Alternde Weltbevölkerung Welche börsennotierten Unternehmen vom demografischen Wandel profitieren
Über die wachsende Weltbevölkerung, die zum 1. Juli 2024 nach UN-Angaben auf 8,16 Milliarden Menschen gestiegen ist, und die damit verbundenen Belastungen für die natürlichen Ressourcen wird viel berichtet. Weniger bekannt ist jedoch, dass die meisten großen Volkswirtschaften derzeit den vehementesten demografischen Wandel seit dem Zweiten Weltkrieg erleben.
Bevölkerungen rund um die Welt altern rapide, weil die Lebenserwartung steigt und die Geburtenrate zurückgeht. Und obwohl der Höhepunkt der Weltbevölkerung aus ökologischer Sicht zu begrüßen ist, stellt er vor neue soziale Herausforderungen.
Geburtenrate der Weltbevölkerung nur noch bei 2,3 Kindern pro Frau
Im weltweiten Durchschnitt liegt die Geburtenrate inzwischen bei 2,3 Geburten pro Frau; im Jahr 1990 lag der Wert bei 3,3 Geburten. Der Wert nähert sich der Schwelle von 2,1 Geburten pro Frau an, die erforderlich ist, um die Bevölkerungszahl stabil zu halten.
Mehr als 50 Prozent der Länder, in denen 60 Prozent der Weltbevölkerung leben und 90 Prozent des globalen BIP erwirtschaftet werden, haben eine Geburtenrate von unter 2,14. Selbst in Indien, das in den vergangenen Jahrzehnten ein Bevölkerungswachstum verzeichnete, ist die Geburtenrate unter den Wert von 2,1 gefallen.
Grafik: Weltweit sinkt die Geburtenrate
Sinkende Fertilitätsraten sind weitgehend das Ergebnis positiver globaler Entwicklungen. Je wohlhabender die Länder werden, desto mehr Rechte erhalten Frauen, und desto besser wird ihr Zugang zu Bildung und Verhütungsmitteln.
Sie haben auch mehr Wahlmöglichkeiten über die Mutterschaft hinaus und beteiligen sich zunehmend an der Erwerbsarbeit. Aus diesem Grund waren staatliche Maßnahmen zur direkten Steigerung der Fertilitätsrate bisher weitgehend erfolglos. In vielen entwickelten Volkswirtschaften tragen auch die steigenden Kosten für das Großziehen eines Kindes, einschließlich der teils immensen Kosten für die Kinderbetreuung, zu einem Rückgang der Geburten bei.
Lebenserwartung steigt
In Kombination mit den sinkenden Geburtenraten steigt die Lebenserwartung der Menschen. Lag die durchschnittliche Lebenserwartung eines Neugeborenen im Jahr 1900 noch bei 32 Jahren, so hat sie sich bis 2021 auf 71 Jahre verdoppelt und steigt weiter an (Our World in Data: Life Expectancy, 2023). UN-Prognosen zufolge wird es bis 2040 in Europa und Nordamerika genauso viele über 65-Jährige wie unter 25-Jährige geben. Die stark gestiegene Lebenserwartung ist eine der größten Errungenschaften der modernen Wissenschaft.
Die Fortschritte bei der Innovation im Gesundheitswesen haben dazu beigetragen, dass die Kindersterblichkeit zurückgegangen ist; im 19. Jahrhundert starben bis zu 50 Prozent der Kinder vor ihrem fünften Geburtstag, heute sind es 4 Prozent (Our World in Data: Life Expectancy, 2023). Gleichzeitig ist die Lebenserwartung gestiegen; so ist beispielsweise die Zahl der Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den USA seit 1970 um 70 Prozent zurückgegangen (WHO Health repo).
Schrumpfende Erwerbsbevölkerung als soziale Herausforderung
Doch diese Veränderungen bringen große soziale Herausforderungen mit sich. Ein Hauptproblem besteht darin, dass eine immer älter werdende Bevölkerung, die auf eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung angewiesen ist, zu einem Anstieg der Abhängigkeitsquotienten führt. Eine kleinere Erwerbsbevölkerung bedeutet geringere Steuereinnahmen, während mehr Rentner im Hinblick auf Renten und Gesundheitsversorgung den Druck auf die Staatshaushalte erhöhen – und das alles zu einer Zeit, in der die Regierungen weltweit bereits mit einer Rekordverschuldung zu kämpfen haben.
Eine alternde Bevölkerung kann sich zugleich nachteilig auf die Produktivität auswirken, da durch das Ausscheiden von Arbeitnehmern aus dem Erwerbsleben ein zunehmender Mangel an oft hochqualifizierten Arbeitskräften entsteht.
Fallbeispiel Japan: 30 Jahre wirtschaftliche Stagnation
Japan wird als wichtiges Beispiel dafür angesehen, welche tiefgreifenden und weitreichenden wirtschaftlichen Auswirkungen Veränderungen in der demografischen Struktur eines Landes haben können. Japans Erwerbsbevölkerung ist seit den 1990er-Jahren rückläufig, wobei die jüngsten Daten zeigen, dass die über 65-Jährigen inzwischen 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen (BBC News: Japan population: One in 10 people now aged 80 or older, 19 September 2023). Für Japan bedeutete der Rückgang der Erwerbsbevölkerung eine über drei Jahrzehnte hinweg sinkende Arbeitsproduktivität, die nun die niedrigste unter den G7-Ländern ist (Nippon.com: Japan’s productivity ranks lowest among G7 nations for 50 straight years, 6 January 2022), wirtschaftliche Stagnation (NHK World – Japan, Reviving Japan’s Economy: Breaking Free of 3 Decades of Stagnation, 12. August 2023) und eine niedrigere Inflation aufgrund der nachlassenden Gesamtnachfrage. Letztlich führt eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung dazu, dass die Unternehmen nicht die Arbeitskräfte finden, die sie zur Ausweitung der Produktion oder der Wirtschaftsleistung benötigen.
Der wirtschaftliche Beitrag älterer Gruppen sollte maximiert werden
Während sich die Versuche, den Verlauf der Bevölkerungsalterung umzukehren, weitgehend als vergeblich erwiesen haben, gibt es Lösungen, die dazu beitragen, dass die Älteren weniger von den jüngeren Generationen abhängig sind. Gesundes Altern ist ein Schlüsselelement, um die Belastung der Gesundheitssysteme zu minimieren und es den Menschen zu ermöglichen, länger erwerbstätig zu bleiben, wenn sie es wünschen, und ihre Abhängigkeit von jüngeren Arbeitnehmern zu verringern. Das bedeutet, dass der wirtschaftliche Beitrag älterer Gruppen maximiert und gleichzeitig die Abhängigkeit von den Sozial- und Gesundheitssystemen verringert wird. In Japan leisten ältere Arbeitnehmer inzwischen einen wichtigen wirtschaftlichen Beitrag, denn jeder siebte Arbeitnehmer ist über 65 Jahre alt (Nippon.com: A Third of Japanese People Aged 70 to 74 Still in the Workforce, 10. Oktober 2023).
Auf die Belange von Älteren spezialisierte Unternehmen profitieren
Unternehmen, die Lösungen zur Unterstützung der Gesundheit und des Wohlstands alternder Bevölkerungen anbieten, dürften aufgrund der demografischen Veränderungen ein strukturelles Nachfragewachstum erfahren. In einer Megatrend-Umfrage von Fitch Solutions gaben 30 Prozent der befragten Pharmaunternehmen an, dass sie zunehmend Medikamente entwickeln wollen, die auf die Unterstützung alternder Bevölkerungen zugeschnitten sind, darunter Behandlungen für altersbedingte Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurodegenerative Erkrankungen, Krebs, Atemwegserkrankungen sowie Seh- und Hörverlust (Fitch Solutions: Megatrends to 2052: Ageing Populations to Influence Drug Development and workforces).
Unser Anlagethema „Gesundheit und Wohlergehen“ unterstützt Investitionen in verschiedene Unternehmen, die Lösungen zur Unterstützung der Gesundheit einer alternden Bevölkerung anbieten. Dazu gehören unsere Beteiligungen im Bereich der Augenheilkunde (EssilorLuxottica, Cooper Companies), Life-Science-Unternehmen, die innovative neue Medikamente entwickeln (Thermo Fisher, Biotechne), und Pharmaunternehmen, die Medikamente zur Vorbeugung chronischer Krankheiten anbieten (Eli Lilly mit seiner Alzheimer-Pipeline sowie Adipositastherapien).
In einer alternden Bevölkerung müssen die Unternehmen auch Technologien wie Automatisierung nutzen, um die Produktivität der schrumpfenden Zahl von Arbeitskräften zu erhöhen. In diesem Sinne kommt generative KI mit ihrem Potenzial für transformative Produktivitätsverbesserungen zum richtigen Zeitpunkt. Auch hier ist Japan ein Beispiel dafür, dass Länder mit einer alternden Bevölkerung eher dazu neigen, Robotik und weitere Formen technologischer Automatisierungsinstrumente zur Steigerung der Produktivität einzusetzen. Japan ist heute der weltweit größte Hersteller von Industrierobotern und liefert 45 Prozent der weltweiten Produktion (International Federation of Robotics: Japan is World´s number one Robot Maker, 10. März 2022).
Mentalitätswandel in den Unternehmen ist unabdingbar
Auch die Einstellung zum Älterwerden muss sich ändern. Die Unternehmen müssen ihre Einstellungs- und Arbeitspolitik anpassen, gegen Altersdiskriminierung von Arbeitnehmern vorgehen und mehr Flexibilität, zum Beispiel Teilzeit- oder Homeoffice, anbieten, um älteren Mitarbeitern entgegenzukommen. Weil die Menschen länger arbeiten werden, ist auch eine Kultur des lebenslangen Lernens erforderlich. Davon profitieren Bildungsunternehmen wie der britische Medienkonzern RELX, der Informationen und Analyseinstrumente für Fachkräfte bereitstellt, und an dem wir eine Beteiligung halten. Eine integrativere Beschäftigungspolitik kann auch den Zugang zu Talenten und deren Bindung an das Unternehmen verbessern. So profitiert der Anbieter von Kinderbetreuung Bright Horizons davon, dass immer mehr Unternehmen ihren Mitarbeitern Kinderbetreuung und Unterstützung bei der Pflege älterer Menschen anbieten, um die Mitarbeiterbindung zu fördern.
Letztlich muss sich die Welt auf eine generationenübergreifende Belegschaft einstellen. Dazu gehören Investitionen in die Gesundheitsfürsorge, um ein gesundes Altern zu unterstützen, und technologische Innovationen, um die Arbeitsproduktivität zu maximieren, was die Nachfrage nach vielen der Lösungen, die von den in unserer Strategie vertretenen Unternehmen angeboten werden, unterstützt.
- Columbia Threadneedle Investments bezieht finanziell wesentliche Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren in das Research und die Entscheidungsfindung ein. Informieren Sie sich hier über den CT (Lux) Sustainable Outcomes Global Equity.