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Geiz-ist-Geil-Mentalität bei der Geldanlage Marsch, Marsch in die Servicewüste

Klaus-Dieter Erdmann
Klaus-Dieter Erdmann
Geiz ist geil – so lautete über Jahre hinweg der Werbeslogan der Elektronikhandelskette Saturn in Deutschland. Im Mai 2007 schließlich ließ Saturn die Kampagne auslaufen, da der Konzern künftig wieder mehr auf den Verbraucher eingehen wollte und Qualität und Service wieder eine größere Rolle einnehmen sollten. Zu spät für viele kleine und mittelständische Fachhändler, die sich der aggressiven Marktpolitik und der Dumpingpreise nicht hatten erwehren können. Am Ende führten Qualitätsprobleme und die zunehmende Verbreitung von Billigprodukten zu verunsicherten Verbrauchern und der sprichwörtlichen Servicewüste.

Während die Deutschen heute wieder gerne ein paar Euro mehr für Qualität und Service im Elektronikfachhandel ausgeben und nicht alles über das Internet bestellen, scheint sich die Geschichte an anderer Stelle zu wiederholen. Günstig muss sie sein, die Geldanlage, am besten ohne Bankberater und mit wenigen Mausklicks, aber dennoch professionell – am besten mit Hilfe zweier ETFs, propagiert zum Beispiel die Stiftung Warentest. Neben Wikifolios und Fintech-Lösungen drängen zudem, bedingt durch die verstärkten Beratungs- und Dokumentationsverpflichtungen, sogenannte Modellportfolios und Fondsvermögensverwaltungen auf den Markt.

Schon tun sich erste Parallelen zum Geiz-ist-Geil-Boom im Elektronikfachhandel auf – nicht unbedingt in Gestalt restlos verunsicherter Anleger, aber doch in punkto Servicewüste. Während es etwa für klassisch regulierte Investmentfonds gute Informations- und Vergleichsmöglichkeiten gibt, herrscht bei den angesprochenen neuen Produktgenerationen Fehlanzeige. Was Berater und Branche in jahrelanger Arbeit versucht haben aufzubauen, beispielsweise einen aggregierten Gesamtvermögensauszug, wird nun torpediert. Ein Online-Portfolio hier, eine Fondsvermögensverwaltung da – und keine Möglichkeit eines konsolidierten Überblicks beziehungsweise Vergleichs.

Ja, die Kosten sind ein wesentlicher Faktor bei einer Investition. Aber nur insoweit, als dass die Diskussion darüber nicht zu einem Rückschritt in der Professionalität und Qualität führt. Mit den verstärkten Dokumentations- und Beratungspflichten und der mittels vermögensverwaltender Produkte einhergehenden Trennung von Asset Management und Relationship Management ist bereits eine qualitativ hochwertige Dienstleistung für den Anleger möglich. Aber eben leider nur im Bereich der regulierten und transparenten Investmentfonds und teilweise auch bei Fondsvermögensverwaltungen.

Bei aller Euphorie über die Möglichkeiten der neuen Produktgenerationen müssen wir uns immer die Folgen der Geiz-ist-geil-Mentalität in der Elektronikbranche vor Augen führen, aber auch unserer besonderen Verantwortung bewusst sein. Denn es macht einen Unterschied, ob der Verbraucher einen qualitativ minderwertigen Radiowecker ersetzen muss oder ob ein Anleger sein Lebenswerk in den Flammen eines Börsencrashs verbrennt.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihren Anlagenentscheidungen

Ihr Klaus-Dieter Erdmann

Über den Autor:Klaus-Dieter Erdmann ist Gründer und Geschäftsführer der MMD Multi Manager GmbH in Arnsberg. Das Unternehmen hat sich auf die Analyse vermögensverwaltender Fonds spezialisiert und wertet mit Hilfe einer hauseigenen Datenbank kontinuierlich mehr als 1.500 Angebote dieser Produktkategorie aus. Für DER FONDS berichtet Erdmann alle zwei Wochen über neue Trends in der Vermögensverwalterfonds-Szene.

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