierte Zahlungsziele für europäische Unternehmen
Ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung des Europäischen Parlaments war die geplante EU-Zahlungsverzugsverordnung. Die Idee dahinter: Für die Unternehmen soll künftig ein grundsätzliches Zahlungsziel von 30 Tagen gelten. Bisher konnten europäische Unternehmen ihre Zahlungsziele frei vereinbaren und auch von der vorgesehenen Höchstfrist von 60 Tagen im gegenseitigen Einvernehmen der Vertragspartner abweichen. Die kürzeren Zahlungsfristen sollen erstmals auch für Versicherungsleistungen gelten.
Ausnahmen sollen nur für bestimmte, von der EU-Kommission festzulegende Produkte gelten. Für Fristüberschreitungen werden hohe Strafzinsen fällig. Um das Zahlungsverhalten der Unternehmen zu kontrollieren, müssten europaweit neue Behörden aufgebaut werden.
GDV warnt vor negativen wirtschaftlichen Konsequenzen
Asmussen nennt diese Pläne eine „klare Überregulierung“. Während das Europäische Parlament die Zahlungsverzugsverordnung befürwortet, kritisiert der Verband die gesetzlich festgelegten Zahlungsziele und behördliche Kontrollen. Auch bedeute die Regelung mehr Bürokratie und würde die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen gegenüber weniger strenge regulierten Geschäftspartnern schmälern.
Die Hauptsorge besteht für den GDV darin, dass die kürzeren Zahlungsfristen erstmals auch für Versicherungsleistungen gelten sollen. „Die Regulierung komplexer Sach- und Personenschäden ist weit mehr als eine einfache Geldzahlung und hat auch nichts mit Handelsgeschäften zu tun, die mit der Verordnung eigentlich geregelt werden sollen“, sagt Asmussen. Er plädiert deshalb für die Beibehaltung der geltenden Richtlinie zum Zahlungsverzug.