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Starkregen: Jedes 10. Haus in 20 Jahren betroffen (GDV-Bilanz)
Wesermarsch, Sonneberg, Hildburghausen - das sind drei Kreise in Deutschland mit sehr niedriger Bevölkerungsdichte. Direkt an der Nordsee oder im Süden Thüringen, das sind nicht gerade die hipsten Gegenden Deutschlands würden wohl manche sagen. Wohngebäude- und Elementarschadenversicherer mögen die Kreise dafür umso mehr. Es sind die, in denen Hausbesitzer in den vergangenen 20 Jahren am geringsten von Schäden durch Starkregenereignisse betroffen waren. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Flutkatastrophe von 2021 prägt Statistik
So kommt der Landkreis Wesermarsch auf gerade mal 18 betroffene Gebäude pro 1.000. Das ist der niedrigste Wert im Vergleich aller deutschen Landkreise. Auffällig ist, dass die reine Anzahl der Umweltereignisse scheinbar nicht mit der Schadenhäufigkeit an Wohngebäuden korreliert. So gab es in Hildburghausen 91 solcher Starkregenfälle bei zugleich 28 betroffenen Gebäuden pro 1.000.
In Münster, wo der zweithöchste Anteil betroffener Gebäude zu finden ist (324), waren dafür gerade mal 36 Starkregenfälle im von Zeitraum 2002 bis 2021 verantwortlich.
Die höchste Anzahl beschädigter Gebäude findet sich im Kreis Euskirchen mit 590. Was wenig überrascht: Der höchste Schadendurchschnitt pro Haus findet sich im Kreis Ahrweiler, der vor zwei Jahren von einer Jahrhundertflut betroffen war. Hier beträgt der durchschnittliche Schaden 61.046 Euro. Auch Euskirchen verdankt seinen Spitzenplatz der Sturzflut im Zuge von Tief „Bernd“, so der GDV. Hier gibt es die konkrete Übersicht.
In diesem Zusammenhang sollte man wissen, wie der Deutsche Wetterdienst Starkregen definiert. Er warnt in drei Stufen:
- Markante Wetterwarnung: Regenmengen von 15 bis 25 l/m² in einer Stunde oder 20 bis 35 l/m² in sechs Stunden
- Unwetterwarnung: Regenmengen von über 25 bis 40 l/m² in einer Stunde oder über 35 l/m² bis 60 l/m² in sechs Stunden
- Warnung vor extremem Unwetter: Regenmengen von über 40 l/m² in einer Stunde oder über 60 l/m² in sechs Stunden
Viele Schäden in Berlin, die kostspieligsten pro Haus in Rheinland-Pfalz
Insgesamt hat Starkregen in den betrachteten 20 Jahren bundesweit für Schäden von 12,6 Milliarden Euro an Wohngebäuden gesorgt. Statistisch gesehen war damit jedes zehnte Haus betroffen. Die Beseitigung der Folgen kostete betroffene Hausbesitzer durchschnittlich 7.600 Euro.
Hallo, Herr Kaiser!
In keinem anderen Bundesland waren so viele Gebäude betroffen wie in Berlin. Fast jedes siebte Haus in der Hauptstadt (148 von 1.000 Wohngebäuden) hatte einen Schaden durch besonders starke Regenfälle. Am teuersten waren im Bundesländervergleich die Schäden in Rheinland-Pfalz mit durchschnittlich 11.000 Euro. Den höchsten Gesamtschaden muss wiederum Nordrhein-Westfalen verkraften, mit über 4,1 Milliarden Euro.
Risiko für Extremereignisse in Zukunft neunmal höher
„Wir gehen davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit für ein extremes Ereignis, wie es 2021 den Westen Deutschlands getroffen hat, in Folge des Klimawandels bis zu neunmal höher ist. Die kurzen, heftigen Regengüsse treten überall in Deutschland auf. Das heißt, jeder kann von Starkregen betroffen werden“, sagt Katharina Lengfeld, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Wetterdienst.
Gegenden, die in den letzten 20 Jahren nur wenige Schäden durch Starkregen erlebten, hätten bislang einfach Glück gehabt. „Extreme Wetterereignisse nehmen zu und damit auch die Schäden. Klimawandel bedeutet: Mehr Hitze, mehr Dürre, aber auch mehr Stürme und Starkregen. Darauf müssen wir uns einstellen“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV. Gerade diese kurzen, heftigen Niederschläge verursachten besonders viele Schäden.
Klimafolgenanpassung bei Planen, Bauen und Sanieren
Angesichts der Zunahme extremer Wetterlagen stelle sich für die Versicherer die Frage, ob sie langfristig alle Schäden durch Naturgefahren noch versichern können. Ohnehin hätten derzeit nur 52 Prozent der Hausbesitzer eine Elementarschadenversicherung. „Wir müssen in Deutschland Prävention und Klimafolgenanpassung konsequent umsetzen. Ansonsten könnten sich nach unseren Schätzungen allein infolge der Klimaschäden innerhalb der nächsten zehn Jahre die Prämien für Wohngebäudeversicherungen verdoppeln“, so Asmussen.
Neben dem passenden Versicherungsschutz werde Prävention deshalb immer wichtiger, um künftige Schäden gering zu halten. „Von Bund und Ländern erwarten wir verbindliche Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung“, sagt Asmussen. Dazu gehörten etwa klimaangepasstes Planen, Bauen und Sanieren, ein Baustopp in Überschwemmungsgebieten und eine Verringerung der Flächenversiegelung. „Gesetzesvorhaben des Bundes können hier wichtige Weichen stellen, etwa die laufende Baurechtsreform und die diskutierten Änderungen der Musterbauordnung.