Bantleon-Volkswirt Jörg Angelé
Unterschätzt die EZB die Inflation?
Jörg Angelé ist Volkswirt bei Bantleon. Foto: Thomas Wieland
Nach dem Ende vieler Corona-Einschränkungen ist der Weg für eine konjunkturelle Erholung in Europa frei. Die hohe Inflation bereitet Experten jedoch Sorgen. Wie die Europäische Zentralbank auf den aktuellen Preistrend reagieren könnte, erläutert Bantleon-Volkswirt Jörg Angelé.
Gemäß den jüngsten Projektionen vom März erwartet die europäische Zentralbank (EZB) für die Eurozone in diesem Jahr ein kräftiges BIP-Wachstum in Höhe von 3,7 Prozent. Diese Prognose basiert auf der Annahme, dass sich mit dem Ende so gut wie aller Corona-Restriktionen eine kräftige Belebung der Konjunktur entfalten kann (vergleiche Abbildung 1).
Haupttriebfeder soll der private Konsum sein. Viel Aufwärtspotenzial gibt es bei den konsumnahen Dienstleistungen. Reisen, Restaurantbesuche, Freizeitaktivitäten, der Besuch von Sport- und Kulturveranstaltungen: Alles, was in den vergangenen Monaten nicht oder nur stark eingeschränkt möglich war, geht jetzt wieder.
Abbildung 1:...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Gemäß den jüngsten Projektionen vom März erwartet die europäische Zentralbank (EZB) für die Eurozone in diesem Jahr ein kräftiges BIP-Wachstum in Höhe von 3,7 Prozent. Diese Prognose basiert auf der Annahme, dass sich mit dem Ende so gut wie aller Corona-Restriktionen eine kräftige Belebung der Konjunktur entfalten kann (vergleiche Abbildung 1).
Haupttriebfeder soll der private Konsum sein. Viel Aufwärtspotenzial gibt es bei den konsumnahen Dienstleistungen. Reisen, Restaurantbesuche, Freizeitaktivitäten, der Besuch von Sport- und Kulturveranstaltungen: Alles, was in den vergangenen Monaten nicht oder nur stark eingeschränkt möglich war, geht jetzt wieder.
Abbildung 1: Die Corona-Restriktionen fallen
Selbst die bloße Annäherung der Nachfrage an das Vorkrisenniveau hätte einen stark positiven wirtschaftlichen Effekt. So liegen die Umsätze von Reisebüros, die Passagierzahlen an europäischen Flughäfen und die Gästezahlen in Hotels noch 25 Prozent bis 50 Prozent unter dem Stand von vor Ausbruch der Pandemie (vergleiche Abbildung 2).
In einigen Bereichen wie dem Tourismus und bei Kulturveranstaltungen besteht zudem das Potenzial von Nachholeffekten, das heißt ein zwischenzeitliches Überschießen der Nachfrage.
Abbildung 2: Der Weg für eine markante Erholung des privaten Konsums ist frei
Die stark gestiegenen Energiepreise werden die Konsumnachfrage nach Einschätzung der EZB zwar bremsen, nicht jedoch abwürgen. Wir teilen diese Sichtweise. Zum Ersten haben die privaten Haushalte der Eurozone in den vergangenen zwei Jahren eine Überersparnis in Höhe von rund 800 Milliarden Euro aufgebaut.
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