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Zweitägiger Versicherungstag in Berlin GDV legt im BVI-Streit um Altersvorsorge nach

Von in NewsLesedauer: 6 Minuten
Norbert Rollinger
Bleibt zwei weitere Jahre an der Spitze des einflussreichen Lobbyverbands GDV: Norbert Rollinger. | Foto: GDV Gesamtverband der Versicherer e.V.

Norbert Rollinger, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), hat vergangene Woche auf dem zweitägigen Versicherungstag in Berlin ein Übermaß an Bürokratie beklagt.

Der 60-jährige R+V-Chef, der zuvor einstimmig für eine weitere zweijährige Amtszeit an der Spitze der Lobbyorganisation gewählt worden war, sagte: „Die Komplexität der europäischen und nationalen Gesetzgebung ist für alle Unternehmen kaum noch zu durchschauen. Es gibt zahlreiche Beispiele für Über- oder Doppelregulierung, wenn zum Beispiel ein und derselbe Regelungsinhalt europäisch und national durch unterschiedliche Vorschriften geregelt wird. Vor allem die zahlreichen Berichtspflichten fressen immer mehr Ressourcen. Für kleine und mittlere Unternehmen ist das eigentlich schon nicht mehr zu bewältigen.“

FDP-Minister dankbarer Mitstreiter in Sachen Bürokratieabbau

Für eine Entlastung in Sachen Bürokratie sprach sich wenig überraschend auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) bei seinem Auftritt auf dem Versicherungstag aus. „Wir leiden in Deutschland unter einem Bürokratie-Burnout“, sagte er. Buschmann verwies auf das Meseberger Bürokratieabbauprogramm, mit dem die Bundesregierung ein umfangreiches Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht habe. Damit würden die Unternehmen mit rund 3,5 Milliarden Euro entlastet. Problem jedoch sei, dass 60 Prozent des Erfüllungsaufwands ihren Ursprung in europäischen Gesetzen hätte. Laut Buschmann stünden jedem eingesparten Euro durch den Wegfall von Vorschriften 2022 auf EU-Ebene vier Euro zusätzliche Kosten durch neue Gesetze gegenüber. 

Weniger Pflichten bei Nachhaltigkeitsberichterstattung gefordert

Als Beispiel für überbordende EU-Regeln nannte Rollinger die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive)-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in Unternehmen. Der Grundgedanke dahinter sei richtig, viele Berichtsanforderungen lieferten jedoch keinen Mehrwert. „Lasst uns bei der CSRD auf die Daten konzentrieren, die für Unternehmen Steuerungsimpulse setzen, etwa bei der Kapitalanlage oder im Risikomanagement“, sagte Rollinger. Aus Sicht von Buschmann müsse man über ein „CSRD-Reparaturgesetz“ sprechen, wie er es nannte: „Wenn sich die EU ranmacht, ein paar der Berichtspflichten zurückzunehmen, unterstützen wir das Projekt.“

Als weitere wichtige Herausforderungen nannte Rollinger die Versicherbarkeit von Extremwetterereignissen, den Umgang mit Cyberrisiken und auf europäischer Ebene eine Weiterentwicklung der Kapitalmarktunion. Die eigene Branche sieht der GDV dabei anscheinend in einer Vorreiterrolle. „Als größter institutioneller Investor sind wir ein langfristiger Finanzierer für die öffentliche Hand und für die Privatwirtschaft“, sagte Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Die Versicherungsunternehmen in Deutschland investierten jedes Jahr 300 Milliarden Euro neu. Insgesamt verfüge die hiesige Versicherungswirtschaft über 488 Millionen Versicherungsverträge und über Kapitalanlagen in Höhe von 1,9 Billionen Euro. 

Verrentungsprinzip in der geförderten privaten Altersvorsorge erhalten 

Ein weiteres zentrales Thema rund die zweitägige GDV-Großveranstaltung war die aktuelle Diskussion um die noch für diesen Herbst angekündigte Rentenreform. Die Versicherungsbranche warnte vor einem Scheitern. Zentral sei eine „deutliche Weiterentwicklung“ bei der privaten Altersvorsorge. Notwendig sei dabei eine Reform, die das Fördersystem vereinfacht und mehr Freiheiten in der Geldanlage schafft. Dabei setzen die Versicherer nach eigener Aussage auf den Erhalt der lebenslangen Leistung und von Mindestgarantien.

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Rollinger kritisierte auch, dass der Fokus in der Reformdebatte zu sehr auf dem Vermögensaufbau liege und die lebenslange Absicherung nur noch eine Option unter mehreren sein soll. Die Menschen bräuchten die Sicherheit, dass ihre Ersparnisse ein Leben lang reichen, wie sie eine Rentenversicherung biete. Ein reiner Auszahlplan sei für die breite Bevölkerung ungeeignet: „Eine Altersvorsorge, die mit einem bestimmten Geburtstag aufgebraucht ist, ist eher ein Konsumförderprogramm für ältere Menschen als eine Absicherung des Alters.“ Dass Aktien- und Fondsanlagen mit Auszahlplänen förderfähig werden könnten, sehe man kritisch. 

 

GDV legt im Streit mit BVI nach

Mit seinen Einlassungen zum Thema zielte Rollinger zentral auf den BVI Bundesverband Investment und Asset Management. Mit dem Interessenverein liegt der GDV schon länger im Clinch. Streitpunkt ist eine kürzlich vorgelegte BVI-Analyse. Demnach sei ein Auszahlplan rentabler als die Leibrente und soll auch ausreichend sicher sein. Die Idee einer Fondsrente bezeichnete der R+V-Vorstandsvorsitzende als frontalen Angriff des BVI auf Lebensversicherer. In diesem Zusammenhang bezeichnete den Fondsverband in Berlin als „Brandstifter“. Es würden kühne Renditeversprechen gemacht, die von individuellen Anlageentscheidungen abhängen. Wenn die Rechnung nicht aufgeht oder sich das Ersparte schon mit 85 aufbraucht, drohten den Menschen Geldsorgen im hohen Alter.

Erst am Donnerstag vergangener Woche waren Rollinger und Präsidiumsmitglied Katja de la Viña von der Allianz gemeinsam mit einem Interview in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ in die Offensive gegangenen. Sie verteidigten dort ihrer Pläne des Erhalts einer lebenslangen Rente, plädierten für eine Riester-Reform und wiesen die Auszahlpläne des BVI zurück, ohne den Fonsverband einmal zu nennen.

Fondsverband wehrt sich über Social Media

Im Umkehrschluss warf der BVI dem GDV in einem Statement auf Linkedin vor, die Menschen für unmündig zu halten und ein Schreckensszenario zu malen. Man wolle den Bürgern die Wahlfreiheit bei der Altersvorsorge vorenthalten. Der Verband nannten die Versicherer-Pläne eine private Zwangsrente, die als Idee schon vor über 20 Jahren krachend gescheitert sei. „Die private Rentenversicherung begünstigt die Umverteilung von unten nach oben. Denn Menschen mit geringeren Einkommen leben im Schnitt fünf Jahre kürzer als gut Betuchte. Ihr angespartes Restkapital fällt bei ihrem Tod überwiegend an das Kollektiv und subventioniert damit die Altersvorsorge der älter werdenden und reicheren Rentner“, so der BVI.

Kritisiert wird auch, dass Versicherer fondsgebundene Rentenversicherungen ohne Garantie und mit Kapitalwahlrecht verkaufen, in welche global investierende Aktienfonds gelegt werden. Weiter heißt es vom BVI bei Linkedin: „Der Kunde (meist eher Besserverdiener) kann im Alter eine Einmalauszahlung zum hälftigen Steuersatz erhalten. Wir sind gespannt, wie die Versicherer das der Politik erklären wollen. Nicht dass der Eindruck entsteht, dass hier jemand mogeln würde...“ Bis zur Veröffentlichung dieses Beitrags hatte der Post 73 Likes.

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